Regensburg

Vier Tage ausgelassen.
Es hat einen guten Grund, denn den Familienbesuch möchte ich eigentlich nicht besonders ausbreiten. Auch habe ich nicht geschrieben, denn in den letzten Tagen waren andere Dinge wichtig. Nur soviel: Regensburg ist mit Sicherheit eine Reise wert. Allein die Donau, dieser Gigant der Flüsse, macht viel her. Alles scheint sich darum zu bewegen, ob Stadt, Sehenswürdigkeiten oder Menschen. Ich hatte das große Glück, mitten in der Stadt campen zu können, direkt unter den Türmen des Doms im Domgarten. Nichts lässt sich mit dem Gefühl vergleichen, aus dem Camper ins volle Leben zu treten.
Weil ich auch schon einmal in der Nähe war, haben wir uns die Walhalla angesehen, jenen Deutsch-Tempel mit allerlei Büsten und Inschriften von „großen“ Deutschen der Geschichte. Ich muss gestehen, dass ich einige Probleme damit hatte. Erstens handelte es sich bei den meisten Personen um Menschen, die zur Zeit der Erbauung des dorischen Tempels gewirkt haben, heute also kaum noch bekannt sind. Aber auch das ist eine Ironie der Geschichte, denn wer weiß schon, was von einem wirklich bleibt, wenn die Machtposition und das Leben erst einmal vorbei sind. Gefreut haben mich doch einige Büsten. Der Dichter Jean Paul war dabei. Goethe (war auch da) kennt ja jeder, aber Jean Paul? Verdient hat er es allemal, so lebt er hier zumindest auf Augenhöhe mit seinem Dichterkollegen zusammen, den man aus irgendeinem Grund so viel besser kennt als ihn. Schiller habe ich übrigens nicht entdecken können. Hätten sie mal lieber Goethe weggelassen. Auch eine Büste von Sophie Scholl ist ausgestellt, eine von nur wenigen Frauen. Das bayrische Patriarchat lebe hoch. Obwohl sie auch den eisernen Kanzler aufgenommen haben, aber um den sind sie sicher nicht herumgekommen. Frei nach dem Motto: Wer uns unterdrücken kann, hat seinen Platz verdient: Mir san ebn mia. Am schönsten aber an der Walhalla, die innen mit dem roten Granit und den Koren wirklich prächtig ist, ist allerdings die Aussicht auf die Donau. Alles passt hier zusammen, der perfekt ausgerichtete dorische Tempel, der auch für sich allein eine Augenweide ist, die Donau im Hintergrund. Wegen dieser Aussicht sollte man die Walhalla aufsuchen.
Durch die Regensburger Altstadt könnte man stundenlang wandern, es gibt viele Details zu entdecken, viele Panoramen zu bewundern. Im Detail kann ich nicht darauf eingehen, denn so genau habe ich es nicht erkundet, gebe hier nur einen Eindruck ohne Recherche wieder. Da aber mein Besuch ein großer Erfolg war, werde ich sicher noch einmal hier sein. Das Schöne ist, wenn man jemanden vor Ort kennt, bekommt man eben auch Dinge zu sehen, die kaum jemand sonst zu sehen kriegt. Der Nachteil: Ich kann nicht darüber berichten, was ich habe versprechen müssen. So bleibt das vielleicht schönste Ereignis unerwähnt. Vielleicht, eines Tages, werde ich davon berichten. Die Gefahr ist natürlich, dass dieser geheime Ort ganz sicher von allen gesehen werden will. Dadurch verliert er letztlich seine Mystik. Also bleibt es wahrscheinlich dabei, dass ich nur einen kleinen Text für mich schreibe. Auf der Webseite werde ich ihn sicher nicht veröffentlichen, obwohl es in meinen Fingern juckt.

Gestern fuhr ich aus Regensburg ab, dabei spielten die Eisheiligen mit mir Katz und Maus. Gewitter, Hagel, Sturm, sintflutartige Regenfälle und Staus von vielen Kilometern Länge machten die Reise wirklich interessant. Völlig abgekämpft kam ich bei Sélestat auf einem Stellplatz an. Es hatte auch sein Gutes. Denn was soll man sonst an solch einem Tag machen? Fahren, fahren, fahren, und das immer weiter in Richtung Sonne.
Da ich vor erst einem halben Jahr im Elsass gewesen bin und das Wetter nicht gerade zum Wandern einlud, beschloss ich, auch heute weiterzufahren. Es war ein schöner Weg, entlang an Flüssen und interessanten Felsformationen. Garmin spielte mir den einen oder anderen Streich, ansonsten aber ging alles viel zügiger als gestern.
Nun bin ich irgendwo zwischen Lausanne und Lyon im Jura-Gebirge, genieße gerade die Rückkehr des Frühlings und freue mich auf einen kleinen Ausflug zum nahegelegenen See.
Ich habe nachgesehen. Es sind nicht einmal 600 Kilometer nach Nizza. Das geht aber flott voran. Ich bin froh, schon so weit zu sein. Irgendwann ist auch einmal Schluss mit der Fahrerei. Von nun an werden die Etappen immer kleiner.
Auf diese Weise habe ich mehr Zeit zum Reisen und – ultimativ – auch zum Schreiben.