Und wieder ein Reisetag.

Wie ich gestern in der Touristeninformation erfahren hatte, standen mir am Vortag zwei Busse zur Verfügung. Trotz der Tatsache, dass ich rechtzeitig aufgewacht war, ein Umstand, der der relativen Kühle der Nacht geschuldet war, die mich regelmäßig aus dem Schlaf reißt, relativ grausam übrigens, konnte ich mich nicht dazu durchringen, mich zu beeilen. Auch war das Zelt nass. Der Tau ist schlimmer als Regen. Doch schon um acht Uhr schien bereits die Sonne, so dass ich mein Designer-Ultra-Light-Zelt aus den Vereinigten Staaten (ein Big Agnes übrigens) nur über eine Hecke werfen musste. 20 Minuten später war alles trocken. Zumindest trocken genug. Ob das Ding einen bretonischen Schauer übersteht, bleibt abzuwarten.

Natürlich war ich zu einer Unzeit in der Stadt. Um 20 nach neun traf ich ein, hatte den ersten Bus um wenige Minuten verpasst, musste nun aber fast zwei Stunden auf den nächsten warten.

Ich glaube, das sind die Dinge, die mich am öffentlichen Nahverkehr stören. Man ist nicht wirklich Herr seiner Reise, sondern abhängig von Fahrzeiten anderer. Aber so ist das nun einmal. Aus diesem Grund kostet eine Bahnfahrt nur ein paar Euro, während eine Autofahrt in die Hunderte geht, wenn man ehrlich rechnet, was kaum jemand tut. Immer, wenn ich daran denke, bessert sich meine Stimmung. Denn auf diese Weise kann ich eben fünf Wochen fahren. Und nicht nur zwei.

Ohnehin ist alles nur eine Frage der Betrachtung. Ich hatte Zeit, müßige Freizeit, ohne Obligation. Also tat ich, was ich immer in solchen Situationen mache. Ich ging in ein Café. Da ich mich langsam in die Romanbiografie von Gustav Klimt einlas, was angesichts der anstrengende Schteibweise des Autors nicht gerade einfach ist, vergingen die Minuten und Stunden wie im Flug. So kam es, dass ich mich sogar beeilen musste, um zur Bushaltestelle zu gelangen. Naja, nicht wirklich. Sie befand sich nur ein paar Schritte entfernt. Aber es hört sich gut an.

Ab diesem Zeitpunkt funktionierte alles perfekt. Auch wenn der Bus etwas verspätet in Auray eintraf, erreichte ich den Zug nach Quimper wenige Augenblicke später. Dort angekommen, ließ ich die lockende Altstadt links (also eigentlich rechts) liegen, marschierte zur Touristeninformation, die just in diesem Augenblick öffnete. Keine Übertreibung. Während ich mich näherte, öffnete sich die Jalousie. Eigentlich wollte ich nur fragen, ob der Camping Municipal geöffnet hat. Hatte er. Ich bekam zusätzlich einen schweren Katalog mit einer Übersicht über alles, das es in Quimper zutun gab. Gut gemacht, aber der falsche Zeitpunkt. Schließlich musste ich das Ding tragen. Ich hätte den Bus nehmen können, entschied mich aber dazu, den Fluss Odet entlang zu laufen. Es ging auch, zwar ist der Seesack ein wenig schwerer als zu Beginn der Reise, aber ein paar Kilometer lassen sich leicht bewältigen. Nur eine Tagestour kann ich mir wohl abschminken. Das ist zu unbequem.

Der Campingplatz hier ist nur rudimentär eingerichtet, aber ausreichend. Was soll es schon? Die sanitären Einrichtungen sind zwar alt, aber sauber. Auch stehen Steckdosen zur Verfügung. Das ist eine Rarität. Mein Tablet wird es mir danken.

Es war noch nicht spät. Früher Nachmittag. Also machte ich mich auf den Weg in die Stadt.

Quimper ist noch beeindruckender, als ich es in Erinnerung hatte. Die Altstadt ist vorzüglich erhalten und renoviert, Stile wechseln sich wie so oft ab. Mal Fachwerkhaus, mal Steinhaus mit typisch französischem Dach. Gut gewachsen eben. Die Kathedrale jedoch dominiert alles. Ich habe gelesen, dass es die perfekte gotische Kathedrale ist, auch wenn die beiden schlanken Türme neugotisch sind. Ich verstehe nicht viel davon, aber mir gefiel sie. Nur von innen sieht man, dass der Chor vollkommen schief ist. Das hat wohl mehrere bauliche Gründe. Andere Gebäude waren im Weg oder der Untergrund war nicht überall geeignet für den zwar leicht wirkenden, doch wuchtigen Bau. Man wusste sich anscheinend trotzdem zu helfen.

Eigentlich verbrachte ich den Nachmittag dann nur damit. Durch die atmosphärischen Gassen zu schlendern. In einem Geschäft für Küchenutensilien betrachtete ich die neuste Mode für Keramik. Alles unter den misstrauischen Blicken der Verkäuferinnen, die nicht verstehen konnten, was ein Wanderer in Combathosen und Sportshirt, dazu noch ein Mann, in einem Geschäft wie diesem verloren hatte. Immer die gleichen Vorurteile.

Auch ein Geschäft mit Stoffen erregte meine Aufmerksamkeit. Aber die Ware war so teuer, 50,- bis 100,- Euro pro laufendem Meter, dass ich mich nicht hineintraute. Natürlich sahen die Stoffe großartig aus, ich hätte sie gerne angefasst. Aber es gibt finanzielle Grenzen, die hier bei Weitem überschritten waren.

Langsam merkte ich wieder die Erschöpfung. Ein Tag Pause irgendwann wird mir guttun. Aber noch nicht jetzt. Und nicht hier. Das Meer sollte in der Nähe sein. Zumindest näher als hier, denn in der Bretagne ist es nie weit entfernt.