Catania

Ein wirklich fauler Sonntag. Ich konnte mich nicht dazu bringen, heute viel zu tun. Etwas Wäschewaschen, Aufräumen, aber nichts wirklich Erhebendes. Die Recherche für den Roman nimmt allerdings etwas Zeit in Anspruch, mehr als das Schreiben selbst im Augenblick. Auch an dieser Front erreichte ich nicht sehr viel, aber immerhin etwas, so dass dieser Sonntag nicht als völlig nutzlos gelten kann.

Am Nachmittag telefonierte ich das erste Mal überhaupt mit meinem Bruder, der mitsamt Kind und Kegel Nina besucht hatte. Sie feiern gerade, bereiten sich alle auf Weihnachten vor. Es war ein merkwürdiges Gefühl, nicht dabei zu sein. Nicht nur wegen Weihnachten, sondern zu diesem Zeitpunkt allgemein. Es ist Familienzeit, und auch wenn das Fest selbst nicht sehr wichtig für mich ist, so war es dennoch immer eine Chance für die seltenen Zusammenkünfte mit meinen Geschwistern. Auch Franziska, meine Schwester, wird nach Berlin reisen. Nur der Himmel weiß, wann ich sie wiedersehen werde. Monate. Jahre, wer weiß es schon.

Ich musste heute in einem Baumarkt einige Kleinigkeiten besorgen, um den Camper instand zu halten. Dort gab es natürlich Weihnachtssachen, alle bereits herab gesetzt. Für einen Augenblick war ich versucht, etwas zu kaufen, um den Camper zu schmücken. Aber letztlich siegte die Vernunft. Was soll der Unsinn? Goldene Kugeln, rotes Lametta am Plastikbäumchen… Ich kann mir eigentlich keinen größeren Kitsch vorstellen. Auch weiß ich nicht, was es hier allein bringen soll. Um den anderen Reisenden zu zeigen, dass auch ich Weihnachten feiere? Dass selbst beim Alleinsein ein Familienfest möglich ist? Es ist nicht nur nicht notwendig, sondern wäre sogar verlogen. Ich hätte leicht nach Berlin fliegen können, wenn ich es gewollt und damit bewusst gewählt hätte. Aber am Ende empfinde ich es nicht als schlimm, es gehört zur Reise wie alles andere auch. Im Augenblick vermisse ich vor allem die Kommerzialisierung nicht. Wir werden allerdings sehen, wie es sich am Heiligen Abend anfühlt. Vielleicht werde ich dann melancholisch, weine Krokodilstränen. Vielleicht geschieht aber auch gar nichts.

Morgen möchte ich endlich wieder etwas unternehmen. Syrakus wartet. Vielleicht bin ich deshalb etwas faul, weil ich weiß, dass ich hier mit Nina einige Tage im Januar verbringen werde. Und es ist sicher auch nicht schlecht, wenn es dann noch etwas zu entdecken gibt, das ich noch nicht gesehen habe. Das kann als gute Ausrede gelten, letztlich aber ist es ein Zeichen dafür, dass meine Entdeckerlust auf dieser Reise lange nicht mehr so heiß glüht wie am Anfang. Auch werde ich hier eine recht lange Zeit verbringen, so dass ich nicht einmal so etwas wie Unruhe oder Eile verspüre. Es ist schön, ausgeglichen und zufrieden zu sein, ein Zustand, von dem ich weiß, dass er nicht ewig dauern wird. Vielleicht ist es ja doch das Fest der Besinnlichkeit, die mich beruhigt. Es kommt mir richtig vor.
Und das ist schließlich die Hauptsache.