Strand bei Hythe

Gestern habe ich nichts geschrieben.
Man nenne es Faulheit oder Langeweile. Vielleicht eine Mischung aus beidem. Doch eigentlich war nur eines schuld: das Wetter. Schon am Morgen regnete es nicht nur, es stürmte auch noch. Es war dieser typisch englische „drisle“, kaum zu merken und doch intensiv und völlig durchnässend. Daher nutzten wir die Gelegenheit, einfach weiter zu fahren. Die Idee, uns endlich Nymanns Garden anzusehen, gaben wir schnell auf. Schade, denn ich kann mich erinnern, dass ich bei meinem ersten Versuch vor fünf Jahren, diesen berühmten Garten zu besuchen, eine ähnliche Enttäuschung erlebt habe. Wir fuhren bis Eastbourne, dann hatte ich den Eindruck, dass der Regen etwas nachgelassen hatte. Ich suchte den Campingplatz aus, es wurde das schlimmste Loch, das ich in England erlebt habe. Zumindest soweit ich mich erinnere. Man sagt, dass wer billig kauft, ein blaues Wunder erlebt. Hier bezahlten wir sehr viel und erlebten es dennoch. Die sanitären Anlagen waren uralt, die Toiletten seit Wochen nicht geputzt, der Abfluss der Waschbecken allesamt verstopft. Aber wir konnten uns nicht überwinden, unser Geld zurückzuverlangen. Eigentlich hätten wir es tun sollen. Selbst die Engländer, die es ebenfalls auf den Platz verschlagen hatte, meckerten, was sehr untypisch ist und sein Zeichen für den Zustand des Campingplatzes. Doch genug davon.
Der Regen täuschte uns etwas, denn nach wenigen Minuten begann er wieder, gegen den Camper zu schlagen.
Wir verbrachten Stunden damit, einfach nur zu entspannen. Als es gegen vier endlich aufhörte, ging ich noch ein wenig an den Strand, entdeckte dabei mindestens einen Campingplatz, der wesentlich schöner war als unserer, aber ich habe versprochen, dieses Thema nicht mehr zu erwähnen. Das Einzige, das ich bei meinem Spaziergang entdeckte, war ein Einkaufszentrum mit einem Kino in der modernen Hafenanlage, die mich sehr stark an Salford Harbour erinnerte. Sehr chic und sicher ebenso begehrt und damit teuer.
Auf dem Rückweg zum Camper begann es wieder zu regnen. Trotzdem schaffte ich es, Nina dazu zu überreden, einfach zum Kino zu laufen, das nur ungefähr anderthalb Kilometer entfernt lag. Es wurde ein Desaster, denn der Regen war nun wesentlich stärker als vorher. Trotz Regenjacken waren wir binnen Minuten ziemlich nass, doch das Kino war bereits in Sichtweite.
Wir sahen uns Pirates of the Carribean 4 an. Nicht sehr gut, aber unterhaltend. Und leider mit einigen Cliffhangern, so dass man noch mehr Teile erwarten muss. Reicht es nicht langsam?

Als der Film vorbei war, trotteten wir wieder zurück, es regnete immer noch, der Sturm blies uns das Wasser ins Gesicht. So etwas Ungemütliches. Doch im Camper trockneten wir schnell und der Sturm machte uns nichts mehr aus. Drei Kerzen wärmten uns, doch mein ehrliches Mitgefühl galt denjenigen, die draußen in Zelten schlafen mussten. Ich erinnere mich noch gut daran. Irgendwann ist nichts mehr trocken, denn die Feuchtigkeit zieht überall hinein. Im isolierten Camper ist das natürlich anders.
So verging der Tag, den man als einen faulen Urlaubstag bezeichnen kann.

Am Morgen war es immer noch trübe, der Wind peitschte gegen das Auto und ich wollte kaum aufstehen. Nina und ich hatten keine Lust mehr auf England. Ich hatte wirklich ein schlechtes Gewissen, doch eigentlich wollten wir beide nur noch nach Hause. Daher entschieden wir, auf direktem Wege nach Dover zu fahren. Unsere Fähre geht zwar erst morgen, doch sicher würden wir umbuchen können.
Es wurde eine lange Fahrt, zwar wählte Garmin den kürzesten Weg, doch ganz sicher nicht den schnellsten. Wenn ich eines nicht vermissen werde, sind es die engen Landstraßen, an denen kaum ein Auto an dem anderen vorbeikommt, ohne dass beide den Spiegel einklappen müssen. Es wurde eine quälend langsame Angelegenheit bei schlechtem Wetter. Sie war anstrengend und ermüdete mich. Immer wieder nagte das schlechte Gewissen. Würde ich England nicht zu früh aufgeben? Wie schon einst, vor vier Jahren? Als wir in Dover ankamen, teilte uns die Dame von P&O mit, dass es 60 Pfund kosten würde, wenn wir umbuchen wollten. Wir verzichteten dankend und mein Gewissen war beruhigt. Wir fuhren auf den Campingplatz bei Hythe, den wir schon vor zwei Wochen angesteuert hatten, und gaben dort unsere beinahe letzten Pfunde aus. Der Regen hatte jetzt vollends aufgehört und auf meinem Spaziergang am Strand kam sogar die Sonne heraus, auch wenn ich die Brise als sehr frisch empfand. Doch am Meer kann ich damit leben. In einem Ort am Strand kaufte ich noch eine Portion Chips, würzte diese mit dem geliebten Malzessig und Herzattacken-Mengen an Salz. Jetzt war ich ausgesöhnt, das ist etwas, das ich an England liebe. Das Meer hatte sich weit zurückgezogen, so dass ich eine Weile laufen musste, bis ich es wieder erreicht hatte. Ich schaute über den Kanal, suchte Frankreich, sah es aber nicht. Das wäre schön, einfach übersetzen und dort weiterfahren. Doch ich muss mich in einigen Tagen wieder dem Alltag widmen.

Morgen ist das Abenteuer dann endgültig vorbei. Es war letztlich ein schönes Wiedersehen. Wir wandelten eins ums andere Mal auf alten Pfaden, vielleicht ein wenig zu häufig. Doch das ist müßig. Das Fazit der Reise werde ich morgen ziehen, vielleicht auf der Fähre, das scheint mir passend und angemessen. Wenn die weißen Klippen Englands wieder langsam verschwinden.