Ste Croix de Verdon

Ein herrlich nutzloser Tag, der da gerade zu Ende plätschert. Viel getan habe ich nicht, außer den Camper zu putzen. Es ist eigentlich ein übersichtlicher Raum, doch je mehr ich ausräumte, desto größer schien er zu werden. Einige Reparaturen standen auch an, Kleinigkeiten, die sich angesammelt hatten, vor allem lose Schrauben. Mehr als zwei Stunden war ich zu Werke, mehrere Eimer schmutziges Wasser trug ich zur Entsorgungsstelle. Ich muss gestehen, es war eine erstaunliche Angelegenheit, denn ich muss ja wochenlang in diesem Dreck gelebt haben. Das wundert mich nicht bei mir, auch die Tatsache, dass sich erstaunlich viel Müll angesammelt hat, den ich jetzt entsorgte. Das Merkwürdige daran ist, dass er mir vorher nicht aufgefallen war, aber er lag überall verteilt herum, meist Kassenzettel oder Broschüren/Stadtpläne aus Touristenoffices. Zwei beachtliche Mülltüten kamen so zusammen.
Als ich alles wieder eingeräumt hatte, empfand ich den Zustand allerdings nicht anders als vor dem Putzen, zugegeben es ist jetzt sauberer, aber der Raum sieht nach der ersten Mahlzeit beinahe genau so aus.

Ich befinde mich auf einem dicht bepackten Wohnmobil-Stellplatz, trotzdem ist es ein fantastischer Ort zum Schreiben. Ich sitze auf einem schmalen Kiesstreifen vor der Transe, habe einen großartigen Blick auf den (künstlichen) See und kann auch einige Gebäude des mittelalterlichen Dorfes Ste Croix erspähen. Mein Gang durch den Ort heute war sehr kurz, denn viel gibt es nicht zu sehen, trotzdem war es schön. Der See ist von unten genau so friedlich wie von hier oben, noch ist nicht viel los und außer einigen Wassersportlern und Touristen hält sich niemand dort auf. Am Wasser probiert sich auch ein Campingplatz, auf dem einige Touristen mit ihren Zelten stehen. Die Wohnmobile zwängen sich oben auf dem Stellplatz aneinander, doch letztlich ist es eine Frage der Wirtschaftlichkeit. Warum für etwas bezahlen, das man für wesentlich weniger Geld bekommen kann?
Es war außerdem ein Tag des Lesens. Trotz unseres gemeinsamen Urlaubs hier letztes Jahr kennen Nina und ich die Gegend kaum. Auch habe ich das Gefühl, dass sich viel mehr historische Orte in der Provence befinden als beispielsweise in Spanien. Wahrscheinlich ist mein Bewusstsein ein wenig gefärbt, denn die französische Lebensart ist mir seit Jahrzehnten recht nahe, schon durch meine charmanten, wenn auch nahezu sinnlosen Versuche, diese wundervolle Sprache zu lernen. Auch wenn ich das Gefühl habe, in den letzten Monaten einige Fortschritte gemacht zu haben. Ich war immer überzeugt, dass mir zum einigermaßen flüssigen Gebrauch des Französischen ein halbes Jahr Aufenthalt im Land fehlen. Vielleicht kann ich meinem Ziel in den nächsten drei Wochen noch etwas näher kommen.

Meine Lektüre bestand aus dem Durchblättern des Rough Guides, der leider schon fast 10 Jahre alt ist und sich damit hinsichtlich der Aktualität der Tipps ein wenig überlebt hat. Nina bringt einen neuen mit, der sich nur mit der Provence beschäftigt. Dann wird die Entscheidung, welche Orte wir besuchen wollen, sicher noch schwerer. Letztes Jahr waren wir eher im Raum Avignon, ich bin sicher, dass wir jetzt ebenfalls Städte an der Cote d’Azur besuchen werden. Es gehört auch einfach zur Strecke.

Um 13 Uhr sollte die Fußball-WM beginnen, hat sie sicher auch, nur ohne mich. In keinem der drei Restaurants war ein Fernseher, ich empfand es als Wink des Schicksals. Fußball ist eben nicht Cricket, da wäre ich ambitionierter gewesen. Vielleicht habe ich heute Abend mehr Glück, Frankreich spielt gegen weiß ich wen.
Meiner morgigen Fahrt sehe ich mit etwas gemischten Gefühlen entgegen. Sie führt mich entlang der Verdon, den legendären Schluchten, die ein Markenzeichen der Provence sind. Das heißt aber auch, dass es eine nicht ganz entspannte Fahrt werden wird. In jedem Fall mache ich mich recht früh auf den Weg, vielleicht kann ich dann beide Ziele – die schöne Landschaft bestaunen und eine bestimmte Strecke zurücklegen – relativ entspannt erreichen.