Imst

Viel kann ich von diesem Tag heute nicht berichten. Ich erwachte und spürte den Muskelkater von der gestrigen Wanderung. Dass kurz danach der Regen einsetze und bis jetzt nicht mehr aufhörte, gehört wohl zu den Geschichten eines völlig normalen, verregneten Herbsttages. Ich wäre heute wohl die Rosenschlucht angegangen, aber daran war nicht zu denken. Gegen 12 machte ich mich auf, als es kurzzeitig etwas weniger regnete, um wenigstens einen kurzen Spaziergang in die Stadt Imst zu machen. Wie zu erwarten war, ist eine österreichische Kleinstadt an einem regnerischen Sonntag alles andere als aufregend. Wahrscheinlich genauso energetisch wie an einem Sonntag bei strahlend schönem Wetter. Also machte ich die Runde, ging von einem Ende bis ans andere und drehte dann um. Halbwegs trocken kam ich im Camper an, was an ein Wunder grenzt, denn kurz danach öffneten sich die Schleusen. Und das war im Grunde die Geschichte des Tages. Aber selbst in diesen kurzen, aktiven Momenten kann man etwas erleben. Ich entdeckte das Kino in Imst, das einen recht verwahrlosten Eindruck machte. Kein Wunder, denn es scheint seit Jahren geschlossen zu sein, wenn man den Plakaten trauen darf. Ich schaute dennoch durch die Fenster und entdeckte die Zeugen der Abschiedsparty, zumindest möchte ich das glauben. Verstaubte Flaschen standen im winzigen Foyer, Papier lag herum und auf einem Tisch entdeckte ich eine Pizza-Packung. Es sind die letzten Beweise einer Feier, die hier vor langer Zeit stattgefunden hat. Wie eingefroren wirkt die Szene, und auch wenn ich nicht weiß, ob die Leute froh waren, dass es endlich vorbei ist oder das Gegenteil, lässt sich nicht mehr feststellen. Aufgeräumt haben sie jedenfalls nicht mehr. Ich bin ihnen dankbar dafür, denn meine Fantasie spielt gerade mit den Szenen, die sich abgespielt haben könnten. Jetzt hat Imst jedenfalls kein Kino mehr.
Zu allem Überfluss habe ich heute nicht geschrieben. Wie auch gestern schon nicht. Dabei hatte ich vorgehabt, die verkrustete Gewohnheit, am Wochenende nicht zu arbeiten, wieder durchbrechen zu können. Aber es reiht sich ein in diesen verregneten Tag, an dem ich so wenig Energie habe, weil ich schlichtweg so wenig getan habe. In jedem Fall muss ich es etwas ernsthafter angehen. Meine Tätigkeit als Schriftsteller, meine ich. Sonst gehe ich noch als größter Faulpelz in die Geschichte ein. Unberechtigt wäre es zumindest nicht, aber das muss ja keiner wissen. Wenn ich daran denke, was ich eigentlich zu tun hätte – und das involviert noch nicht einmal Tätigkeiten, die etwas mit einem regulären Broterwerb zu tun haben – wird mir schlecht. Ich will es gar nicht aufzählen.
Ab morgen wird alles besser. Bleibt nur zu hoffen, dass ich mich an dieses Semi-Versprechen auch noch erinnere und es nicht, wie so oft, erfolgreich verdränge.