Regen und Wind. Peitschende Nässe. Unangenehm und erholsam zugleich, denn es gab einen triftigen Grund, im Zelt zu bleiben.
Nun, ganz so schlimm war es nicht, aber mir kam an diesem Tag die Langsamkeit entgegen. Das Museum, das ich besuchen wollte, hat so eigenartige Öffnungszeiten, dass sich der Aufenthalt dort ohnehin erst ab 14 Uhr lohnte. So konnte ich aufräumen, lesen, surfen, was auch immer. Es war wirklich erholsam (Anmerkung vier Jahre später: Was waren das noch für Zeiten, in denen ich entspannt surfen konnte, ohne mir vom Brexit oder anderen rechtsextremen Projekten die Laune verderben zu lassen).

So also machte ich mich dann gegen halb zwei auf den Weg in die Stadt. In der Luft lagen tausende winzigster Regentropfen. Es war erfrischend, wenn auch etwas kühl.
Das Musée du Port entpuppte sich als echtes Kleinod. Also so klein war es eigentlich nicht. Natürlich dreht es sich bei den Ausstellungen um die Schifffahrt, von denen einige Aspekte behandelt werden. Ich muss gestehen, mich mit der Thematik nicht auszukennen, so dass mir auch das französische Vokabular kaum geläufig war. Aber ich war zu stolz, um nach einem Audioguide zu fragen, den es hier gratis gibt. So schlug ich mich durch. Es ging auch so. Irgendwie.
Selten habe ich so viele Schiffe und Boote in einem Raum gesehen. Auf zwei Etagen übrigens. In die Wände eingelassen sind Fernsehen, die verschiedene Filme zeigten (also das machen, wozu Fernseher im Allgemeinen da sind). Fasziniert schaute ich zu, wie aus einem gewaltigen Baumstamm ein Boot entstand. Was für eine Arbeit. Schaben, immer wieder schaben. Und umdrehen, ausleeren, weiterschaben. Am Ende wurde das Boot über ein Feuer gelegt und wirklich und wahrhaftig gedehnt.
Ebenfalls interessant waren Fotografien von Hafenarbeitern aus Sansibar. Die Augen, die aus den dunklen Gesichtern starrten, sagten Vieles über die Menschen. Manche lächelten hoffnungsfroh, andere blickten gütig drein, während andere abgeschlossen zu haben schienen, mit der schweren Existenz. Dabei sind es doch die Menschen, die beim Verladen all der Konsumartikel helfen, nach denen wir alle uns so sehnen. Natürlich sind es die Verlierer, denn ihre Arbeit dürfte kaum etwas wert sein, monetär gesehen. In eine ähnliche Richtung geht ja auch der Arbeitsmarkt in Deutschland.
Nachdenklich verließ ich das Erdgeschoss und stieg in die erste Etage. Wieder sah und bestaunte ich Boote. Segelschiffe samt Takelage. Ich stellte mir vor, so etwas steuern zu müssen. Ohne Übung und Erfahrung unmöglich. Und doch steigt in mir der Wunsch, einen Bootsführerschein zu machen. Ich werde mich mal erkundigen. Es muss doch herrlich sein, die Ägäis auf und ab zu schippern.
Da der Sardinenfang in Douarnenez eine so große Rolle spielt, ist ihm auch ein Teil der Ausstellung gewidmet. Ich sah in einem Kurzfilm, wie man die Tiere fängt. Ein Netz wird immer enger zusammengezogen, bis nur noch silberne Leiber umherhüpfen. Schon ein bisschen grausam, da die Tiere, einmal an Bord gebracht, elendig ersticken.
Eine Sonderausstellung beschäftigt sich mit dem Transport von Waren. Holzkisten sind zu sehen, die dafür genutzt wurden, bevor es Container gab. Im Grunde geht es bei diesem Teil der Ausstellung um die Ausmaße des Gigantismus. Um Containerschiffe und den Wachstum des Handels an sich. Es ist kaum vorstellbar, wie groß diese Handelsschiffe heutzutage sind. Größer als alles, das sich irgendwie auf dieser Welt bewegt. Man muss sich diesen Wahnsinn einmal vorstellen. Welche Massen bewegt werden, damit wir glücklich sind. Aber wir sind es natürlich nicht, denn wenn ein Bedürfnis (meist künstlich geschaffen) befriedigt ist, taucht aus dem Nichts ein neues auf. Ich nehme mich davon nicht aus, glaube allerdings, dass echte Freiheit anders aussieht. Unser Glück liegt m.E. Darin, es zu schaffen, den stetigen Drang nach mehr und mehr Besitz unter Kontrolle zu bekommen und somit diesem Hamsterrad zu entkommen.
Aber ich schweife ab.

Port-musée Douarnenez

Das Museum hat noch mehr zu bieten. Draußen am Pier liegen historische Boote. Laut Rough Guide sollen es sieben sein. Heute waren davon zumindest zwei zugänglich. Ich weiß nicht, wozu das erste benutzt wurde. Das zweite war eine Art „Sandschlepper“ mit großem Kran. Vielleicht entstanden so die wundervollen Strände hier. Oder die Sandbänke, Schrecken der Seefahrer, wurden so entschärft. Klingt plausibler. Besonders jedoch das erste Schiff war interessant, weil es größer ist und räumlich interessanter. Aber auch hier galt: Die Schifffahrt war nichts für Klaustrophobe. Oder Schizoide.
Die Kabinen waren winzig, selbst die für den Kapitän. Für die normalen Matrosen jedoch wirkte es schon beängstigend. Winzige Kojen, ohne Privatsphäre. Aber so war oder ist es nun einmal. Auch die Küche war klein. Ein Mann passte hinein, konnte sich vielleicht problemlos umdrehen. Aber einen Schritt zur Seite konnte er nicht machen.
Der Maschinenraum war ebenfalls begehbar. Hier stand auch die Jahreszahl des Baus des Schiffes: 1929. Es hat sicher viel gesehen und stammte übrigens aus England.
Was mich beeindruckte, waren die steilen Treppen und winzigen Türen. Selbst ich mit meinen nur 1,70 Metern und 63 Kg passte kaum hindurch, hatte trotz guter Fitness Schwierigkeiten. Einige ältere Herrschaften jedoch scheiterten fast an den engen Aufstiegen. Es sah halsbrecherisch aus. Alles in allem also ein kleines Abenteuer. Ich habe den Besuch in diesem einmaligen Museum wirklich genossen. Drei angenehme Stunden habe ich hier verbracht.
Viel mehr machte ich danach nicht. Einige Besorgungen im Supermarkt, die mich, wie ich finde, viel zu viel Zeit kosten. Es ist der Preis dafür, weil ich mich im Moment weigere, viel zu planen, so dass ich jeden Tag einkaufen gehen muss. In jedem Fall leistete ich mir eine billige (und leichte) kleine Pfanne, weil ich die ständigen Konserven nicht mehr sehen kann. Bohnen und Linsen, manchmal Ravioli. Und das in Frankreich. Was für ein Verbrechen. So gibt es heute spanisches Omelette und frischen Salat. Zumindest etwas gesünder als der Dosenfraß.
Das Wetter wurde übrigens langsam besser. Ein Hauch von Frühling lag in der Luft, der ja eigentlich längst hätte da sein müssen. Doch ab morgen soll es mit den Temperaturen wieder aufwärts gehen. Dann wäre es vorbei mit der Thermo-Unterwäsche. Im Grunde kann ich es kaum erwarten. Es ist so wichtig, gut zu schlafen. Dann sind die Tage doppelt so intensiv.
Also hoffen wir.