Voll sportlos – but marbelous

Ich mag Sportübertragungen.
In letzter Zeit immer öfter.
Vor fünfzehn Jahren begann meine Leidenschaft für Cricket, eine Sportart des Commonwealth, als England in einer dramatischen Testserie das erste Mal seit Jahrzehnten die Ashes von den Australiern zurückgewann. Wer jetzt meint, dass ich Unfug rede, hat vielleicht in seiner Welt recht. In meiner aber nicht. Sagen wir mal so: Es ist kompliziert.

Nach dem Brexit vor ein paar Wochen (Himmel, es kommt mir vor wie Jahre) ist diese Leidenschaft zu dem Sport etwas abgekühlt, hängt wahrscheinlich mit meiner Hass-Liebe zu den Engländern im Moment zusammen. Aber das ist sicher nur eine Phase. Letztes Jahr, als sie die ODI-WM (one-day-international, Spiele, die auf 50 Overs pro Team reduziert sind und auch nur einen Tag dauern) gewannen, sah das noch anders aus. Aber das kommt schon wieder. Im Moment allerdings nicht, denn alle Spiele sind abgesagt. So wie in allen anderen Sportarten ebenfalls.

Einmal im Jahr schaue ich mir ebenfalls die Six-Nations an, ein Rugby-Turnier der besten europäischen Teams, insgesamt sechs Teilnehmern. Die meisten angelsächsisch, England, Wales, Irland, Schottland, aber auch Frankreich und Italien gehören dazu. In der spannenden Schlussphase kam nun das Virus. Das Turnier ist unterbrochen, mal sehen, ob es jemals fortgesetzt wird.

Zum Glück bin ich kein Fußball-Fan. Man stelle sich vor, man wäre Liverpool-Anhänger. Nach 30 Jahren hat man die Meisterschaft vor der Nase, zwei Siege aus 10 Spielen (oder so, keine Ahnung), plötzlich steht alles still. Schmerzhaft.
Und nun?
Was macht man jetzt am Wochenende?

But worry not, my dear fellow-sufferer.
Denn es gibt etwas anderes. Besseres. Keine Ahnung, wie ich darauf gestoßen bin. Doch es gibt dopingfreien spannenden Sport, gefahrlos und ohne schlechtes Gewissen für Leib und Leben.
Ich muss einen an der Murmel haben. Das meint zumindest Ehefrau Nina, und ich bin nicht ganz sicher, ob sie nicht recht hat. Denn seit ein paar Tagen schaue ich in der Mittagspause immer eine Disziplin der MarbeLympics von 2019.

Murmeln.
Gejagt durch ein Dutzend Disziplinen. Mit Fans (auch Murmeln), Schiedsrichter (dito) und Podium. Kreiert mit einer Liebe zum Detail, die ich in dieser Form noch nicht gesehen habe. Technisch versiert, Strecken und Hindernisse perfekt inszeniert, und das beste: in einer TV-Qualität, die ihresgleichen sucht. Mit einem Moderator, der frenetisch mitgeht, leidenschaftlich kommentiert. Und auch mal tröstet (I must have lost my marbles).

Ich bin Anhänger der Green Ducks. Schnell schon habe ich mich für die quakenden Grünlinge entschieden. Keine Ahnung warum, aber so ist das jetzt. Bis zum Schluss habe ich mitgefiebert, doch ich will nicht vorgreifen, wer letztlich gewonnen hat. Wer weiß, vielleicht ist jemand genauso verrückt wie ich. Und möchte Spannung bis zum Schluss.

Übrigens, noch besser als die MarbeLympics ist die neue Saison von Marbula 1. Jede Woche findet ein neues Rennen statt, der Ausgang komplett ungewiss. Was an der Inkonsistenz der Teams liegt. Jeden Montag rasen die Murmeln um die Wette, mit Qualifying am Tag zuvor, das großen Einfluss auf das Rennen hat (oder auch nicht, manchmal so, manchmal anders).
In jedem Fall ist es ein echter Gaudi und, wie ich finde, eine spaßige Alternative.
Vor allem: Es ist nicht so ernst wie „echter“ Sport. In der heutigen, oft etwas verbissenen Zeit, durchaus ein Mehrwert.
Und alles in allem also eine ziemlich runde Sache.

Hier ein Link zum Coronavirus-Update mit Prof. Drosten.