Reise zum Peloponnes

Ein etwas deprimierender Tag. Noch gestern Abend begann es zu regnen, erst leicht, dann in der Nacht wesentlich stärker. Ich habe das in Griechenland noch nie erlebt, zumindest nicht auf den Inseln. Ebenfalls gestern Abend hatte ich mir nochmals die Lage auf der Karte angesehen. Ich befand mich im Niemandsland, einen interessanten Ort, an dem ich ein wenig verbleiben könnte, fand ich nicht. Daher entschloss ich mich heute Morgen, das Beste aus dem verregneten Tag zu machen und eine lange Strecke zurückzulegen. Um 9 wollte ich abfahren. Fünf Minuten vorher meldete sich mein Magen, der Rückschlag (oder besser Durchschlag) ließ nicht lange auf sich warten. In diesem Moment hatte ich alles ziemlich satt, wäre ich an einem anderen, irgendwie halbwegs interessanten Ort gewesen, wäre ich wieder in den Camper gekrochen und hätte mich ausgeruht. Aber dieser Gedanke deprimierte mich noch mehr. Also nahm ich eine Tablette und hoffte auf Genesung. Ich konnte wohl nicht erwarten, ein Jahr lang völlig gesund zu bleiben, doch wäre es natürlich schön gewesen. Vielleicht gehört es sogar mit dazu, doch im Moment sehe ich alles etwas drastischer.

An den Ruinen von Nekropolis fuhr ich vorbei, sie sahen im strömenden Regen eindrucksvoll aus. Der Rough Guide, übrigens von 1989, beschrieb die Ruinen als recht langweilig, nur von der Straße sahen sie eben mächtig und malerisch aus. Ich hielt nicht an, schon um mich etwas zu schonen.
Arta war das nächste Ziel. Hier fand ich einen Supermarkt, um meine schwindenden Vorräte etwas aufzufüllen. Dabei machte ich die Erfahrung, dass man lieber nicht einkaufen geht, wenn es dem Magen nicht gut geht. Ich hatte auf nichts Appetit, also kaufte ich kaum etwas. Wie sinnlos stand ich an der langen Schlange an, konnte mich kaum der Vordrängler erwehren. Zum Glück war meine Gleichgültigkeit größer als mein Stolz, so dass ich die Situation recht gut ignorieren konnte. Nicht weit entfernt vom Supermarkt hatte ich eine antike Brücke gesehen, die sah ich mir wenigstens an. Sie ähnelt der in Mostar, nur dass sie bei Weitem nicht so gut besucht ist, was ihr besser steht als derjenigen in der bosnischen Stadt. Der Ort selbst kommt im Rough Guide recht gut weg, doch der Regen wurde heftiger und meine Laune übler, so dass ich weiter fuhr.

Ich glaube, dass ich selten durch ein deprimierenderes Stück Land gefahren bin als dieses. Endlose Strecken, trostlose Städte oder Dörfer, hinzu kam der nicht enden wollende Regen und meine Bauchschmerzen. Ein ziemlich übles Gemisch, muss ich sagen, daher erinnerte ich mich immer wieder, dass es eine gute Idee gewesen war, heute zu fahren, um die Zeit zu nutzen. Denn zu einem erfolgreichen Sightseeing-Tag wäre ich ohnehin nicht in der Lage gewesen. Der Regen hatte anscheinend viele Griechen auf dem falschen Fuß erwischt, denn ich sah einige Unfälle, bzw. die Folgen davon. Dabei muss ich gestehen, dass auch ich heute meinen Camper beschädigt habe, genauer gesagt den Fahrradträger. Beim Rückwärtsfahren habe ich eine Lampe übersehen, bin mit dem Träger leicht dagegen gefahren. Leider an der falschen Stelle, so dass eine der Rücklichter hinüber ist. Sehr ärgerlich. In Barcelona ist es mir bereits passiert, da hatte ich noch Glück, weil der dürre Baum nur die Stahlstange, keine der Lichter, gestreift hatte. In Frankreich fuhr ich in lockeres Erdreich, so dass nichts geschehen war. Jetzt also ist er hin, denn das Ersatzteil wird teurer sein als die Haltevorrichtung selbst. Die allerdings funktioniert, leider das Licht aber nicht mehr. Sie es drum.

Ich kam bei dem Regen nur langsam voran, die Straßen- und Sichtverhältnisse erlaubten keine schnelle Fahrt. Selbst die Griechen fuhren vorsichtig, einige überholten, andere blieben lieber hinter mir. Eines merkte ich, Griechenland ist ein riesiges Land, aber nicht nur das. Es ist auch unwegsam und gebirgig, das Reisen selbst wird zum Erlebnis. Erst jetzt bekomme ich langsam ein Auge für die Entfernungen, die ich zurücklegen werde. Die nächsten 10 – 14 Tage möchte ich auf dem Peloponnes bleiben, dann einige Tage in Athen verbringen. Wahrscheinlich muss ich mich dann sputen, denn bis nach Thessaloniki sind es sage und schreibe 500 Kilometer. Von dort sicher noch mal die gleiche Entfernung nach Istanbul – wenn es nicht sogar weiter ist. Die gemächliche Reisezeit ist also vorbei, ich werde in den nächsten Wochen entscheiden müssen, wo ich hin möchte.
Leider wird in Griechenland der Kampf gegen die Wegelagerei, sprich Maut, nicht erfolgreich sein. Schon heute habe ich kräftig bezahlen müssen, fast 20 Euro wollten die staatlichen Räuber für die Überquerung der Brücke zum Peloponnes. Ich habe schlecht recherchiert, denn angeblich kostet die Fähre daneben nur die Hälfte und ich hätte das Bauwerk aus der Ferne bestaunen können. Aber dafür ist es nun zu spät. Sicher werde ich wieder Mautgebühr zahlen müssen, denn das gebirgige Land wird mir nicht viele Umwege erlauben. Ich werde es mir ersparen müssen, wahrscheinlich bei Tavernenbesuchen, die ausfallen werden. Dabei bräuchte die griechische Wirtschaft einen großen Impuls. Ich weiß gar nicht, an wie vielen erst kürzlich geschlossenen Geschäften ich vorbei gefahren bin. Auch die Restaurants sind überall leer, kaum jemand trinkt auch nur einen Kaffee, was allerdings daran liegen kann, dass dieser oft über drei Euro kostet, was an sich eine Unverschämtheit ist.
Jedenfalls habe ich es geschafft, ich bin auf dem Peloponnes, kurz hinter Patras. Um vier hatte ich keine Lust mehr zu fahren und habe angehalten. Der Regen, der hier noch nicht angekommen war, hat dies jetzt nachgeholt, so dass ich nun im Camper sitze. Ich erhole mich von der Fahrt und ruhe aus. Wenn alles gut geht, fahre ich morgen weiter nach Olympia.
An meiner nicht besser gewordenen Laune merke ich, dass ich noch viel Ruhe brauche. Ich hoffe, sie hier auf dem Peloponnes zu finden.