Nun aber hurtig.

Es passt zum gestrigen Tag (den 30.5.), dass ich die Feder, also dieses Journal, nicht angefasst habe. Wenn man schon sonst nichts oder zumindest wenig macht, macht man auch das Wenige nicht, das man machen sollte. Alte Schriftsteller-Weisheit. So muss ich also nachholen.

Der 29.5. war ein Freitag. Hier in Concarneau also Markttag. Vor den Toren, oder besser vor der Brücke der Ville Close, fand er statt. Doch für mich war die Anregung des Neuen bereits verblichen, denn ich hatte ja schon am Montag in Carnac das Vergnügen gehabt. Ich bin furchtbar. Èpouvantable. Ich weiß. In jedem Fall ließ ich mir am Morgen Zeit. Warum auch nicht? Viel hatte ich nicht vor. Auch spielte das Wetter nicht mehr mit. Der Umschwung war eindeutig zu merken. Unwirsche Kälte, aber noch auszuhalten. Ich setzte mit der Fähre über, lief durch die noch relativ leere Ville Close in Richtung Markt. Ich muss gestehen, dass der Ort angenehmer und atmosphärischer wird, wenn er nicht überschwemmt ist von Menschen. Auch eine alte Weisheit. Ich kann mir vorstellen, dass es hier wundervoll sein kann. Aber auch, dass es im Juli/August sicher nicht zum Aushalten ist. Sei es drum, wahrscheinlich ist diese Budenstimmung einfach Teil des Spektakels.

Der Markt war wieder ein Spaß. Im Grunde bekommt man fast alles, was man zum Leben braucht. Klamotten, Haushaltssachen, natürlich Lebensmittel aus der Region oder von weit entfernten Orten. Das Schlimme war: Ich brauchte nichts, war vollkommen eingedeckt. Eigentlich Blödsinn, unter diesen Umständen auf den Markt zu gehen. Schließlich kaufte ich doch noch etwas. Ein Stand hatte sich auf Artikel rund um’s Nähen spezialisiert, seit einem Jahr ein Hobby von mir. Dort kaufte ich Holzknöpfe. Wahrscheinlich bekomme ich so etwas auch auf dem Stoffmarkt in Berlin. Aber das war nicht wichtig. So hatte ich jedenfalls das Gefühl, dass mein Besuch nicht ganz umsonst gewesen ist.

Mittlerweile war ich auf dem Wanderweg GR34 in Richtung Westen unterwegs, aber mehr als ein kleiner Spaziergang sollte es heute nicht werden. Das Wetter wollte sich nicht recht entscheiden. Manchmal lugte die Sonne hinter den nicht sehr dichten Wolken hervor. Einige Minuten dieser kurzen Momente nutzte ich zu einem Picknick. Während ich aß, wurde es in der Sonne so heiß, dass ich die Jacke ausziehen musste und danach darüber nachdachte, meine Wanderhose zu Shorts umzufunktionieren, was mithilfe zweier Reißverschlüsse bequem möglich ist. Ich lies es sein, eine gute Entscheidung, denn nur kurze Zeit später verzog sich die Sonne wieder. Abrupt sanken die Temperaturen gefühlt um 20 Grad. Ich übertreibe. Aber ich musste meine Jacke wieder anziehen und sogar meine Kapuze festzurren. Denn ein unangenehmer Wind zerrte und zeckte, denn er war einer, der wie Nadeln daherkam, die jeden Wanderer piesacken mussten. So etwas geht hier schnell, diese Umschwünge passieren mehrmals am Tag, in jede Richtung übrigens. Das hat allerdings auch seine Vorteile, denn es gibt auch immer ein paar Sonnenstunden am Tag. Ich empfinde das als unglaublich heilsam. So grau es auch immer sein mag, es gibt definitiv Hoffnung auf Licht. Und vielleicht Wärme. Ist doch schön, oder?

Ich lief den Wanderweg noch ein bisschen weiter, bis zum großen Strand, Plage des Sables blancs. Weis ist er wirklich, der Strand. Vielleicht mit einigen Algen, die als Farbtupfer dienen. Surfer bereiteten sich auf ihren Freitagsspaß vor, in ihrem Gummikutten waren sie bestimmt bestens geschützt gegen die Kälte des Atlantiks. Auch wenn alle denken, dass auch ich ein Surfer sein muss, wegen der langen Haare. Die Dichtermähne wird oftmals fehlinterpretiert. Aber das ist egal. Besser Surfer als Drogenschmuggler. Denn das ist es auch oft. So ein Unsinn.

In jedem Fall hatte ich genug vom Wind. Ein einfaches Café lud mich förmlich ein, um eine Stunde dort zu verbringen. Ich hatte also Gelegenheit, mich auch mal drinnen aufhalten zu können, was ich an diesem Tag sehr schätzte. Nicht dass ich es sehr vermisse. Ich habe eigentlich eine gute Ausrüstung, die, trotz ihrer scheinbaren Unbequemlichkeit, allerhand Bequemlichkeit bietet. Sogar eine Art Sessel kann ich aus meiner Isomatte machen, in dem ich sogar fletzen kann. Aber es ist nochmal etwas anderes, auf einem normalen Stuhl zu sitzen. Ich genoss es. Und schrieb.
Viel passierte nicht mehr. Ich wanderte nochmals durch die Ville Close, war völlig unentschieden, ob oder was ich noch anfangen sollte. Letztlich entschied ich mich dazu, mich zu entspannen. Ich kaufte ein paar Kekse und machte es mir auf dem Campingplatz gemütlich. Das muss manchmal sein. Außerdem rang ich noch mit dem Vorsatz, bereits am Samstag abzufahren. Ich widerstand. Hier ist es gut. Ich muss nicht alle paar Tage aufspringen und weiterfahren. Letztlich bin ich hier, um die Landschaft zu genießen. Das Meer, die holprigen Pfade.
Und das finde ich hier auch.