Wanderung nach Lissos und Sougia

Das war etwas heute.
Ich hatte nicht allzu viel vor, eine kleine Wanderung durch eine Schlucht unweit des Platzes. Also ließ ich mir etwas Zeit. Eine längere Yogasession am Strand entpuppte sich als schwierig, weil der Wind meine Reisematte fortblies. Zumindest ein wenig, denn ich befand mich ja mit jeweils unterschiedlicher Anzahl von Extremitäten darauf.
Trotzdem war es schwierig, aber es war ein ruhiger Flow, der sich den Hüften widmete. Es tut mir gut, bei allem, was ich mache. Seither kann ich mich allgemein besser bewegen egal ob auf dem Rad oder beim Laufen.
Gegen zehn machte ich mich auf den Weg in Richtung Osten. Eine staubige Straße führte zum nächsten Strand Gialiskari. Und dort ging mein Wanderweg eigentlich los. Ich kontrollierte das Navi, es wären ungefähr zwei Kilometer gewesen. Es war halb elf.
Das kann man kaum als Wanderung bezeichnen.
Zum Glück hatte ich eine Alternative. Der E4 führt hier entlang, ein Wanderweg auf Kreta, der mindestens bis nach Kissamos führt, wahrscheinlich noch viel weiter. Ich muss es mal recherchieren. Auf diesem Weg konnte ich Sougia erreichen, ein kleines Stranddorf etwa 12 Kilometer entfernt. Außerdem griechische Ruinen, Lissos. Ich wusste aber noch nicht, wie weit ich kommen würde. Denn die Entfernung war nicht das Problem, sondern die Höhenmeter. Das sagte mir ein Schild zu Anfang der Wanderung und mein Navi. Aber ich wollte es einfach mal probieren.
Die Wanderung führte erst über Felsen. Calanquesque, so würde ich es beschreiben, kleine Fjorde entlang, immer mal wieder hinauf und auch wieder hinunter. Nicht besonders schlimm. Aber ich war froh, heute einmal die Wanderschuhe angezogen zu haben. Sie waren dringen notwendig. Ab jetzt war es kein Spaß mehr.
Nach ein paar Kilometern ging es steil nach oben. 350 Höhenmetern auf einer Strecke von vielleicht einem halben Kilometer. Das ging erst einmal mächtig in die Beine. Aber ich hielt durch. Vielleicht hat das Radfahren gut geholfen.
Unterwegs überholte ich einige Wanderer, nicht ganz einfach, wenn es sich staut.
Irgendwann erreichte ich eine Art Plateau. Ziegenherden begegneten mir, auch einige Wanderer aus der anderen Richtung. Ich wusste nicht genau, was ich machen sollte. Weiter? Oder umdrehen? Es war erst halb eins, aber ich kenne das. Irgendwann ist es zu spät zum Umkehren. Noch würde es gehen. Aber die Wanderung fühlte sich so unerfüllt an. Manchmal drehe ich um, wenn ich genug habe, weil es einfach so ist. Das war heute aber nicht der Fall. Also weiter.

Vielleicht bis nach Lissos?
Aber mein Navi sagte mir, dass ich bis fast auf Meeresniveau hinabsteigen müsste. Nur um die Strecke wieder hinaufzuklettern?
Ich drehte um.
Und traf Deutsche, die ich fragte, ob es in Sougia eine Fähre nach Paleochora geben würde.
Ja, gibt es. Und die Leute schienen zu wissen, wovon sie reden.
Das war die Option, auf die ich gewartet hatte. Weiter nach Sougia, unterwegs an den Ruinen vorbei, ein Ziel haben. Und abends dann zurück mit der Fähre. Das schien und scheint mir eine gute Idee.
Um erst einmal zu den Ruinen hinunterzukommen, ging es jetzt auf einem Ziegenpfad steil bergab. Hier spürte ich das erste Mal meine Oberschenkel. Das konnte ja etwas werden. Aber nun gab es kein Zurück mehr. Ich erreichte das Tal und damit auch die Reste eines Tempels, der, so wie ich sehen konnte, gerade ausgegraben wird. Viel ist also nicht zu sehen.
Da ich nicht auf eine Wanderung wie diese vorbereitet gewesen war, hatte ich nicht viel Wasser dabei. Zum Glück gibt es hier eine Quelle. Ich hoffe, dass das Wasser sauber ist. Aber nun ist es zu spät. Ich war ohnehin mächtig dehydriert.
Besonders gefiel mir wieder eine kleine Kapelle, Agios Kirikos, mit prächtiger byzantinischer Wandmalerei. Unglaublich, dass es hier so etwas gibt. Ein Kleinod direkt neben den Ruinen.
Der Witz aber war, dass es nun wieder nach oben ging. Wieder über den nächsten Berg hinüber. Wieder steil, wieder uneben und rutschig. Ich war so froh über meine Wanderschuhe, auch wenn ich feststelle, dass ich Druckstellen bekommen habe. Und vielleicht Blasen. Ich habe die Schuhe dreieinhalb Jahre nicht benutzt, seit der letzten Reise ins Périgord. Vielleicht haben sich meine Füße verändert. Oder die Schuhe sind nicht mehr so eingelaufen.
Ehefrau Nina passen sie zumindest. Wenigstens etwas.
Ich erreichte das Ende des Aufstiegs und war körperlich zumindest beeindruckt. Wenn nicht gar ziemlich am Ende. Ich hatte gehofft, von oben vielleicht mal einen Blick auf Sougia erhaschen zu können, es ist wichtig, mal das Ziel zu sehen, aber nichts da. Es sollte wirklich erst ein paar Meter vor Erreichen auftauchen.
Jedenfalls musste ich nun wieder vom Berg herunter. Und ich hoffte, dass die Deutschen, die ich unterwegs gefragt hatte, recht hatten mit der Fähre.
Nach dem Abstieg folgte eine Schlucht. Unglaublich, wie vielseitig die Wanderung ist. Ich schoss eine Menge Fotos, warum auch nicht?
Der letzte Kilometer aber war eine Qual. Füße und Beine taten weh, ich hatte auch keine Pausen gemacht. Vielleicht ein Fehler.
Dann aber sah ich den Hafen, Betonmassen, ziemlich hässlich, aber ich war angekommen.
Sougia entpuppte sich als kleiner Hafenort, mitten im Nirgendwo. Aber mit regelmäßigen Fähren, nach Gavdos und auch nach Paleochora. Will heißen, jeweils eine am Tag. Um 18:20 konnte ich zurück, so hoffte ich zumindest.
Ich aber war jetzt angekommen. Ich kaufte ein Käsegebäck beim Bäcker, danach etwas zu trinken. Und nun sitze ich am Meer und trinke Espresso Freddo. Meine Füße habe ich aus den Schuhsärgen befreit, sie erholen sich langsam. Mal sehen, ob ich die Dinger wieder eingelaufen bekomme. Nun also heißt es Warten. Und Sehen, ob ich zurückkomme. Wird schon werden.
Ich bin ziemlich zuversichtlich.