Letzter Tag auf Kreta und Abfahrt nach Piräus
Ein eigenartiger Tag.
Der letzte auf Kreta.
Es ist noch einmal ziemlich warm geworden. Nachdem es besonders in Kissamos vor fast zwei Wochen ziemlich kühl war, besonders nachts, war es in dieser letzten Nacht im Zelt mild. Ich weiß gar nicht mehr, warum ich meinen alten Schlafsack ersetzt habe, aber so ist das immer, wenn das Bewusstsein vergisst und die äußeren Umstände sich ändern.
Es war ein herrlicher Morgen und ich dachte mir, dass ich es gut getroffen hatte. Ich fragte an der Rezeption des Campingplatzes, ob ich das Zelt einfach aufgebaut lassen konnte, um es später am Nachmittag abbauen zu können. Das schien mir das Beste zu sein. Ich packte alles zusammen, ließ aber das Zelt stehen. So war alles geschützt, aber was sollte passieren?
Es kam natürlich anders.
Gegen halb elf machte ich mich auf den Weg nach Chania, ein letztes Mal. Viel Lust verspürte ich nicht, aber was soll das schon heißen?
Ich schaute während des Radelns auf das Meer und entdeckte die düsteren Wolken. Sie waren beinahe lila. Na, wenn das mal kein Regen gibt, dachte ich mir. Aber es war ja auf dem Meer, das zieht sicher weiter.
Jeder kann sich denken, was dann folgte. Erst wurde es schlagartig kühler. So sehr, dass ich mich ärgerte, kein Sweatshirt dabei zu haben. Dann begann es langsam zu regnen, erst nur ein paar Tropfen, später dann mehr, aber nicht besonders schlimm. Ich hatte mich derweil wieder durch die Altstadt gekämpft, die sich langsam abfüllte. Abgesehen davon, ich muss hier heraus. Mir ist das zu viel. Die Leute waren nicht mehr am Strand, weil das Wetter sich verschlechterte, sie waren alle hier. Das hatte ich schon einmal erlebt, in Rethymno.
Ich aber setzte mich einfach bei Gregorys in der Neustadt auf einen der Sitzhocker und aß mein Sandwich. Was soll es, ich konnte sowieso nichts machen. Draußen regnete es, zwar nur ein bisschen, aber immerhin. Ich ärgerte mich, dass ich das Zelt nicht heute Morgen abgebaut hatte, nun würde ich es mittags oder nachmittags trocknen müssen. Aber auch das war nicht mehr zu ändern.
Danach lief ich nochmals durch die Altstadt, kam zum Hafen.
Und da wusste ich, dass es besser war, schnell zum Campingplatz zurückzukehren, um das schlimmste zu verhindern. In der Altstadt sammelte sich nun nicht nur jeder Urlaub im 50-Km-Radius, sondern der Himmel sah derartig bedrohlich aus, dass ich ahnte, dass es mit dem seichten Regen vorhin noch lange nicht vorbei war. Vielleicht konnte ich es schaffen, auf den Platz zurückzukehren, um das Zelt abzubauen? Lust auf die Stadt hatte ich sowieso keine mehr.
Natürlich schaffte ich es nicht.
Erst kamen die Blitze, dann der Donner, dann alles gleichzeitig. Ich befand mich irgendwo auf der Hauptstraße, hatte sicherheitshalber nicht den Weg über den Strand genommen, was im Nachhinein vernünftig gewesen ist. Ich stellte mich an einer Tankstelle unter. Und dann kam der Platzregen.
Sintflutartig prasselte er herunter. Es war kühl und feucht und ich stand da mit meinem dünnen T-Shirt. Nicht gerade sehr hilfreich. Aber es ließ sich kaum ändern. Das Zelt würde jetzt sowieso nass werden, es war zu spät.
Wie es aber so ist mit Gewitterstürmen: Sie sind bald vorbei. Es regnete vielleicht 20 Minuten, dann war es im Grunde vorüber.
Ich machte mich also auf den Weg, lief die meiste Zeit, weil die Straßen überflutet waren. Das Abwassersystem, sonst sicher meist Trockenheit gewohnt, kam offensichtlich mit diesen Wassermassen nicht zurecht.
Irgendwann bog ich ab, radelte von nun an bis zum Platz. Das Meer war einsam. Endlich. Die Leute waren ja auch alle in Chania. Sollten sie ruhig.
Das Zelt war nass, aber dicht. Immerhin, so viel wusste ich jetzt also. Schließlich ist es das erste Mal., dass ich es benutze.
Langsam lugte auch die Sonne wieder hinter den Wolken hervor, ohne allerdings die Intensität der letzten Tage zu erreichen. Es ist vorbei, denke ich mir. Vielleicht fängt auch hier der Herbst an. So wie in Deutschland. Dort ist er ja auch schon.
Das Zelt trocknete langsam vor sich hin, eilig war es nicht, denn es war gerade mal ein Uhr. Irgendwann nahm ich es auseinander und hängte es in seinen Einzelteilen auf. Nun, zwei Stunden später, ist es fast vollständig trocken. Aber der Himmel hat sich wieder bezogen. Ich habe es also in den Beutel gesteckt und soweit alles trocken verstaut. Es ist drei Uhr, die Fähre geht erst in neun Stunden. Ich mache mich gegen vier/halb fünf auf zum Hafen, werde dort noch eine Taverne aufsuchen, bevor ich an Bord gehe. Ich denke, dass die Fähre schon dort sein wird. Die Nacht wird sicher anstrengend, aber ich habe meine Term-a-Rest-Matte und den Schlafsack eingepackt. Vielleicht finde ich eine ruhige Ecke, um auf dem Boot die Nacht zu verbringen. Es wird schon funktionieren. Irgendwie. Morgen um diese Zeit bin ich in Piräus. Und habe dort auch noch einiges vor.
Aber davon später.