Catania

Gestern habe ich wieder nicht viel unternommen, ein Zeichen also, dass ich langsam abfahren muss. Selbst das Schreiben ging nicht so gut von der Hand, was mir etwas Sorge bereitet. Wenn ich reise und mich bewege, scheint auch mein Geist besonders rege, sobald ich irgendwo ausharre, verlangsamt sich alles. Ich hatte immer gedacht, dass das Reisen mir zeitlich im Wege stehen würde, jetzt aber stellt sich heraus, dass es vielleicht sogar dafür verantwortlich ist, dass ich mich überhaupt kreativ betätigen kann. Nun, ich werde noch nicht aufgeben. Disziplin ist alles, daher werde ich jetzt und später wieder in Berlin versuchen, mir auch dort die Routine aufzubauen, die ich gerne haben möchte. Das ist letztlich der Schlüssel zum Erfolg, die Beharrlichkeit und der eiserne Wille. Dazu gehören natürlich auch Schwächeperioden, aber am Ende wächst man selbst daran. Dabei habe ich herausgefunden, dass jeder erfolgreiche Mensch die Niederlage kennt. Keiner siegt immer, nur diejenigen, die „es geschafft“ haben, scheinen von diesen gelernt und auf weiten Strecken profitiert zu haben. Das darf ich nie vergessen, auch wenn meine Erfolglosigkeit seit Jahren anhält, darf ich nicht aufgeben. Es werden auch die Stunden kommen, in denen sich das Blatt wendet.

Aber das sind düstere Gedanken für einen solch schönen Morgen. Zwar fehlt der Sonne weiterhin die Intensität der vergangenen Woche, aber immerhin ist es einigermaßen warm. Gestern Nacht, kurz vor dem Einschlafen, hörte ich den Wellen zu. Es ist einfach wundervoll, vielleicht ist es das, was ich am meisten vermissen werde. Diese Ruhe und Stille, dabei der gleichmäßige Atem des Meeres. Nun bin ich so lange gereist, habe es nicht immer so wahrgenommen, wie ich es gewollt hätte. Aber am Ende der Reise ist es da, genau wie am Anfang, vor fast zehn Monaten in Tarifa. Gerade als ich diese Zeilen geschrieben habe, bekam ich leise Zweifel, ob mir die Abfahrt morgen gelingen wird. Vielleicht folgt mir das gute Wetter noch bis nach Kalabrien, danach aber ist sicher Schluss damit. Es ist für mich ein Graus mir vorzustellen, dass dann erst im Mai der Frühling in Deutschland auf mich wartet. Die Wärme folgt mir seit Monaten.
Und jetzt soll ich sie aufgeben?