Fahrt nach Kissamos

Einer dieser Tage.
Ich stand für meine Verhältnisse recht spät auf, erst 20 vor Sieben. Wahrscheinlich liegt es daran, dass es allmählich wesentlich später hell wird. Trotzdem machte ich noch einen kurzen Yoga-Flow, obwohl die Zeit eigentlich drängte. Dann begann ich zügig, alles zusammenzupacken. Es dauert, finde ich. Ich bin unorganisiert. Und das merke ich immer wieder. Schließlich befand sich alles auf dem Rad, das Bezahlen des Campingplatzes ging schnell und dann war ich auch schon unterwegs. Auf der Hauptstraße radelte ich entlang, der Verkehr war grausam, so wie immer auf größeren Straßen. Auch war es anstrengend. Meine Beine wirkten müde. Manchmal ist das so.
Aber ich kam rechtzeitig an, um den Bus um 9:30 Uhr zu bekommen, kaufte ein Ticket und wartete. Aber der Bus kam nicht, so dachte ich zumindest. Heraklion, Rhethimno, Chania Airport – alles fuhren rechtzeitig ab. Außer meiner, der nicht zu sehen war.
Warum ich nicht auf die Idee kam, mal zu fragen,, weiß ich nicht mehr. Ich konnte mir nicht vorstellen,, dass der Bus nicht hier hielt, vor dem Terminal, wo alle Überlandbusse halten.
Schließlich fragte ich gegen 9:30 doch jemanden, sie zeigte in eine andere Richtung. Ich glaube, ich sah noch, wie der Bus die Station verließ. Und ich saß da und ärgerte mich. Und das dieses Mal wirklich, weil ich mich so beeilt hatte. Und nun 90 Minuten auf den nächsten warten musste. Wenigstens funktionierte das WLAN. Aber mein Tag würde jetzt ein wenig durcheinanderkommen.
Der Bus kam erst kurz vor elf, es ist ein normaler Linienbus, deshalb hatte ich ihn nicht wahrgenommen. Um diese Zeit jetzt war er brechend voll, weil er viele Strände anfährt. Ich wette, dass der um 9:30, den ich verpasst hatte, angenehm leer gewesen wäre. Aber so war es jetzt, ich verstaute das Rad so gut es ging, auch das Gepäck, eine ziemliche Aktion, weil so viele Menschen an Bord waren. Ich schob in Berliner Art einfach alles hinein, ohne viel Rücksicht auf Touristenknochen. Alles ging gut, nicht einmal eine Schramme war hinterher bei irgendjemandem zu sehen.
In Berlin hätten sie gemeckert. Und Platz gemacht. Hier machten sie einfach nur Platz. Obwohl die meisten wohl Deutsche waren.
Es war eine langsame Fahrt.
Eine Fahrt, die an jeder Bushaltestelle unterbrochen wurde. Auch der, die nur ein paar Meter vom Campingplatz entfernt liegt. Was man nicht alles lernt. Ich hätte mich gar nicht so beeilen zu brauchen. Und den Bus hätte ich hier sicher auch nicht verpasst. Sehr interessant.
Vorbei ging es an den seelenlosen Ressorts, an den Strandläden und Restaurants. Eine grauenhafte Gegend.
Sicher 20 Kilometer lag ist dieser Küstenstreifen, von dem ich gedacht hatte, dass er interessant und aufregend wäre. Vor allem zum Radfahren. Die kretische Riviera.
Dann kamen die Berge und schlagartig war es vorbei mit der Bebauung. Bei Kolimvari hörte es auf. Wir passierten die Halbinsel Rodopou im Osten der Bucht von Kissamos. Es war ruhig, Hotels sah ich fast gar nicht mehr. Da es sich um einen Linienbus handelte, bat ich den Schaffner, in Draipanos zu halten, das nur ein paar Hundert Meter vom neuen Campingplatz entfernt liegt. Ich ersparte mir so die Fahrt von meinem Ziel Kissamos bis zum Platz, der ungefähr fünf Kilometer entfernt liegt.
Und da war ich dann.
Trotz der Tatsache, dass ich eigentlich nur gesessen und gewartet hatte, war ich ziemlich am Ende. Ich ruhte trotzdem nur kurz aus, machte mich dann wieder auf den Weg, um mir Kissamos anzusehen. Ein neuer Ort. Interessant.
Leider fand ich den Weg nicht. Ich probierte es erst über den Strand, aber das ging nicht lange gut. Zu steinig wurde es, wahrscheinlich hörte der Weg irgendwann sowieso auf. Also schaffte ich es, irgendwie auf eine Straße zu gelangen. Das Navi führte mich jetzt auf die alte Straße zwischen Chania und Kissamos. Und die führte mich erst einmal in die Berge hinein. Es ist hübsch, keine Frage, aber die Steigungen. Ich trat also in die Pedale, freute mich einerseits, dass ich fitter werde, verbrauchte aber auch viel Energie. Zumal es windiger geworden war. Das macht es für mich schwerer zu treten. Nach fünf Kilometern und einem gehörigen Umweg erreichte ich schließlich Kissamos.

Es ist nicht viel, was ich sah. Aber irgendwie freute es mich. Das Zentrum besteht nur aus einem kleinen Platz mit ein paar Cafés (wie sollte es anders sein?) und einem winzigen archäologischen Museum. Ich wanderte von dort in Richtung Meer. Die Wellen schlugen hier hoch, an Baden ist heute nicht zu denken. Die Strandpromenade ist nicht besonders lang, sie war nicht wirklich ausgestorben, aber im Grunde fast. Ein paar Touristen hatten sich hierher verlaufen. Die Bars und Cafés waren fast leer. So stelle ich mir die Nachsaison eigentlich vor. Fast ein bisschen einsam. Trotzdem war es nett, der Wind blies mir ins Gesicht, die Sonne schien sehr hell und ich blickte auf das Meer, auf die Bucht vor mir, die eingesäumt ist zwischen zwei langen Halbinseln. Ich setzte mich in eines der Cafés, bekam einen griechischen Kaffee und musste feststellen, dass ich das einzige Etablissement gewählt hatte, das kein WLAN hatte. So etwas gibt es wirklich noch. Aber nicht so wichtig. Ich las also im Reiseführer, stellte fest, dass es wenig zu tun gibt hier in Kissamos. Hätte ich es vorher gelesen, wäre ich aber trotzdem hergekommen. Mir machte das gerade nichts aus. Vielleicht weil ich körperlich gerade etwas kraftlos bin.
Nach einer Stunde, die ich auch damit verbracht hatte, das kleine Zentrum zu durchlaufen, entschied ich mich dazu, einkaufen zu fahren, dann nach Hause zum Zelt. Es war wirklich beschwerlich. Ich weiß nicht, was mit mir los war. Vielleicht ernähre ich mich nicht gut genug? Ich trat in die Pedale, kam aber nur mühsam vom Fleck. Zu allem Überfluss musste ich auf die neue Nationalstraße. Die Autos brausten hier sicher mit 100 an mir vorbei. Ich fühle mich auch in Deutschland unwohl auf Landstraßen. Hier ist es ähnlich.
Schließlich aber kam ich an und alles war gut. Vielleicht mache ich morgen mal wirklich eine Pause. Zumindest ein bisschen. Es scheint sowieso nicht viel zu geben, was man machen kann. Wir werden sehen.
Jetzt aber werde ich erst einmal den Abend genießen.
Und nochmal an den Strand gehen. Die Liegen hier sind gratis.
Ich muss mich unbedingt ausruhen.