Koroni

Ich bin immer noch hier. Endlich habe ich mich einmal gegen mich selbst durchgesetzt und habe mich gezwungen, einfach nicht abzufahren. Dieser immense Einsatz von Mut und Durchsetzungskraft tut mir gut, denn ich habe heute ebenfalls etwas Neues getan. Aber dazu später. Ganz im Ernst, als ich heute Morgen frische Wäsche suchte, suchte ich eine Weile vergebens. Dass also wieder einmal ein Organisationstag anstand, lag beinahe schon auf der Hand. Auch war es endlich sonnig genug, die Hitze würde dafür sorgen, dass die Wäsche innerhalb von wenigen Stunden knochentrocken sein würde. Da ich in keiner Weise Lust verspürte, mit der Hand zu waschen, benutze ich die Industriemaschine, die hier auf dem Platz steht. So viel Luxus bin ich seit Frankreich nicht mehr gewohnt. Entsprechend sieht allerdings auch die Wäsche aus, vor allem die weiße, auch wenn diese kaum noch als solche bezeichnet werden kann. Die Kragen bekomme ich so einfach nicht mehr sauber, die sind gelb, angelaufen durch Ausdünstungen, von denen ich jetzt weiß, dass sie mit Sicherheit nicht farblos sind. Welch wahnwitzige Erkenntnis.

Die ersten Stunden waren damit bereits um, ich setzte mich danach in den Schatten und schrieb. Ich glaube, dass das schon Mal eine gute Übung ist, denn ich genoss es hier, im Schatten auf dem Campingplatz zu sitzen, ohne in der Gegend umherwandern zu müssen, um einen guten Platz für Kreativität zu finden. Vielleicht ist das alles übertrieben. Einfach hinsetzen und arbeiten, vielleicht die Espresso-Maschine in der Nähe, aber ansonsten nicht viel Federlesens machen. Einen Fehler gab es natürlich, die Internetverbindung, die mich leider immer wieder ablenkt. Was die Geschichte angeht, kämpfte ich heute um die Fortsetzung, die plötzlich wie von selbst auf dem Bildschirm erschien. Ich kam kaum mit dem Schreiben nach, was wieder meine These beweist, dass jede Geschichte im Grunde schon existiert. Jetzt, wenige Tausend Worte vor dem Schluss des ersten Teiles, ist es sonnenklar, was geschehen muss. Gestern war ich noch nicht so sicher. Ich werde es somit geschafft haben, das Werk innerhalb von vier Monaten zumindest in der Rohfassung geschrieben zu haben. Mittlerweile gärt die Geschichte in meinem Kopf vor sich hin, Unklarheiten werde ich beseitigen, weiß auch an vielen Stellen schon wie. Manchmal braucht es eben etwas mehr Zeit. Ganz wie ein guter Tropfen.

So verging der Vormittag und Mittag, am frühen Nachmittag hatte ich dann eine Idee. Ich suchte nach meiner Badehose, war eigentlich sicher, dass ich mindestens drei eingepackt hatte. Es war aber nur eine. Man stelle sich das vor, eine einzige Badehose für eine Mittelmeerfahrt. Ans Baden habe ich sicher nicht dabei gedacht. Aber immerhin. Somit das Neue heute, ich badete im Mittelmeer. Das erste Mal auf dieser Reise überhaupt. Ich war überrascht, wie warm es war, schwamm eine ganze Weile, bevor ich mich – ebenfalls gegen jede Vernunft und Gewohnheit- in der Sonne briet.
Das alles dauerte nicht besonders lange, denn ich schaffe es einfach nicht, lange am Strand zu bleiben. Selbst mit einem Buch klappt es nicht, es ist einfach zu unbequem und langweilig. Aber das Schwimmen mochte ich, sofort merkte ich, wie sich Verspannungen in meiner Rückenmuskulatur lösten. Das hat doch etwas. Vielleicht mache ich das jetzt öfters. Den Autoschlüssel hatte ich übrigens im Kräuterbeet versteckt, das beim Camper stand, ich meine damit den Holzkasten, in dem mein Basilikum, Rosmarin etc. wächst. Das ist der Grund, weshalb ich es bis jetzt nicht gewagt habe zu schwimmen. Man muss dazu alles im Auto lassen, und ich weiß nun wirklich ein Lied davon zu singen, wie schnell es aufgebrochen ist. Aber heute ist alles gut gegangen.
Nachher mache ich noch einen kleinen Spaziergang in Richtung Hafen, dann aber heißt es abfahren. Morgen werde ich mich sicher kaum mehr zügeln können. Oder?