Antalya

Fahrtag.
Gestern feierte die Campingcrew den Abschied, baute alles ab, was nicht niet- und nagelfest war und schloss Restaurant und Bar. Das hatte die Folge, dass ich heute Morgen um neun niemanden fand, der mir das Tor öffnen konnte. Ein anderer Mitbewohner des Platzes gab mir den Tipp, an einem der Bungalows zu klopfen. Verschlafen und sicher verkatert machte mir die Rezeptionistin auf. Etwas widerwillig öffnete sie mir die Schranke und entließ mich in die Freiheit.

Nach sieben Tagen kehrte ich Ölüdeniz den Rücken. Es war eine schöne Zeit, beinahe ein wenig wie Urlaub. Das Reisen selbst habe ich hier nicht so ernst genommen, dafür war ich gewandert und hatte mir die Zeit kurz gehalten.
Schon als ich abfuhr, tröpfelte es ein wenig, der Wind jedoch war sehr warm, angenehm und ungewöhnlich, beinahe schon zu heiß. Regen war angesagt. Ich ackerte den Berg hinauf, dann hinunter, achtete diesmal darauf, dass der Motor kräftig mitbremste, damit ich mir nicht vorzeitig die Belege aufrauchte. Es gelang mir recht gut. Nach Fethiye musste ich mich entscheiden, entweder durch die Berge oder an der Küste entlang. Ich entschied mich für die kürzere Variante, durch die Berge. Ungefähr 30 Kilometer lang ging es stetig bergauf, am höchsten Punkt lag der Pass bei 1300 Metern Es goß etwas heftiger, doch stieg ich kurz aus…..nur um sofort wieder in den Camper zu springen, denn ich merkte auf empfindliche Weise die Höhe und den Temperaturunterschied. In der Ferne sah ich Blitze, das Donnern ließ jedoch auf sich warten, also war das Gewitter noch sehr weit entfernt. In den Bergen hingen die Wolken, ich fuhr mitten hindurch. Manchmal lag die Sichtweite unter zwanzig Metern, nur mit Mühe konnte ich den nächsten Fahrbahnpfosten erkennen. Das hinderte meine türkischen Straßenmitbenutzer jedoch nicht daran, mich mit einem Affenzahn zu überholen. Meist hupten sie noch verärgert, wenn sie nicht sofort passieren konnten. Ich verlangsamte das Tempo, so dass ich noch rechtzeitig zum Stehen gekommen wäre, hätte sich ein Hindernis in den Weg gestellt. Es geschah zum Glück nichts. Sobald ich wieder in tiefere Gefilde vorstieß, verzog sich der Nebel.
Hier oben war es anders, sehr schön. Eine Art Plateau öffnete sich bald, zerklüftet und einsam, vielleicht auch ursprünglich. Die wenigen Orte, die ich passierte, haben sicher selten Touristen gesehen.

Der Regen wurde noch stärker, so dass ich selten Pause machte. Fotos habe ich deshalb schon wieder keine gemacht, auch wenn sicher einige spektakuläre Aussichten bei gutem Wetter schöne Bilder ergeben hätten. Es war allerdings kein schönes Wetter.
Dann geschah es. Ich fuhr gerade in Antalya ein. Wie schon vor einer Woche öffneten sich schlagartig die Schleusen. Binnen Minuten war der Sturm so heftig, dass meine Scheibenwischer die Scheibe nicht mehr vom Wasser befreien konnten. Auch die Straße wurde immer unpassierbarer, also hielt ich an. Die Szenen, die ich beobachten konnte, waren einzigartig. Auf der gegenüberliegenden Straße staute sich das Wasser so sehr, dass jedes Auto eine hohe Fontaine aufspritzen ließ. Es sah aus wie in einem Flussbett, das Wasser strömte wie ein Wildbach, doch keiner der Fahrer ließ sich beirren.
Irgendwann ließ der Regen nach und ich fuhr weiter. Und kam in die sicher gefährlichste Situation auf dieser Fahrt. Ich fuhr ebenfalls gerade durch eine tiefe und gewaltige Pfütze, als mich ein völlig beknackter Transporter überholte. Er spritzte so viel Wasser auf meine Scheibe, dass ich sicher für zwei Sekunden blind fuhr. Es war eine der schlimmsten Momente, die ich als Autofahrer je erlebt habe. Wäre mir jemand vor das Auto gelaufen, hätte ich ihn erwischt, denn ich hätte ihn nicht gesehen.

Auch hier lief das Wasser jetzt ungebändigt die Straßen entlang und ich war froh, bald den Campingplatz erreicht zu haben. Dachte ich zumindest. Immerhin war der Platz im neusten ADAC-Campingführer aufgelistet, gut benotet, mit sauberen Sanitäreinrichtungen. Erst allerdings musste ich die Flut abwarten, denn da der Platz abschüssig war, floss das Wasser besonders auf dieses Grundstück. Mit dem Wärter verhandelte ich den Preis, ich war und bin der einzige Gast. Und weiß nun auch weshalb. Das war einmal ein schöner Ort, mit wundervollen Einrichtungen und einer Terrasse am Meer. Jetzt ist es jedoch eine Ruine. Die Terrasse ist in Teilen eingestürzt, einige Sanitärgebäude abgebrannt. Die noch stehenden sind in einem solche schlechten Zustand, dass es mehr als ein Jahr benötigt, um so zu verfallen. Was der ADAC sich gedacht hat, weiß ich nicht, aber bei einem solch teuren Führer erwarte ich, dass sich jemand die Plätze regelmäßig anschaut. Ich werde denen schreiben.
Das Dumme ist, dass ich Nina diesen Platz nicht zumuten kann. Mir auch nicht. Also mache ich mich morgen wieder auf die Suche, in der Umgebung sollen noch einige sein. Hier jedenfalls bleibe ich nur diese Nacht, ekle mich schon jetzt davor, und das will etwas heißen. Ich bin einiges gewohnt, aber das ist das bislang schlimmste. Dass jemand dafür überhaupt noch Geld verlangt. Ans Stromnetz habe ich den Camper gar nicht erst angeschlossen, hier hängen die Drähte aus dem Sicherungskasten, und das bei strömendem Regen. Sollte das jemand lesen, Bambus Camping in Antalya ist nicht zu empfehlen. Weil es einfach kein Campingplatz mehr ist.

Morgen geht meine Suche weiter. Ich bin schon sehr aufgeregt, sehe Nina nach vier Monaten wieder. Es ist schon erstaunlich. Ich war mir nicht sicher, ob unsere Beziehung diese Trennung aushalten würde. Es sieht beinahe so aus, als sollten wir es schaffen.