Roussillon

Kalte Nächte, milde Tage.
Noch immer ist das Wetter nicht so entspannt, wie es sein sollte. Trotzdem genossen wir das erste Mal das Frühstück in der Morgensonne. Der kühlende Wind hatte einen angenehmen Effekt, denn auf eine andere Art halte ich es in der prallen Sonne nicht aus. Café au Lait, Baguette, frische Erdbeer- und Rhabarbermarmelade. Was will man eigentlich mehr? Das Leben kann so einfach sein, wenn man es von der richtigen Seite anpackt.
Wir beschlossen, den Campingplatz bei Gordes zu verlassen. Wenn ich schon den Camper fahrbereit machen muss, dann ist auch eine Rückkehr zum gewohnten Schlafort nicht notwendig. Es war also eine klassische Reisesituation. Sightseeing, Sightseeing, Sightseeing, dann abends einen Campingplatz suchen. Es steckte natürlich Plan dahinter.

Erst besuchten wir Roussillon. Das Ockerdorf war schon von Gordes aus eindeutig auszumachen. Die roten Steinbrüche leuchteten uns entgegen. Die Farben werden übrigens immer intensiver, je näher man Roussillon kommt. Wir bekamen leider ein Parkplatzproblem. Nirgends, wo wir vorbeikamen, durften wir unseren Camper abstellen. Es muss hier einen Parkplatz für Busse und Wohnmobile geben, aber er wollte sich nicht zeigen, so dass wir zwei Kilometer von Roussillon an der Landstraße auf einem merkwürdigen Fleck Erde parkten. Auch wenn das Auto nun schon im 19. Jahr ist, habe ich immer noch Bedenken, dass jemand einbrechen könnte. Nicht, dass dort etwas von Wert zu finden wäre. Ungerne, doch zu allem entschlossen, ließen wir den Camper stehen und machten uns auf den Weg.
Wenn ich an Roussillon denke, erinnere ich mich nur an eines: Ocker. Die Häuser sind alle mit dieser reichen Farbpalette bestrichen, die von gelb-braun bis rot-braun reicht und so ziemlich alle Varianten einschließt. Natürlich ist das Dorf entdeckt, das heißt, Kunstgalerien und Restaurants wechseln sich ab. Trotzdem hat der Ort Charme, weil er eben völlig einmalig ist. Durch die Farben strahlt er etwas Fröhliches aus, das mich an mediterrane Städte erinnert. Die sonst rustikalen Steinbauten sind Farbtupfer in einer lieblichen grünen Landschaft. Wir stiegen bis zu einer Aussichtsplattform, von hier aus hatten wir einen herrlichen Blick auf das Luberon. Gordes sah aus der Ferne nur noch aus wie ein Haufen Steine, aber die Erinnerung, wie mächtig die Häuser in die Höhe steigen, war noch sehr lebendig.
Der Höhepunkt in Roussillon ist zweifellos der Steinbruch. Wir hatten uns den richtigen Tag ausgesucht, denn der blaue Himmel, die Frische der Natur mit ihren zu dieser Jahreszeit leuchtenden Grüntönen und die unglaubliche Vielfalt der intensiven Ockertöne ließen uns ein einmaliges Spektakel erleben. Bizarre Felsgebilde ragten in die Höhe, auch die Vegetation ist einmalig, weil in der ungewöhnlichen Erde eine ganze Reihe von Pflanzen wachsen, die es sonst in der Provence nicht gibt. Schnell waren unsere Schuhe in einen rötlichen Schimmer getaucht, aber das gehört in einem Ockersteinbruch dazu.

Le Sentier des Ocres – Ockersteinbruch

Roussillon

Nach einigen Stunden beschlossen wir, weiterzufahren. Unsere generelle Richtung war Aix-en-Provence, ich wusste, dass einige typische Dörfer auf dem Weg lagen, bevor wir das Luberon verlassen würden. Wir hatten die Auswahl, entschieden uns am Ende für Bonnieux. Es war einer der merkwürdigsten Augenblicke, die ich seit Langem erlebte. Das Dorf ist mein erster Anknüpfungspunkt an meine große Reise vor einigen Jahren. Damals lebte ich im Camper, er war mein Zuhause, ich ein Reisender ohne Ziel und ohne Zukunft, nur der nächste Ort der Reise zählte. Nun, das hat sich verändert. Heute bin ich unterwegs, aber ich weiß, wann ich nach Berlin zurückkehren werde und wann ich wo sein muss.

Bonnieux ist eines der Dörfer, das herrlich malerisch und klein ist, so dass es einen nicht überfordert. Wir ließen es ruhig angehen, setzten uns in ein Café mit Panoramablick und genossen die Aussicht. Gegenüber erkannte ich Lacoste und das Chateau des Marquis de Sade. Roussillon und Gordes waren natürlich gut zu erkennen, Apt erahnte ich hinter den sanften Hügeln. Natürlich stiegen wir noch zur Kirche empor, ein eiskalter Wind ließ uns nicht lange verweilen. Es ist eigenartig. Noch nie habe ich die Provence so erlebt. Schneidende Kälte begünstigte die Entscheidung, weiterzufahren.

Aix war das Ziel, beziehungsweise ein Campingplatz bei Beaurecuil. Als wir abends dort ankamen, beschlossen wir, dass es Zeit für einen ersten Pastis war. Also stiegen wir auf unsere Fahrräder und fuhren nach Le Thoronnet, wo wir Boulebahnen und eine Bar gesehen hatten. Hier beobachteten wir die Kunst des Petang, bei einem starken Anisschnaps. Noch fehlte das perfekte Provencefeeling, dazu muss es viel, viel wärmer sein. Aber es ist schon einmal ein schöner Anfang.

Morgen ist Markttag in Aix. Wir haben unseren Besuch abgepasst.

Bonnieux