Taormina
Gestern war einmal wieder einer der Tage, an denen ich mich einer Grundsatzdiskussion über Beziehungen und deren Verpflichtungen stellen musste. Ich denke nicht, dass Frauen es jemals lernen werden, dass Männer so etwas nicht diskutieren werden, weil es jedes Mal von Neuem eine Aushandlung des so lange erkämpften Status Quo bedeuten würde. Somit endete der Tag im Desaster, in Tränen von Ninas Seite aus. Und in düsterer Laune meinerseits.
Wir beiden schliefen nach diesem Streit nicht gut, wachten erst sehr spät auf. Entgegen meiner früheren Befürchtungen schafften wir es, eine einigermaßen zivilisierte Möglichkeit zu finden, mit uns gegenseitig umzugehen. Zwar etwas unterkühlt und distanziert, dennoch mit dem notwendigen Respekt, ohne den nichts funktioniert. Spät erst machten wir uns auf den Weg nach Taormina, erst gegen elf startete ich den Camper, dachte jedoch, dass die 50 Kilometer leicht zu schaffen wären. Ich irrte. Schon auf dem Weg nach Catania vor vier Wochen hatte ich genug Erfahrung gesammelt, um zu wissen, dass eine schwierige Strecke vor uns lag. Jetzt fiel es mir natürlich ein. Die Straße führt durch winzige Orte, in denen sie so schmal wird, dass mitunter nur ein Auto dort fahren kann, der Gegenverkehr muss warten. Nicht dass die Sizilianer das so sehen, sie merken immer erst, dass es nicht weiter geht, wenn sich in keiner Richtung mehr etwas bewegt. Auch das oft eingesetzte Gestikulieren hilft dann nichts. Was sie auch gerne machen, ist in zweiter Reihe zu parken. Vor allem, wenn die Straße dadurch so eng wird, dass kaum noch jemand vorbeipasst. Sie machen das, auch wenn sich zwei Meter weiter eine riesige Parklücke befindet. Entweder sehen sie es nicht oder es ist ihnen egal. Ich befürchte zweiteres. Auch sind jegliche Vorfahrtsregeln eher Vorschläge, so dass ich oft wie ein Beknackter bremsen musste, um einer kaum noch zu verhindernden Kollision auszuweichen. Dass ich es bis jetzt ohne Beule geschafft habe, grenzt an ein Wunder. (Anmerkung ein Jahr später: Ich meine, meinen Frust aus diesen Zeilen herauszulesen. Also nicht alles zu ernst nehmen.)
Wir kamen in Taormina an, ich war nach der anstrengenden Nacht und dem nervigen Verkehr am Ende meiner Geduld. Was nun folgte, ließ mein Temperament beinahe überkochen. Wir fanden keinen Parkplatz. Irgendwo fuhren wir den Berg hinauf, überall herrschte Parkverbot, die Transe musste ans Äußerste ihrer Möglichkeiten. Dann kamen wir an einem Parkhaus an. Der Wächter teilte uns mit, dass er für drei Stunden Parken 30 Euro berechnen würde. Ich überlegte ernsthaft, ob ich ihn lynchen sollte. Also fuhren wir den hart erklommenen Berg wieder hinunter. Schließlich fanden wir die Seilbahn. Mir war es jetzt sogar egal, die 3,50 Euro Parkgebühr und die Kosten für die Bahn zu tragen. Meine Laune war auf dem Tiefpunkt. Dachte ich. Wenigstens waren wir auf diese Weise recht schnell in der Stadt, die hoch oben thronte.
Als Erstes zeigte ich Nina das Theater. Leider war der Ätna wolkenverhangen, so dass die Atmosphäre nicht so beeindruckend war wie bei meinem ersten Besuch. Aber das war letztlich nicht so wichtig. Ich bleibe bei meiner Aussage, wenn man sich eine Ruine anschauen sollte, und auch nur eine, dann ist dieses Theater ein heißer Favorit.
Danach liefen wir noch durch die Stadt. Ich muss gestehen, dass es mir wie bereits in Catania alles sehr ausgelutscht vorkam. Einmal anschauen reicht. Aber ich war wegen Nina hier, konnte ihr zumindest etwas zeigen. Da es bereits beinahe halb drei , und somit kurz vor dem gefühlten Sonnenuntergang, war, schafften wir es nicht, bis zum Castell zu steigen, das auch für mich etwas Neues gewesen wäre. So blieb es dabei. Nina erfreute sich an der mittelalterlichen Atmosphäre, während ich beinahe blind und vor mich hinbrütend neben ihr herschlurfte. Als wir wieder an der Seilbahn ankamen, stellte ich fest, dass ich mein Rückfahrticket verloren hatte. Dieser winzige Tropfen reichte, um meine Laune in den tiefsten Abgrund zu stürzen. Die blöden Italiener glaubten mir natürlich nicht, ich musste ein weiteres Ticket lösen. Ich glaube, wäre mir irgendwer in dieser Situation dumm gekommen, ich wäre das erste Mal in meinem Leben gewalttätig geworden. Es geschah zum Glück nichts.
Die Rückfahrt wurde genauso stressig wie die Hinfahrt, beinahe zwei Stunden brauchten wir, bis wir wieder auf de Campingplatz waren. Um zumindest ein Highlight des heutigen Tages zu erwähnen, ein Sahneplatz direkt am Meer war frei. Wir haben jetzt einen herrlichen Ausblick, morgen früh wird uns die Sonne wecken und den ganzen Tag auf uns hinab scheinen. Wenn sie sich denn hinter den Wolken hervor traut.
Ich brauche einen schönen Tag morgen, so sehr wie noch nie.