Flug Berlin – Athen
Meine Güte, war das aufwendig.
Die Nacht endete um 4:30 Uhr, nicht weil sie musste, sondern weil ich um diese Zeit einfach nichts Besseres zu tun hatte. Es hat wenig Sinn, wach im Bett zu liegen, wenn man sowieso eine halbe Stunde später aufstehen muss. Also wuchtete ich mich hoch, überrascht, dass die Rückenschmerzen der letzten Tage nachgelassen hatten. Gerade zur rechten Zeit, ich hatte schon Befürchtungen, dass sie mir die anreise nach Athen hätten vermiesen können.
Ich weiß nicht, wo die Zeit heute Morgen hingekommen ist. Ich machte ein paar Sonnengrüße, vielleicht zehn Minuten, frühstückte schnell, säuberte die Katzenklos und räumte die Geschirrspülmaschine aus. Und schon waren irgendwie zwei Stunden herum. Katze Daisy beobachtete mich misstrauisch, während Katze Lilly nur darauf wartete, meinen Monitor attackieren zu können, wenn ich YouTube anstellen würde. Den Gefallen tat ich ihr aber nicht. Keine Katastrophen, die man vermeiden kann. Ehefrau Nina sah ich kaum, sie war um fünf aufgestanden, führte danach ihre Morgenroutine aus, wahrscheinlich Yoga.
Dann war es so weit. Ich glaube, gegen dreiviertel sieben machten wir uns auf den Weg zum Ersatzbus der U6. Ich mit dem Rucksack auf dem Rücken und in der dafür vorgesehenen Tasche verstauten Faltrad auf der kleinen Sackkarre, die ich hinter mir herschob und die permanent auf dem Boden schleifte. Das sollte noch wichtig werden. Ehefrau Nina begleitete mich zur S-Bahn. Heute war Streik, doch sie fuhr in Richtung Königs Wusterhausen, mit der Möglichkeit, unterwegs umzusteigen, um die S9 zum BER zu erreichen. Ehefrau Nina schickte ich also in Tempelhof nach Hause, alles sollte von hier problemlos funktionieren.
Das war auch so.
Nach 15 Minuten erreichte ich Baumschulenweg, dort wechselte ich die S-Bahn und war tatsächlich noch vor acht am BER. So ein Aufwand.
Hier borgte ich einen Rollwagen, der die winzige Sackkarre ersetzte, die ich im Gepäck verstaute. Die nehme ich also mit nach Griechenland. Wahrscheinlich vollkommener Blödsinn. Drei Stunden Zeit hatte ich bis zum Abflug. Es kam mir ewig lang vor.
Aber wie es in solchen Situationen ist, wird es kurzweiliger als gedacht. Denn 20 Minuten nach meiner Ankunft machte der Aegean-Schalter auf, ich konnte einchecken. Es dauerte, irgendein Bug im Computersystem. Manchmal ist es gut, Zeit zu haben. Es war alles nicht so wichtig. Hier bemerkte ich, dass durch das Schleifen auf dem Boden meine Fahrradtasche ein Loch bekommen hatte. Der Sattelstiel stach aus dem aufgeriebenen Stoff heraus. Herrlich. Mit einiger Mühe sicherte ich das Rad ab, indem ich die Tasche für die Faltradtasche (!) von innen vor das Loch schob. Ich hoffe gerade während des Fluges, dass alles in Ordnung ist und die Tasche den Flug übersteht. Und mit ihr das Rad.
Jedenfalls war ich überrascht, dass das Rad samt Verpackung nur 16 KG wog. Es kam mir vor wie 30. Aber das ist wahrscheinlich normal. Jedenfalls war ich froh, nach dem Einchecken erst einmal das Gepäck losgeworden zu sein. Das Rad musste ich zum Bulky Luggage bringen. Niemand interessierte sich für das Loch im Beutel. Außer ich natürlich.
