Ölüdeniz/Fethiye

Unglaublich, welchen Einfluss eine kleine Wanderung auf mich hat. Anscheinend hat sie mich so überfordert, denn meine Muskeln wollten nicht so recht. Trotz der schweren Beine stand ich zeitig auf, aber der Schwung fehlte völlig, was sich den ganzen Tag nicht änderte. Dabei war es keine unangenehme Energielosigkeit, sondern eigentlich ein gutes Gefühl, das aus einer wundervollen Aktivität geboren war, sicher eine Auszeit des Körpers, der mir trotzdem mitteilte, dass es ihm gut ging. Auch wenn er sich weigerte, an diesem Tage allzu zu tun. Meine morgendliche Arbeitssession absolvierte ich natürlich, ich habe es nun beinahe geschafft. Einige Tage noch, dann steht das Werk, auch wenn sich die Freude darüber noch einstellen muss. Kommt sicher noch.

Vielleicht liegt es am Sonntag, der ja schon in den letzten Wochen immer ein gern gesehener Tag zum Ausspannen war. Aber kaum etwas trieb mich heute an. Erst gegen Mittag fand ich die Entschlossenheit, doch noch eine positive Aktivität zu suchen. Also lief ich in den Ort und nahm einen Bus nach Fethiye. Es schien mir geeignet, denn laut Rough Guide gibt es dort ohnehin nicht viel zu sehen. Doch selbst die wenigen Sehenswürdigkeiten schaffte ich nicht. Der Hafen war zugeparkt mit Booten, das Wasser kaum zu sehen. Auf ein Café hatte ich keine Lust, also schlenderte ich über den Basar, wo es die üblichen Produkte gibt. Ein lustiges Schild bemerkte ich, über einem Uhrengeschäft: Genuine Fake. Echt gefälscht, wenn ich es richtig verstehe. Zum Kaputtlachen. Wenigstens gaukeln sie einem nichts vor wie in Bosnien.

Ich entdeckte beim Laufen zufällig das antike Theater, von dem kaum noch etwas übrig ist. Traurig steht es in einer Ecke am Hafen, bröselt vor sich hin, wird von Teenagern mit Graffiti besprüht. Etwas schade ist es schon, aber am Ende gibt es so viele davon, dass mich das kaum noch berührt. Vielleicht wäre das am Anfang der Fahrt anders gewesen, doch heute, in meinem müden Zustand, schaffte ich es nicht, einen Sturm der Entrüstung in mir zu entfachen. Stattdessen kaufte ich einen Döner. Man, bin ich tief gesunken.

Eigentlich wollte ich noch nach den berühmten lykischen Särgen suchen, aber ich konnte mich nicht mehr aufraffen. Selbst eine ernsthafte Suche nach einem Kino war zu viel, mir fielen fast die Augen beim Gehen zu. Ich glaube, erst in diesem Moment merkte ich, dass ein Tag am Strand heute auch gereicht hätte. Vielleicht wäre ich gänzlich mit meiner Überarbeitung des Romans fertig geworden, vielleicht auch nicht, welche Rolle spielen schon ein oder zwei Tage mehr.

In jedem Fall bin ich noch die Auflösung von gestern schuldig. Zu einer noch annehmbaren Zeit von 22 Uhr war die Party zu Ende. Heute führten die Erkundigungen meines österreichischen Platznachbarn zu der Erkenntnis, dass die Hochzeitssaison hier endgültig vorbei ist, somit keine weiteren Partys mehr stattfinden. Ich bin sehr froh darüber, denn es gefällt mir wirklich. Auch wenn mich Wanderungen überfordern, heißt es nicht, dass ich sie lassen werde. Von einem deutschen Paar habe ich den Tipp bekommen, hier ein Stück des lykischen Weges zu laufen zu können (Anmerkung ein Jahr später, für Kenner: Natürlich stellt die Strecke von Ölüdeniz nach Kayaköy die erste Etappe dar. Das wusste ich allerdings damals noch nicht.). Das mache ich morgen, wenn ich mich fit genug fühle. Wenn nicht, einen Tag später. Leider wird in den nächsten Tagen das Wetter wieder umschlagen, also genau zu dem Zeitpunkt, wenn Nina ankommt. Typisch. Aber einige Tage im Camper sind sicher auch nicht schlecht.

Für heute ist es genug. Mir fallen beinahe die Augen zu und es ist nicht einmal acht.