Ich ließ es ein bisschen ruhiger angehen. Zwangsläufig, auch wenn es mir schwer fiel. Im Grunde war ich ziemlich fit, wollte aber nicht riskieren, wieder zu schwächeln. Schlimm ist das nicht. Nur etwas ungewohnt.
Nach einem langsamen Beginn des Tages wurde mir allmählich bewusst, dass wirklich der letzte Tag am Meer begonnen hatte. Natürlich musste ich noch mal hin, was zwangsläufig der Fall war, denn es ist ja eigentlich überall. Immer da, wo kein Land ist. Ich muss gestehen, das es mich ein bisschen wurmte, nicht doch näher zum Cap Fréhel gefahren zu sein. In meiner Erinnerung habe ich dort einige Nächte auf einem Campingplatz nicht weit entfernt direkt in den Dünen verbracht. Also eigentlich am Strand, denn nichts anderes ist es ja. Den Campingplatz gibt es auch noch, aber man kommt von dort so schlecht wieder weg und einen Supermarkt gibt es auch nicht. Trotzdem ärgerte ich mich ein bisschen. Zumindest aber wollte ich näher an das Cap heran wandern, Sable d’Or, zum goldenen Strand. Unweit meines Campingplatzes verläuft ein Radweg, der mich direkt dorthin bringen sollte. Das tat er auch. Es war erstaunlich nah, ungefähr 45 Minuten zu Fuß. Natürlich handelte es sich nicht um den vielfach dramatischeren GR34-Küstenweg. Es war ein gemütlicher staubiger Weg, schattig, angenehm, ohne Gefälle. Zumindest nicht viel. Ganz nett eben.
Als ich in die Nähe meines Ziels kam, musste ich einige Brücken überqueren, die eine Art Delta überbrückten. Es war landschaftlich interessant, hat mich ein bisschen an das Constable Land in England erinnert.
Der Strand hier ist wie alle bretonischen Strände ungemein weit, weiß, ohne Schatten, umrahmt von weitläufigen Felsen. Auch wenn es immer ähnlich aussieht, ist es doch nie gleich. Muschelsucher müssen hier auf ihre Kosten kommen. Sie liegen hier zu Abertausenden. Ich hätte gerne eine Jakobsmuschel gefunden, das war mir aber nicht vergönnt. Nicht so wichtig. Ich schlenderte im weichen Sand entlang, ohne Schuhe, auch wenn der Wind recht kalt blies. Aber wegen des Sommers bin ich wirklich nicht hier. Zum Glück sind die Nächte nicht mehr ganz so kalt. Die lange Unterwäsche brauche ich trotzdem noch zum Schlafen.
Sable d’Or, Plurien und Erquy
Der Ort selbst gibt nichts her. Gar nichts. Sable d’Or ist nicht einer jener Strände, den ich damals 1998 besucht habe. Schade eigentlich, ich hätte gerne etwas geschwelgt. Ich überlegte, ob ich zu den bekannten Stränden wandern sollte, die etwas weiter entfernt liegen, in Richtung Kap Fréhel. Aber ich ließ es. Ein andermal. Es gibt bestimmt nochmals die Gelegenheit. Stattdessen drehte ich nun um, entschied aber, auf dem Rückweg, in Plurien vorbeizusehen, eine spontane Entscheidung. Das Dorf liegt nicht am Meer, stattdessen auf einem Hügel. Ausgerechnet. Ich hatte Glück. Denn so weit war es nicht.
Es lohnt sich allerdings nicht. Die an sich beeindruckende Kirche, deren viel zu lange Schiffe innen bestimmt interessant aussehen, war geschlossen. Zwar gab es eine Bar, doch schon von draußen hörte ich besoffenes Gegröle. Das musste nicht sein. Also lief ich zurück, war dabei viel zu schnell wieder in Erquy. Da ich nicht auf dem Campingplatz hocken wollte, ging ich in die Stadt, stellte zu meiner Freude fest, dass wieder ein Flohmarkt stattfand. Ein herrlicher Zeitvertreib. Ich entdeckte so einiges, um dass ich sonst sicher gefeilscht hätte. Hier war das nicht möglich. Wie üblich, keine Möglichkeit, es heimzutragen. Einige Kupfertöpfe sah ich mir an. Prächtig. Schade.
Nach einer glücklich verliebten Stunde voll von verpassten Möglichkeiten merkte ich, dass meine Beine begannen zu schmerzen. Kein Wunder, ich war wieder stundenlang auf den Beinen gewesen, natürlich ohne Pause. Also ging ich zum Hafen und trank einen Kaffee in einem viel zu teuren Café, Resto, Bistro, was auch immer. Wenigstens gab es Wifi.
Dann war es vorbei. Das Meer hatte sich bereits verabschiedet und dem Strand das Feld überlassen. Im wahrsten Sinne. So also warf auf ich einige letzte Blicke in Richtung Meer. Bevor ich jetzt zu schwülstig werde, muss ich sagen, dass es mir nicht viel ausmachte. Wenn ich auf dieser Reise etwas voll ausgekostet habe, dann waren es die Aussichten auf die See. Es wird dieses Jahr auch nicht das letzte Mal sein. Denn ich fliege wieder mal nach Griechenland. Aber das wird anders, natürlich ebenfalls spektakulär. Es wurde ein sehr ruhiger Abend, den ich genoss. In der Nacht zuvor hatte mir irgendeine Party den Schlaf geraubt. Warum fangen die immer erst um Mitternacht an? Nun, wir waren früher auch nicht anders. Ich glaube, es war die Fête de la musique. Oder etwas in der Art.
Horrible.