Während ich das alles erlebte, schaute ich mir auch den BER an. Und frage mich, nachdem wir alle Jahrzehnte auf diesen Flughafen gewartet haben: Echt jetzt? Das hat so lange gedauert? Es ist ein … na ja … Flughafen eben. Und das war so kompliziert?
Genauso wie damals in Schönefeld ist auch am BER die Security eine Katastrophe. Voll, verwirrend, unangenehm. Auch hier musste ich anstehen, bevor ich ins Allerheiligste des Flughafens vorgelassen wurde. Nichts Neues, ein paar Geschäfte, ein paar Cafés mit Espresso für 3,30 Euro, natürlich die Gates. Und dahin begab ich mich auch, nachdem ich eine Runde gedreht hatte. Ich bin vielleicht etwas streng, der Flughafen ist schon praktisch. Vor allem ist er groß, wenn man bedenkt, dass nur ein Terminal geöffnet ist. Es gibt noch ein zweites und dazu noch den ehemaligen Flughafen Schönefeld. Ich bin nicht auf dem Laufenden, wie das alles nach der Coronakrise zusammenpassen wird. Die machen das schon. Und wenn nicht, dann nicht, wir haben ja Zeit.
Lange saß ich nicht am Gate, dann begann auch schon das Boarding. Und ich fragte mich, wo die drei Stunden hingekommen sind, die ich bereits hier war. Nun, es war stressfrei, das ist nicht unwichtig. Abgeflogen sind wir allerdings mit einiger Verspätung, eigentlich müssten wir schon da sein. Sind wir aber nicht.
Egal.
Es ist Urlaub, ich will mich nicht hetzen. Mal sehen, ob in Athen alles gut geht und ob ich zum Coronatest muss. Lust habe ich nicht darauf. Aber wer hat das schon?
Jedenfalls möchte ich das erste Mal die Metro vom Flughafen nach Piräus nehmen. Habe ich noch nie. Was soll schiefgehen? Ich hoffe, dass ich während der Fahrt das Rad auspacken kann und, vor allem, wieder Luft in die Reifen bekomme. Dann muss ich das Rad nicht tragen, sondern kann es dazu verwenden, wozu es da ist: zum Transport von mir und dem Gepäck.
Ich weiß nicht, ob ich mich schon wirklich auf den Urlaub freue. Ich bin eigenartig gleichgültig. Nicht, dass ich Befürchtungen habe, es läuft und lief bis jetzt alles gut. Aber die Krise hat Spuren hinterlassen.
Ich habe jedoch große Hoffnungen, dass Griechenland so wie immer von einem Augenblick auf den nächsten für das sorgt, was ich brauche: ein entspanntes Willkommen, das plötzliche Verstehen, genau am richtigen Ort zu sein, ein bisschen wie nach Hause kommen, ohne etwas hinter mir gelassen zu haben. Wenn ich da bin, ist immer alles gut. Mehr kann ich nicht erwarten, mehr will ich auch gar nicht.
Es ist ein solch geheimnisvolles Land. Man muss sich in diese Geheimnisse nicht vertiefen, es reicht auch, wenn man es oberflächlich betrachtet. Griechenland wird es einem nicht übelnehmen.
Aber ich will jetzt mehr. Will besser verstehen.
Ich glaube, dass ich mir gerade meine Zukunft ansehe. Es ist nur ein Gefühl, eine Art Hauch, ein Flüstern, das kaum vernehmbar ist. Aber ich höre es.
Nun, jetzt, während ich schreibe, kommt die Freude langsam hoch. Schön, dass es das Schreiben ist, das sie auslöst. Berufung und Ziel vereint.
Kann es besser werden?
Ich glaube, wir sind im Sinkflug nach Athen. Noch kann ich nichts erkennen, aber ich beende den Blog erst einmal für heute.
Morgen mehr, so wie ab jetzt fast täglich.
Ich freue mich jetzt:
Das Abenteuer geht also los. So lange habe ich darauf gewartet.