Wie erwartet, kam ein Verkauf hier auf dem Platz nicht zustande. Daher musste ich mich nun wohl oder übel damit auseinandersetzen, dass ich das gute Rad in der Stadt loswerden musste. Ich suchte im Internet nach Fahrradläden. Keiner davon schien mir besonders geeignet. Meine Befürchtung, am Ende auf dem Rad sitzen zu bleiben, wuchsen etwas. Aber ich wollte nicht schon vorher aufgeben. Gegen zehn radelte ich los, beinahe schon wehmütig, dass ich hier nicht mehr Rad fahren würde. Aber woher wusste ich das eigentlich? Vielleicht würde ich am Sonntag auf dem Flughafen damit dastehen, es unangeschlossen und grimmig zurücklassen und wieder ein paar negative Erfahrungen reicher sein?

Im ersten Laden wurde ich es nicht los. Die sog. Hangars an der Dordogne mit ihren teuren Modeläden waren sicher nicht der richtige Ort dazu. Unweit davon dann der zweite Laden. Wieder nichts. Le bon coin dot com. Das wäre noch eine Möglichkeit. Es war das dritte Mal, dass ich davon hörte, eine Art Ebay Kleinanzeigen auf Französisch. Wenn alle Stricke rissen, würde ich es dort versuchen. Aber das würde bedeuten, dass ich es wahrscheinlich erst morgen Nachmittag verkaufen könnte. Das Rad war mir mittlerweile zu einer Art Last geworden. Nein, ich wollte es loswerden. Noch drei Geschäfte hatte ich herausgesucht.

Der nächste Laden, Vélo Bordeaux, liegt ganz nahe der Innenstadt. Das sah besser aus, denn her standen gebrauchte Räder vor dem Laden. Aber trotzdem war ich skeptisch. Der Besitzer war misstrauisch.

„Will ein Rad verkaufen“

„Aha. Kommt darauf an“

„Echt? Klar“

Dann zeigte ich ihm das Rad. Ich wusste, dass er eine Chance sah. Ich erzählte, was ich damit gemacht hatte und warum ich es verkaufen wollte. Ich kann mir denken, dass die Leute hier skeptisch sind, weil die Dinger sicher oft gestohlen werden. Aber die Angelegenheit entwickelte sich, denn ich hatte ja die Rechnung. Außerdem war das Rad wirklich neuwertig.
Wir wurden uns schnell handelseinig. Sicher bekam ich nicht die Summe, die ich gehofft hatte, aber ich bekam das, was ich als absolute Schmerzgrenze ausgemacht hatte. Ich weiß, dass ich kein guter Händler bin. Außerdem war es wohl ersichtlich, dass ich es ein bisschen eilig hatte. 80 Euro bekam ich dafür, ganz sicher nicht der Preis, der den Wert des Rades widerspiegelte. Aber ich war es los. Beinahe beschwingt lief ich durch die Gassen in Bordeaux, aller Lasten befreit. Nicht ganz, denn mein Magen meldete sich. Schon in den letzten Tagen hatte ich hin und wieder Probleme gehabt. Nun aber wurden die Schmerzen größer. Mit wackeligen Beinen suchte ich den Jardin Botanique auf und legte mich ein wenig in den Schatten. Es half etwas, trotzdem fuhr ich bald darauf zurück. Ich hatte eigentlich kaum etwas unternommen.

Wie sich herausstellte, wurde die Krankheit noch schlimmer. In der Nacht konnte ich kaum ein Auge schließen. Krämpfe schüttelten mich, dazu Schüttelfrost und Gliederschmerzen. Aber es war nicht so schlimm wie vor acht Jahren in Albanien, wo ich über eine Woche krank war, vier davon komatös in meinem Camper gelegen hatte. Ich habe daran kaum eine Erinnerung. Auf diese Weise wurde also der letzte Tag hier eingeläutet. Ich würde wieder eine Aufgabe haben: Mich fit für den Rückflug zu machen.

 

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