Kissamos

Wirklich mal ein ruhigerer Tag.
Allerdings nicht ganz so, wie ich ihn mir vorgestellt habe.
Gestern ist mir meine Powerbank samt Ladekabel und Stecker auf dem Campingplatz geklaut worden. Ich dachte erst, dass jemand das Ding an der Rezeption abgegeben hat, weil er dachte, dass ich es dort vergessen hätte – was allerdings merkwürdig gewesen wäre, denn ich habe die Powerbank auf der Herrentoilette geladen.
Sie wurde natürlich nicht abgegeben, sondern war futsch. Jemand hat sie geklaut, so einfach war es. Ich stand also vor dem Dilemma, dass ich mein Smartphone nicht mehr laden konnte. Denn so hatte ich es gemacht: Ich habe die starke (und teure) Powerbank in den Herrentoiletten geladen, damit ich damit mein Smartphone nachts im Zelt aufladen konnte, beaufsichtigt und sicher. Und so war es letztlich ja auch. Sie haben also die Powerbank gestohlen, nicht aber mein Smartphone. Wie häufig habe ich gesehen, dass Leute ihre Devices irgendwo auf den Campingplätzen angeschlossen haben. Problemlos. Auch ich habe das oft so gemacht. Aber irgendwie war mir das zu heikel, habe ich doch dieses Jahr mehr Daten auf dem Smartphone, dient es mir doch in mehr als nur einer Hinsicht.
Anfangs habe ich mich über diesen Diebstahl geärgert, später war ich einfach nur enttäuscht. Musste das wirklich sein? Eine Powerbank?
Auch musste es ja ein Gast vom Platz gewesen sein, die Toiletten sind in den wenigen Stunden nicht gereinigt worden. Und der Toilettenblock steht so weit auf dem Platz, dass es niemand von außerhalb gewesen sein kann. Der Platz ist sowieso weit ab vom Schuss.
Ein Tourist also. Von den wenigen, die überhaupt noch hier sind.
Ich wollte mich gar nicht mehr damit befassen, wer es gewesen sein konnte. Jeder kam infrage. Und niemand. Jedenfalls kümmerte sich der Betreiber des Platzes am nächsten Tag rührend, er ließ alle Kunden hier befragen. Aber wer würde schon antworten, dass er die Gegenstände gefunden habe? Es war klar, dass das nichts bringen könnte. Trotzdem war es eine nette Geste.
Auf alle Fälle hatte ich damit aber wieder etwas zu tun, denn ich musste mal wieder für Ersatz sorgen. Wie häufig habe ich dieses Jahr schon an meiner Ausrüstung feilen müssen? Keine Ahnung. Manches war alt, anderes untauglich, anderes ist abhandengekommen. Statt also an diesem Tag einfach in Ruhe alles auf mich zukommen zu lassen, radelte ich wieder in die Stadt. Es war letztlich natürlich keine Herausforderung. Ich brauchte ein Standardkabel mit Standardstecker. Und beides bekam ich für 20 Euro in einem der drei Elektroläden in der Stadt. Die sind zwar allesamt klein, aber scheinen alles zu haben, was ich brauche. So weltfremd waren meine Bedürfnisse ja auch nicht.

Das Wetter hingegen war außerirdisch.
Es war, was ich als miserabel bezeichnen würde. Stürmisch. Und zwar so sehr, dass es unangenehm war. Der Wind zerrte an allem, Mensch und Tier, Zelt und Fensterläden. Gestern schon war er stark gewesen, heute nochmals ein paar Grade mehr. Hinzu kam, dass es frischer geworden ist. 22 Grad, vier weniger als gestern. Das macht sich bemerkbar. So sehr ich auch versuchte, noch etwas aus dem Tag zu machen, umso mehr Schwierigkeiten empfand ich dabei. Ich lief durch die Stadt, doch besonders am Meer war es unangenehm. Überall lag das Salzwasser in der Luft, die Wellen peitschten gegen die Mole und ich fragte mich, was ich hier eigentlich machte. Oder überhaupt noch machen sollte. Zwei Wochen bin ich jetzt auf Kreta unterwegs, aber so richtig ist der Funke noch nicht übergesprungen.
Es gibt von hier die Möglichkeit, auf das Festland überzusetzen. Nach Gythio zum Beispiel. Aber ich weiß nicht. Ist es dort besser?
Ich zweifle an so manchem. Daran, ob Griechenland für eine Fahrt wie nächstes Jahr überhaupt die richtige Wahl ist. Oder ob Frankreich nicht besser wäre.
Ich habe Entscheidungen zu fällen. Aber dafür ist später auch noch Zeit.
Jedenfalls habe ich heute nicht mehr viel gemacht. Ich war in Drapanas, um herauszufinden, wo sich genau die Haltestelle für den Bus befindet, den ich morgen nehmen möchte. Ich will nach Paleochora, an die Südküste. Vielleicht gefällt es mir dort besser.
Hier jedenfalls werde ich nicht mehr ganz glücklich werden. Mein Rad habe ich nun fest angeschlossen, so wie sonst selten. Auch achte ich darauf, wirklich nichts mehr irgendwo liegenzulassen. Kein Wunder.
Ich habe keine Lust mehr, wegen Lappalien losfahren zu müssen. Lappalien, die ich aber dringend brauche. Weil ich eben rudimentär und selbst genügend unterwegs bin, mit minimaler Ausrüstung, wo jedes Stück zählt.
Wahrscheinlich bin ich paranoid. Aber wäre ich mal gestern ein bisschen paranoider gewesen. Dann wäre das nicht passiert.
So, vergessen.
Morgen geht es weiter.
Ich bin gespannt.