Antalya

Heute war es also soweit. Bereits früh am Morgen machten die Nachbarshunde Radau und sorgten damit wieder einmal dafür, dass die Nacht viel zu zeitig beendet war. Es war mir recht, denn auf diese Weise konnte ich die gestern begonnene Putzaktion weiterführen. Zwar blitzt der Camper nicht, das kann er bei jemandem wie mir niemals, doch lässt es sich wieder recht bequem darin leben.

Die Zeit verging schnell, beinahe zu schnell, um elf schaute ich auf die Uhr und entschied, dass ich aufbrechen sollte. Drei Stunden würden sicher reichen. Eine Platznachbarin setzte mich in den richtigen Bus, schärfte dem Fahrer ein, wo er mich hinauszuwerfen hatte und entließ mich meiner Wege. Der Fahrer hielt sein Wort, als er eine halbe Stunde später in den Busbahnhof einbog, machte er mir irgendwie klar, wo ich auf den Anschlussbus zum Flughafen warten solle. Hier stand ich eine Weile, machte dabei die Bekanntschaft des wohl langweiligsten Wieners, den ich je getroffen habe. Nach zehn Minuten ging uns der Gesprächsstoff, sehr früh, wenn man bedenkt, dass wir noch einige Stunden miteinander verbringen mussten. Der Flughafenbus dehnte die Strecke aus. Waren wir eigentlich schon beinahe angekommen, bog er ab und fuhr in Richtung Stadtzentrum. Meist im Schritttempo bewegten wir uns in quälender Langsamkeit, die Uhr tickte und ich war froh, so zeitig abgefahren zu sein. Leider wurde aus meiner Arbeitssession nichts, denn auch ein langweiliger Wiener wollte unterhalten werden. Eine ganze Stunde lang brauchten wir somit für die wenigen Kilometer vom Busbahnhof zum Flughafen. Letztlich war ich pünktlich.
Hier jedoch erlebte ich das erste Mal, wie ein „Package-Touristic-Airport“ funktioniert. Die Urlauber kamen in Horden an, meist nach Nationalität sortiert und mussten sich zu einem der vielen Anlaufpunkte der speziellen „Tour-Operators“ bewegen. Verzeihung für die vielen Anglizismen, doch bin ich des deutschen Vokabulars dieser Nische nicht mächtig. Hier also pferchten sich die baldigen Urlauber an ihren Schaltern und wurden entweder sofort nach dem Sammeln in ihre Busse verfrachtet oder ihren Hotels zugewiesen, was dauerte. Ein sichtlich anstrengender Start in die schönste Zeit des Jahres, wie ich deutlich zu sehen bekam, denn einige regte das gehörig auf. Selbst schuld, denn wer ist auch so blöd und bucht pauschal. Aber ich werte wieder, das wollte ich doch nicht. Manchmal ist es jedoch lustig, so wie heute. Inzwischen regte sich mein Wiener Freund, wurde immer nervöser. Seine russische Internetbekanntschaft war noch immer nicht erschienen, er war schon so gespannt wie jemand nur sein konnte, der mit jemandem online geschlafen hat, sie aber sonst nicht kannte. Irgendwann habe ich ihn dann aus den Augen verloren, was mir recht war, denn die Frage stand schon im Raum, ob wir nicht Lust hätten, auch gleich nach Alanya zu fahren, um die nächsten Tage gemeinsam zu verbringen. Allerdings habe ich das vehement verneint, auch wenn ich nicht sicher war, dass das angekommen war. Was man nicht hören will, hört man nicht.

Dann kam Nina. Meine gestrigen Befürchtungen einer eventuellen Entfremdung waren völlig unbegründet. Es war wie sonst, die Vertrautheit war sofort da als wären wir nicht vier Monate getrennt gewesen. Die Rückfahrt kam mir deshalb wesentlich kürzer vor, auch wenn das zeitlich nicht stimmt. Aber so ist das nun mal mit Gesellschaft. Manchmal lässt sie die Zeit wie Gummi erscheinen, manchmal verrinnt sie so schnell, dass man sie eigentlich aufhalten möchte.
Wie ich sicher auch, hat sich Nina verändert. Die Trennung hat uns beiden gut getan. Sie hat sich mehr auf das konzentriert, was ihr wichtig ist, ihre Religion in Richtung Yogi, die ihr sichtlich gut tut. So also verbachten wir die Zeit gemeinsam, redeten viel, machten noch einen Spaziergang am Strand und genossen gegenseitig unsere so lange vermisste Präsenz.
Wir haben uns entscheiden, morgen Antalya anzuschauen. Es ist sicher eine schöne Stadt, das habe ich schon heute bemerkt. Seit Tagen auch will ich davon reden, dass sie auch spektakulär liegt. Die nahen Berge erheben sich viele Hundert Meter und bilden ein dramatisches Schauspiel. Morgen muss ich das unbedingt fotografieren.
Für heute aber ist es genug. Denn wir haben noch einiges vor. So ist es eben, wenn ein Liebespaar sich vier Monate nicht gesehen hat.