Auf dem Weg nach Granada

Nach so vielen geglückten Reisetagen erlebte ich heute einmal einen, der nicht so gut verlief wie geplant. Eigentlich wollte ich nach Malaga, war bereits recht früh aufgebrochen, doch die Zeitverschiebung machte mir immer noch zu schaffen, so dass ich erst gegen weit nach neun erwachte. Für einen Frühstarter wie mich ist das immer eine kleine Katastrophe, weil der Tag dann erst gegen Mittag wirklich beginnt und mir gefühlt weniger Stunden zum Erleben bleiben. Das stellte sich aber nur als Kleinigkeit heraus. Wie erwartet fuhr ich nach elf Uhr ab. Die Strecke war bis Malaga nicht wirklich schön, vorbei an Neubaugebieten, die inzwischen die gesamte Länge des Mittelmeers einnehmen. Dazwischen und auch in den angrenzenden Hügeln immer wieder Villen, die mehr oder weniger in die Landschaft passen, insgesamt ein dicht bebautes Gelände, das ohne Bauwerke sicher seinen Reiz hätte, aber so…..

Das zog sich bis Malaga, ich ignorierte diese Form der Hässlichkeit so gut ich konnte. Was ich nicht ignorieren konnte, war allerdings die Tatsache, dass ich meinen Camper in Malaga nicht los wurde. Ich weiß gar nicht, wie lange ich durch die Stadt kurvte, weit mehr als eine Stunde. Hätte ich nicht das Navi gehabt, ich wäre sicher verloren gegangen und jämmerlich am Straßenrand verhungert. So etwas habe ich noch nie erlebt, selbst das Hinausfahren aus dem Zentrum brachte keinen Erfolg. Ich war mittlerweile sogar bereit, etliche Kilometer mit dem Rad zurückzulegen, doch auch dieses kleine Versprechen machte keinen Parkplatz frei. Es war wie eine sich sträubende Geliebte, die alles dransetzt, sich nicht erobern zu lassen. Nervig, so etwas. Sie gab mir keinen Raum, um zu ihr vorzudringen. Als ich endlich, ca. 7 Kilometer außerhalb des Zentrums, einen Parkplatz erspähte, setzte erst Wind, dann Regen ein. Es war bitterkalt. So hatte ich mir die Costa del Sol nicht vorgestellt. Also zeigte mir die Angebetete die kalte Schulter. Ich muss so etwas respektieren. Und wie es auch sonst meine Art ist, lasse ich mir diese Zickigkeit nicht bieten. Denn meine Erfahrung sagt, dass sich der Aufwand in solchen Fällen häufig kaum lohnt, denn wenn man erst einmal die kleinen Geheimnisse penetriert, langweilt man sich meist zu Tode. Also setzte ich mich wieder in den Camper und fuhr weiter. So viel Geziere ist ja nicht zum Aushalten.
Bis dahin kämpfte ich natürlich mit mir, ob ich nicht am nächsten Tag einen erneuten Versuch starten wolle. Ich erreichte den anvisierten Campingplatz, zu dem ich eigentlich erst nach dem Besuch Malagas fahren wollte, bereits um 13 Uhr, viel zu früh, besonders in Anbetracht des Wetters, das mir gehörig auf die Nerven ging. Wieder regnete es, das Meer hatte einen düsteren Schimmer, der mich bedrohlich anstarrte. Was zu viel war, war zu viel, ich startete durch, in vollem Bewusstsein, dass es eine Weile dauern würde, bis ich wieder hier sein würde. Doch hatte ich nicht die geringste Lust auf diese klamme Untätigkeit, die mich jetzt hier erwartet hätte. Im Nirgendwo, 30 Kilometer entfernt von Malaga, bei kaltem Wetter – es schien mir alles unüberwindbar und trostlos. Also weiter, nach Granada, das ich eigentlich erst später anfahren wollte.

Es war eine schicksalhafte Entscheidung, denn die Strecke stellte sich als mörderisch langsam heraus. Ich musste mitten durch die Berge, wahrscheinlich Ausläufer der Sierra Nevada. Die Transe schmiegte sich an die Serpentinen, schob sich gemütlich immer weiter nach oben, während ich in den engen Kurven Blut und Wasser schwitzte, denn der Gegenverkehr brachte mir so manchen LKW näher als mir lieb war. Die Aussichten waren fantastisch, doch irgendwie war ich heute nicht in de Stimmung, sie zu genießen. Für mich lag die Strecke vor mir, die ich zu überwinden gedachte, und in diesem Fall werden Serpentinen zu echten Hindernissen, die einen ungemein aufhalten. Ich benötigte drei Stunden für eine Strecke von 90 Kilometern, an deren Ende ich eine weitere unglückliche Entscheidung traf. Statt den Campingplatz etwas außerhalb entschloss ich mich, den in Granada direkt anzufahren. Leider waren die Koordinaten meines ADAC Campingführers so schlecht recherchiert, dass ich irgendwann am Ziel angekommen war. Dachte ich zumindest, denn ich befand mich auf dem Parkplatz eines Häuserblocks. Also kurvte ich weiter in der Gegend herum, der Feierabendverkehr staute sich vor und hinter mir und ich wurde immer erschöpfter. Endlich erkannte ich die Gegend wieder, denn vor sieben Jahren war ich das letzte Mal hier gewesen. Zwar hatte sich die Lage des Platzes nicht verändert, aber alles andere. Die Preise waren so heftig gestiegen, dass ich sofort einen regelrechten Energiestoß bekam. Ich machte mich sofort auf in Richtung meiner ersten Wahl, die ich bereits vor anderthalb Stunden erreicht hätte, wenn mir nicht manchmal diese Schnapsideen einfallen würden. Auch dieser Campingplatz lag laut Koordinaten mitten in einem Feld. Dann erst schwante mir, dass ich das falsche Format in meinem Navi eingegeben hatte. Viel zu spät fiel es mir auf, vorhin hätte mir das sicher mehr als eine Stunde Berufsverkehr erspart. So also fand ich den Platz, nach nunmehr sieben Stunden Autofahrt, in denen ich ungefähr 200 Kilometer zurückgelegt hatte, frustriert, müde und hungrig. Doch das wird vergehen, ich werde einige Tage hier verbringen, auch in der Hoffnung, dass das Wetter so wird, wie ich es im Mai von Andalusien erwarte. Das ist ja sonst nicht zum Aushalten.