Stavros-Niarchos-Zentrum in Athen

Es war gestern doch noch ziemlich spannend.
Irgendwie kann ich selten etwas mit solchen Tagen anfangen. Sie sind verloren, halb angegoren. Zumal es auch nichts weiter zu tun gab.
Gegen 16 Uhr bin ich am Campingplatz los geradelt, weil mir langweilig war. Eine Stunde habe ich gebraucht, ganz in Ruhe, am mörderischen Verkehr vorbei. Nachdenken darf man manchmal in Griechenland nicht. Nur aufpassen.
Also war ich um 17 Uhr in Souda, dem Fährhafen von Chania.
Sechs Stunden Zeit. Ziemlich viel.
Das Boot lag wie erwartet bereits vor Anker, es fuhren auch schon LKWs darauf. Ich aber hatte nun wirklich keine Lust, schon an Bord zu gehen. Ich surfte noch ein wenig, bevor ich mich gegen 18 Uhr auf den Weg zu einer Taverne machte. Immer mit dem schwer bepackten Rad dabei. Ich fand eine etwa einen Kilometer entfernt vom Fährhafen, in der „Altstadt“ sozusagen. Sie war ziemlich gut. Gegrillte Sardinen, Tomatensalat und Brot. Die schiere Masse an Nahrung überforderte mich. Auf Wein aber verzichtete ich. Das hatte ich mir sowieso vorgenommen, außerdem wollte ich nicht betrunken an Bord gehen. Aber gegen halb acht hatte ich alles gegessen und wusste nicht mehr, wohin mit mir. Ich radelte also wieder zurück zum Hafen und fragte an der Fähre, ob ich schon an Bord gehen könnte. Ich konnte. Mit dem Effekt, dass ich eine bequeme Bank aussuchen konnte, die begehrt waren. Denn dort kann man sich relativ bequem hinlegen. Zwar hatte ich meine Isomatte dabei, aber es schien mir, dass ich diese nicht würde ausrollen dürfen. Der Stewart wachte über den ganzen Saal. Was merkwürdig war: Sobald sich jemand später ausstreckte und die Augen schloss, kam er vorbei und weckte ihn. Mir passierte das auch, gegen Elf, als wir schon unterwegs waren. Erst um 23:30, teilte er mir mit.
Ganz ehrlich, ich weiß nicht, was in solche Leute gefahren ist. Aber darauf kam es auch nicht mehr an.
In der Zwischenzeit hatten wir irgendwann abgelegt. Ich verfolgte das nicht mehr, draußen war es stockdunkel, der letzte Sonnenuntergang auf Kreta fand ohne mich statt. Nicht so dramatisch.
Die Nacht war dann einigermaßen in Ordnung.
Ich konnte fünf Stunden relativ ruhig schlummern, wachte auch nicht allzu oft auf. Gegen fünf stand ich dann auf, putzte mir die Zähne, bestellte einen Espresso, dann war ich eigentlich relativ fit für den Tag.
Pünktlich um sechs legten wir an, ich packte das Rad und fuhr zum ArgosAnita-Hotel. Klar, dass um diese Zeit das Zimmer noch nicht fertig war. Aber das machte nun wirklich nichts. Wenigstens konnte ich das Gepäck unterstellen, war nun frei davon. Wieder radelte ich los.
Immer in Richtung Osten, manchmal am Meer entlang, manchmal durch den dicken Verkehr. Es ist nicht sehr angenehm, in Athen Fahrrad zufahren. Aber es ist trotzdem praktisch.
Mein Ziel war das Stavros-Niarchos-Zentrum. Ein Neubau, ein architektonisches Juwel, habe ich mir sagen lassen, ein einmaliges Kulturzentrum. Ich wurde nicht enttäuscht. Nach einigen Umwegen erreichte ich es auch. Sehen konnte ich es immer, aber die Schnellstraßen lassen sich nicht so einfach queren.

Meine Erkundung begann ich am Infokiosk. Wahrscheinlich sollte das jeder tun, denn vor dem Gebäude, das aus der Ferne an einen leichten Bau erinnert, der mit Sonnensegeln überdacht ist, befindet sich ein gewaltiges Wasserbecken. Mehrere Schulklassen hatten offensichtlich Ausflugstag.
