Voll Ausflug – legal (oder doch illegal?)

Erster April und niemandem ist zum Scherzen zumute.
Nicht so schlimm, aber es ist mir gerade erst aufgefallen.
Und noch etwas wurde mir klar: Heute wäre ich auf eine viermonatige Tour gegangen. Mit dem Faltrad durch Griechenland. Dieser Gedanke wirkt inzwischen so fern und surreal, dass ich mir fast komisch vorkomme, es zu erwähnen. Trotzdem ist es ein Verlust, aber ich habe mich damit abgefunden.

Worauf ich allerdings noch hoffe, sind meine Ausflüge zu unserer Datsche bei Prieros. Herz und Verstand sind dabei in regem Austausch, mal gewinnt der Kopf, mal der Bauch. Zumindest in dem Zwiegespräch, das ich seit ein paar Tagen mit mir selbst führe. Der Verstand fragt: Ist es erlaubt?
Das Ergebnis ist nicht ganz klar. Denn in der „Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Berlin“ heißt es wie folgt:
„§ 14 Kontaktbeschränkungen im Stadtgebiet von Berlin
(1) Im Stadtgebiet von Berlin gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Verfassung … befindliche Personen haben sich, vorbehaltlich anderweitiger Regelungen dieser Verordnung, ständig in ihrer Wohnung oder gewöhnlichen Unterkunft aufzuhalten.“

Ich kann das jetzt lesen, wie ich will, aber meine Datsche ist nicht meine Wohnung oder meine gewöhnliche Unterkunft.

Auf der anderen Seite sagt die brandenburger Empfehlung Folgendes:
„Eigenes Ferienhaus oder –wohnung / Datschen
Im eigenen Besitz befindliche Ferienhäuser oder -wohnungen dürfen genutzt werden. Auch dabei sind die bekannten Regeln strikt einzuhalten. Es wird dringend gebeten, auf die jeweils örtliche Situation Rücksicht zu nehmen. Lokal oder auf Kreisebene können aus besonderem Anlass anderslautende Festlegungen getroffen werden.“

Daraus lese ich: Erkundigen Sie sich. Unsere Datsche befindet sich im Kreis Dahme/Spreewald. Also werde ich eine Email schreiben, nur um sicher zu gehen.

Nächste Woche wird es Frühling. Also so richtig, nicht die derzeitigen Minustemperaturen. Nein, 20 Grad, viel Sonne. Mit vollem Einsatz also, ein bisschen Früh-Sommer, wenn man es möchte.
Griechenland habe ich schnell verkraftet, aber der schiere Gedanke daran, nicht mal mehr in den Garten zu kommen, entfacht in mir einen Lagerkoller, der sich gewaschen hat. Es ist die pure Vorstellung, wirklich nicht mehr hier rauszukommen.
Dabei ist es genau das, was andere, die nicht das Glück haben, ein Grundstück zu besitzen, also die Mehrheit der Berliner, schon eine ganze Weile empfinden müssen.

Mein Herz möchte also unbedingt fahren. Und ich habe auch den Eindruck, dass es legal wäre. Mal sehen, was die Verwaltung Dahme/Spreewald sagt, die Email ist gerade raus.
Mein Verstand hingegen meldet sich aber auch immer wieder. Selbst wenn es legal sein sollte, ist es trotzdem richtig, es zu tun? Gesetzt den Fall, dass ich krank werde. Und mich isolieren muss. Dann bin ich auf dem Grundstück gefangen, mitten im April, der ja schon die letzten Tage machte, was er will. Ohne schon April zu sein, sondern noch März. Und sollte die Krankheit einen schweren Verlauf nehmen, nehme ich einem Brandenburger einen Intensivplatz im Krankenhaus weg.
Normalerweise bin ich nicht so vorsichtig, aber in dieser Situation kann selbst ich schon etwas weiterdenken als bis zu meinem morgigen Tellerrand.
Ich warte jetzt erst einmal ab, was die Kreisverwaltung sagt. Dann werden wir sehen.
Ein bisschen Risiko gehört zum Leben. Ich muss mich aber noch entscheiden, ob das jetzt sein muss.

Noch etwas anderes:
Ich war heute Morgen einkaufen. Ich habe es mal gewagt, zu einem Discounter zu fahren, auch weil mir das Kaufland um die Ecke zu groß ist. Ich finde nichts in den heiligen Hallen, die weit und mächtig sind. Dagegen ist das Lidl simpler. Und ich bin schneller wieder raus, weil ich weiß, wo was liegt.
Tatsächlich war fast alles da, was ich brauchte. Sogar Hefe. Unglaublich. Jetzt, da meine Wildhefe fertig fertig gegoren ist, gibt es die echte wieder. Ich habe zwei Packungen gekauft. Mehr muss wirklich nicht sein. Nur Klopapier war nicht zu bekommen. Ebenfalls ist das Regal mit den Putzmitteln vollkommen geräubert.
Trotzdem denke ich, dass sich die außergewöhnliche Situation in den nächsten Tagen beruhigen wird.

Warten wir es ab. Und erfreuen uns am heutigen Sonnenschein.

Hier ein Link zum Coronavirus-Update mit Prof. Drosten.