Naxos, dann Abfahrt nach Kreta

Der letzte Tag des gemeinsamen Urlaubs vor dem Beginn der alleinigen Reise.
Es war ein herrlich ruhiger Urlaubstag, den Ehefrau Nina und ich genossen. Anfangs hatte ich noch ein schlechtes Gewissen, weil ich dachte, mir etwas ausdenken zu müssen. Etwas, das wir hier unternehmen sollten. Eine Wanderung oder eine Tour irgendeiner Art. Aber letztlich hatten wir beide keine Lust darauf, ungesagt also beließen wir es bei einem Tag ohne Struktur. Nach einem kargen Frühstück auf dem Balkon des Hotels (auf Straßenniveau, was weniger berauschend war), machten wir uns irgendwann gegen Mittag auf den Weg in die Stadt. Endlich hatten die Temperaturen Kykladenniveau erreicht, es war Zeit dafür. Die relative Kühle der letzten Tage war mir bekanntlich auf’s Gemüt geschlagen.
Der erste Gang führte uns in ein Reisebüro, wo wir die Tickets für den nächsten Tag kauften. Teuer, aber dafür luxuriös sollte die Überfahrt werden. Ich hatte keine Wahl, für mich gab es nur dieses Ticket für eine Schnell-Fähre nach Kreta. Ehefrau Nina gönnte sich ebenfalls eine Fastferry, die Worldchampion, die die schnellste ihrer Art sein soll. Fragt sich nur wo genau.
Wir erkundeten danach noch einmal das Gewirr des Gassenlabyrinths von Naxos Stadt, erklommen den Hügel mit dem Wahrzeichen der Insel, besichtigten also den niemals fertiggestellten Tempel, von dem fast nur ein Torbogen zu sehen ist. Von Lande und zu Wasser. Dann lunchten wir in Ruhe. Es war ein Plan, der typisch ist für unsere Art, hier Urlaub zu machen. Das Highlight war nach dem einfachen Sandwich dann ein Besuch der Bar 520, die wir oft aufsuchen, wenn wir hier sind. Sie ist etwas upmarket, aber einen Kaffee kann man sich leisten. Von den Terrassen der Bar hat man einen herrlichen Blick auf den Hafen und die Promenade weiter unten. Sehr schön. Wir blieben sicher eine Stunde und taten … nichts. Das sollte jeder einfach mal probieren.
Nach einem Aufenthalt im Hotelzimmer diskutierten wir unseren Besuch einer Taverne am Abend. Das ist die Krux vom Internet. Es gibt überall Rezessionen. Viel zu sehr lassen wir uns von anderen beeinflussen, anstatt einfach auszuprobieren. Tatsächlich machten wir das am Ende, wir gingen gegen 19 Uhr zum Strand und setzten uns einfach in eine Taverne. Nach der Fresserei der letzten Tage war es wohltuend, einfach ein paar Sardinen und sogenannte Greens zu essen, grünes Gemüse, das je nach Saison variiert. Sehr leicht, sehr bekömmlich. Meine nackten Füße standen dabei auf dem Sand des Strandes, der Wind, der hier bis ca. vorgestern ziemlich gewütet hatte, war vollkommen verstummt. Erstaunlich. Es war ein passender Abschied von den Kykladen.
Zwar hatten wir recht leicht gegessen, dafür aber viel zu viel getrunken. Ein Ouzo vor dem Essen, eine Flasche Retsina. Grenzwertig, aber noch konnte ich geradeaus laufen.
Unser Weg nach dem Dinner führte uns nochmal in die Stadt. Ich hatte sie noch nie am Abend gesehen. Sie zeigte sich vollkommen verwandelt. Das Nachtleben war schon einigermaßen im Gange, die Bars waren voll, die Cafés ebenfalls. Es war ein eigenartiger Anblick, vor allem wenn man bedenkt, dass noch vor ein paar Monaten so etwas unvorstellbar schien. Tatsache aber ist, dass Naxos noch immer ziemlich corona-betroffen ist. Zwar kein Hochinzidenzgebiet, aber dennoch ziemlich schlimm. Wir sahen uns das Treiben also aus der Ferne an, flanierten in dieser milden Sommernacht noch einmal durch die Gassen. Die Geschäfte schienen ebenfalls frequentierter. Wahrscheinlich machen die um diese Zeit mehr Umsatz als tagsüber.
Unseren Urlaub beschlossen wir dann übrigens mit einer weiteren Flasche Retsina auf dem Balkon. Und die gab mir den Rest.
Noch in der Nacht musste ich eine Ibu nehmen, um die aufkommenden Kopfschmerzen zu bekämpfen. So etwas ist nicht schön. Aber das ließ sich nicht ändern.

Am nächsten Morgen war ich auch entsprechend gerädert. Zwar war mein Kopf relativ heil, aber ich hatte schlecht geschlafen. Sei es drum. Wir hatten es nicht eilig, unsere Fähren gingen erst am frühen Nachmittag.
Da mein Rad Probleme machte und ich einen Fahrradladen gesehen hatte, entschied ich mich dazu, einfach mal zu fragen, ob mir jemand helfen könnte. Und genau das geschah dann auch. Ich wünschte, ich hätte das vor der Reise getan, denn sowohl die Gangschaltung als auch die Bremsen waren vollkommen verstellt. Jetzt ist alles wieder in Ordnung, die Gänge fallen nicht mehr heraus und die Bremsen schleifen nicht mehr. Der „Ingenieur“ wollte dafür sogar nicht mal einen Cent. Aber das ging natürlich nicht. Ich gab ihm 20 Euro, was mir mehr als angemessen schien. Ich fühlte mich danach jedenfalls gut, denn meine Ausrüstung muss funktionieren, um das umsetzen zu können, was ich mir vorgenommen habe.

Gegen elf mussten wir unser Zimmer räumen. Also packten wir und gingen zum Hafen. Wieder hatten wir einen Plan, der sich vom gestrigen Tag kaum unterschied, zumindest am Anfang. Erst ein Sandwich bei Gregorys, dann irgendwo einen gemeinsamen Kaffee, den letzten auf dieser Reise. Ich kann nicht sagen, dass so etwas wie Wehmut aufkam. Eher ein Gefühl von Veränderung. Bei mir ist das natürlich ein anderes als bei Ehefrau Nina, denn sie muss nach Hause fahren. Ich hingegen bin noch vier Wochen unterwegs, die ich sinnvoll füllen möchte.
Ehefrau Ninas Fähre erreichte Naxos um dreiviertel Zwei, sie war pünktlich. Ich sah dieses wirklich schnelle Boot sehr rasch verschwinden. Ich hingegen musste noch anderthalb Stunden warten. Ich tat nicht mehr viel, hörte etwas Musik. Bis es an der Zeit war, mich in das Fährhaus zu begeben. Wieder wurde das Impfzertifikat kontrolliert. Mein Rad hatte ich dieses Mal bepackt und nicht in die Radtasche eingewickelt. Es ist viel leichter so. Besser schlecht geschoben als gut getragen. Allerdings hatte ich Muskelkater vom gestrigen Yoga-Workout. Breath and Flow können einen wirklich fertig machen. Oder ich selber, der entschieden hat, diese Flows auszuführen.
Jetzt sitze ich also auf der Fähre nach Heraklion. Kreta kann kommen.
Und ein neuer Reiseabschnitt beginnen.