Voll Maus-los

Wir haben eine Maus.
Schon in den 90ern ist sie eingezogen. Meine Eltern haben irgendwie mit ihr gelebt, ich glaube, sie haben sich einfach arrangiert.
Meiner Oma dann war sie egal. Sie hatte eine andere Vorstellung davon, was wichtig war und was nicht.
Mir hingegen geht sie gehörig auf den Zeiger. Besonders des Nachts höre ich sie mitunter in den hohlen Gemäuern des Holzhauses rumoren. Ein Scharren, das auf nichts Gutes hinweist.
Morgens dann finde ich oft die Hinterlassenschaften der Maus. Kleine schwarze Kegel, die an Fuseln erinnern, aber keine sind.
Ich finde das unangenehm. Auch der unangenehme Mäuseuringeruch, der mir immer entgegenschlägt, wenn ich nach längerer Zeit wieder in den Garten komme.

Also habe ich mich letztes Jahr entschlossen, gegen die Maus vorzugehen. Der etwas martialische Nachbar schlug vor, einfach Gift auszulegen. Das wirkt garantiert.
Aber ehrlich, das ist nichts für mich. Und auch keine Lösung für die Maus, zu final, zu gewalttätig. Auch die normalen Mäusefallen sind nichts für mich.
Genickbruch ist vielleicht weniger schmerzhaft als ein langsamer Vergiftungstod. Aber auch nicht das, was ich einem so treuen Mieter der Gartenlaube wünschen würde.

Also kaufte ich letztes Jahr eine Lebendfalle. Eine merkwürdige Konstruktion mit zwei Öffnungen, bei der die Maus über eine Art Wippe in einen Raum gelangt und nicht mehr ausbrechen kann, weil die Wippe wieder zurückgesprungen ist und somit die Wege versperrt sind.
Irgendwie höre ich gerade das hohe Mäusekichern ob meiner Naivität.
Schwachsinn.
Auf so etwas fällt doch keine Maus, die etwas auf sich hält, herein.

Aus diesem Grund entschied ich mich für drei andere Lebendfallen, die normalen. Käfige mit Schnappmechanismus.
Seit drei Monaten stelle ich sie nun auf, bestückt mit Erdnussbutter und/oder Schokopaste.
Die Maus allerdings machte sich rar. Zwar zeigten sich ab und zu Zeugnisse ihres Aufenthalts, aber nur sehr sporadisch. Würde sie von sich aus ausziehen?
Dann, vorgestern Nacht, hörte ich ein merkwürdiges Geräusch.
Eine Art Schnalzen.
Ich wusste erst nicht, was es gewesen war. Vielleicht ein Besteckstück, das hinuntergefallen war?
Quatsch. Eine Minute später ahnte ich es.
Also stand ich auf und sah nach.
Unter der Spüle dann kontrollierte ich die Falle. Es war ziemlich dunkel, doch dann ein Schatten.
Die Maus.
So lange war sie mir entkommen, jetzt aber befand sie sich endlich im Käfig. Sie schritt den engen Raum im Käfig ab, wohl auch im Bewusstsein, dass ich sie beobachtete.
Ich sprach ihr dann sofort die Kündigung des Mietvertrages aus, auch weil sie mir vor ein paar Jahren ein Stück Schokolade geklaut hatte. Also ein kleines Stück davon, die Abdrücke der scharfen Zähne waren ziemlich beeindruckend gewesen.
Dann legte ich mich wieder hin, machte Pläne, sie am nächsten Morgen in einem Feld auszusetzen. Weit genug musste es weg sein. Die Viecher kommen sonst wieder. Meint mein Nachbar.
Es war eine unruhige Nacht, tat mir das kleine Tier doch leid. Aber so klein war es gar nicht, sicher 5 bis 6 Zentimeter lang, ohne Schwanz natürlich.

Eine sichere Falle? Weit gefehlt.

Am nächsten Morgen dann wollte ich erst einen Kaffee trinken.
Zur Sicherheit sah ich nach der Maus, sie sollte ja nicht unnötig leiden.
Ungläubig sah ich einen leeren Käfig. Nicht nur die Maus war fort, sondern auch das Stück Erdnussbutter. Ich war wirklich wie erstarrt. Die Falle war vollkommen in Ordnung. Der Klappmechanismus funktionierte, auf der anderen Seite saß der Pin fest, den man herausziehen muss, will man die Maus aussetzen.
Diese Schlacht jedenfalls hatte ich verloren.
Es wurmte.

Noch am selben Tag begann ich damit, den Holzboden in der Küche herauszunehmen, wo sich das nächtliche Drama abgespielt hatte. Den hatte ich im Jahr zuvor konstruiert. Und damit ein perfektes Mäuseversteck erschaffen.
So kann es gehen. Ich entdeckte die Reste der Erdnussbutter. Und noch viele andere Hinterlassenschaften der Maus.
Nach dem Vorbereiten des Zementbodens ging ich daran, die Küche zu fliesen. Ich wusste, wo die Maus ins Haus kam, die winzigen Öffnungen in den Holzwänden waren eindeutig.
Schritt für Schritt verschloss ich sie beim Fliesen.

Jetzt, drei Tage später, hat die Küche einen neuen Boden. Und die Maus ist auch nicht mehr aufgetaucht.
Mein Respekt für dieses merkwürdige Wesen jedenfalls ist gestiegen. Nicht nur hat sie es geschafft, sich aus dem Käfig zu befreien, sie hat auch die Nahrung mitgenommen.
Ziemlich intelligent.
Ziemlich stark.
Ich weiß natürlich, dass sie nicht weg ist. Aber mir würde es schon reichen, wenn sich unsere Wohngebiete aufteilen und nicht mehr überschneiden könnten.
Alles in allem ist sie ja nun auch schon so lange da.
Sie zieht sicher nicht gerne um.

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