Paleochora

Ein wirklich ruhiger Tag.
Wie so häufig bei Ortswechseln habe ich heute erst einmal „organisiert“. Nach vier Tagen muss ich immer waschen, denn ich habe nur für sechs Tage Wäsche dabei. Zu allem Überfluss ist mir noch das einzige langärmlige Hemd gerissen. Und zwar nicht an der Naht, sondern mitten durch. Ich konnte es zwar halbwegs nähen, aber schön ist es nicht.
Es ist schon eigenartig, aber meine Ausrüstung lässt ein wenig zu wünschen übrig. Was eher daran liegt, dass immer wieder ein Teil verschwindet. Aber das hatten wir jetzt zur Genüge.
Ich konnte mir heute Zeit lassen. Denn was sollte die Eile? Ich hatte nicht vor, heute viel zu unternehmen. Es ging nur darum, den kleinen Ort Paleochora anzusehen. Und den hatte ich eigentlich gestern schon in weiten Teilen erkundet. Viele Überraschungen konnte ich kaum erwarten.
Tatsächlich fuhr ich gegen kurz nach zehn erst los. Anders als auf den anderen Campingplätzen musste ich nur einen Kilometer fahren, es ist also wirklich eine Angelegenheit von wenigen Minuten. Wahrscheinlich könnte ich einfach laufen, aber warum? Ich habe ein Fahrrad. Und das möchte ich nutzen.
Ich blickte von der Promenade aus auf das Meer. Dort lag Gavdos, der südlichste Teil Europas. Diese kleine Insel werde ich dieses Jahr nicht besuchen. Es ist mir sicher zu einsam. Auch wenn ich große Menschenmengen meide, geht es doch nicht gänzlich ohne Menschen. Ich beobachte eben gerne. Schriftsteller eben. Meine Charaktere laufen in der freien Wildbahn umher und wissen es gar nicht.
Ich spazierte in Richtung Hügel, auf dem eine venezianische Festungsanlage gewesen ist. Es ist nicht weit. Als ich oben war, konnte ich noch ein paar sehr flache Grundmauern entdecken, ansonsten ist nichts weiter übrig. So wichtig wird diese Festung wohl nicht gewesen sein. Die Ausblicke auf die Stadt und die dahinter liegenden Berge sind aber wundervoll und lohnen den kurzen Aufstieg.
Auf der anderen Seite des Hügels lief ich danach wieder hinunter, in Richtung Strand. Der ist lang, vor allem an der Westseite. Und sandig. Im Gegensatz zum Strand am Campingplatz, der aus steinharten großen Kieseln besteht.
Ich lief also weiter, immer an Strand entlang, bis ich merkte, dass nun nichts weiter kommen würde. Dann ging ich weiter durch die Gassen, entdeckte neben teuren Touristenshops mit den üblichen Produkten auch einen Chinashop mit billiger Kleidung. Hier könnte ich meinen dünnen Pulli ersetzen. Ich weiß es aber noch nicht.

Im Grunde war das die Beschreibung meines Tages.
Ich lunchte noch eine Pita. Dann wusste ich nicht, wohin mit mir. Im Grunde ist es eigenartig, aber diese kurzen Aktivitäten reichten mir heute. Ich fühlte mich schlapp, vielleicht ernähre ich mich nicht gut genug. Oder ich brauche mal eine kleine Pause vom Laufen und Radfahren. Aber so anstrengend war es gestern nicht gewesen, obwohl ich gegen 18 Uhr fast eingeschlafen wäre. Wirklich, keine Ahnung warum.
Heute aber ging ich nur noch kurz einkaufen, dann fuhr ich zum Platz zurück.
Das war es bereits.
Gegen 15:30 lief ich doch noch einmal zum Strand, legte mich dort in die Kiesel, was ich jetzt bitter bereue. Mein Nacken ist vollkommen steif, mein Rücken dezent eingedellt. So fühlt er sich jedenfalls an. Ich kann nicht mehr auf dem Boden liegen, wenn es so hart ist. Strandgänge fallen somit schlichtweg aus.
Wenigstens aber ist es etwas wärmer. Und wesentlich weniger windig. Es muss wirklich schlimm gewesen sein, auch hier unten, denn viele Fähren nach Gavdos und Elifanissos sind ausgefallen. Schlechtes Wetter auf Kreta, wer hätte das gedacht?
Ich überlege jedenfalls, was danach kommen wird. Vielleicht ist das schon meine letzte Stätte, an der ich bleibe. Leider gibt es weiterhin keine Fähren nach Milos. Die sind wohl vollends ausgefallen.
Ich werde mir etwas einfallen lassen müssen, weiß aber noch nicht was. Viel Zeit habe ich ohnehin nicht mehr. Ende nächster Woche fliege ich schon wieder zurück. Aber bis dahin habe ich noch ein paar Tage, die ich so gut wie möglich nutzen will.