Ich schlenderte auf das Kulturzentrum zu, wusste eigentlich nicht recht, was mich erwarten würde. Manchmal muss man sich überraschen lassen. Tatsächlich befinden sich darin die griechische Nationalbibliothek und ein Theater. Oder die Oper. Es handelt sich um einen leichten, mehrstöckigen Stahlbau, mit riesigen Fenstern. In der Bibliothek konnte ich Stockwerke voll mit Büchern sehen. Beeindrucken. Ich erfasste das Zentrum trotzdem nicht sofort, verstand es nicht. Ich ging an der Seite eine Treppe hoch, ziemlich weit, nur um festzustellen, dass abgesperrt war.
Erst nach einigen Erkundungen erfuhr ich, dass ich einfach den Fahrstuhl nehmen soll. Er ist auch aus Glas und unheimlich schnell, wenn auch nichts für Leute, die nicht schwindelfrei sind. In der achten Etage befindet sich die Terrasse, Lighthouse genannt. Und die war wirklich beeindruckend. Eine weite Fläche lag vor mir, unter mir auf der einen Seite das Zentrum, auf der anderen ein Park. Und zwar nicht etwa unter mir, wie das Gebäude, sondern vor mir. Der Park dient als Dach für die Bücherei. Zumindest Teile davon. Und der fällt relativ flach bis hin zur sicher 500 Meter entfernten Straße ab. Beeindruckend.
Trotzdem war ich natürlich ganz oben auf dem Gebäude. Von hier aus konnte ich zur einen Seite die Akropolis sehen, auf der anderen Seite das Meer und Piräus. Die Silhouette von Athen ist merkwürdig. Die Stadt breitet sich ungeniert aus, in die Täler der Umgebung und auch auf den Hügeln. Trotzdem wird sie auf beiden Seiten von Bergen flankiert.
Danach wanderte ich langsam durch den abfallenden Park und erfuhr, dass das Dach des Kulturzentrums energetisch wirkt, im Winter ist es innen wärmer, im Sommer kühler. Es ist mit einer bestimmten Getreideart bepflanzt. Vielleicht sieht so die Zukunft des Bauens aus.
Der Park ist ebenfalls wunderschön. Er wirkt wie ein botanischer Garten in der Anlage, ist aber eher ein Park. Trotzdem befinden sich hier viele Pflanzen, die für Griechenland typisch sind. Rosmarin erkannte ich, ebenfalls Pinien. Aber vieles andere hatte ich auch schon gesehen, weiß aber nicht, was es ist. So schlenderte ich also durch die ausgedehnte Landschaft, erreichte irgendwann wieder den Informationsstand. Eine wundervoll verbrachte Stunde.
Um meinen Besuch hier abzuschließen, radelte ich noch einmal los, um mir die Trireme anzusehen, ein Boot aus den 1980ern, das einem antiken Modell nachempfunden ist und welches 2004 zu den Olympischen Spielen hier in Athen die olympische Fackel ein Stück des Weges transportiert hat. Es führt meines Erachtens ein stiefmütterliches Dasein, denn es ist nicht leicht zu finden. Ich glaube, dass es sich hier um ein Outdoor-Museum mit mehreren Booten handelt, die man besichtigen könnte, andere Kriegsschiffe aus modernerer Zeit. Tatsächlich sah ich sie irgendwann. Viel Lust aber empfand ich nicht, mir alles genau anzusehen. Mir reichte an diesem Tag ein längerer Blick auf das Boot. Anderes Kriegsmaterial interessiert mich gar nicht bis ganz und gar überhaupt nicht. Daher beließ ich es dabei.
Die Rückreise dauerte dann nicht so lange, dank des Navis. Gegen halb eins traf ich wieder beim Hotel ein, konnte einchecken und mich ausruhen. Und da sitze ich jetzt, auf dem Bett. In einem Zimmer. Das erste Mal seit drei Wochen.
Kein besonders großartiges Ereignis, ich mag das Zelten.
Morgen nun ist mein letzter Tag hier.
Auch diesen werde ich nutzen.