Jardins Exotiques bei Rabat

Ich erwachte noch früher als gestern, um 6 Uhr konnte ich nicht mehr schlafen. Ich habe schon lange aufgehört, mich zu fragen warum, sondern lasse einfach meinen Rhythmus walten. Auf diese Weise konnte ich mir Zeit lassen. Gegen 7:30 machte ich mich auf den Weg zu den Jardins Exotiques, die auf dem Weg zwischen Kenitra und Rabat liegen. Es dauerte etwas, bis ich die richtige Straße gefunden hatte, so dass ich ca. eine Stunde später dort war. Das war nicht zu früh, denn die Gärten machen erst um 9 auf. Das machte gar nichts, denn auf diese Weise konnte ich mich wieder Ghandi widmen und seinen Experimenten, die – auch wenn ich niemals allem folgen würde, was er sowohl getan als auch gesagt hat – maßgeblichen Einfluss auf mein Denken zur Zeit haben. Schließlich muss jeder seine eigenen Experimente machen und somit dem Ziel, sich immer mehr selbst zu finden, auf seinem eigenen Weg entgegen kommen. Vielleicht führe ich das später einmal etwas näher aus, wenn meine Gedanken ausgegorenen sind.
Ich war an diesem Tag der Erste, der als Zahlender in die Gärten eintrat. Ich war in keiner Weise auf diesen Garten vorbereitet, kann aber jetzt sagen, dass es einer der schönsten Anlagen ist, die ich je gesehen habe und das will bei mir, der so viele fantastische Gärten im Süden Englands und anderswo gesehen hat, etwas heißen.
Die Jardins Exotiques sind ein wahrer Genuss der Sinne, es gibt so viele Landschaftsthemen, die kaum merklich und doch tief greifend ineinander überführen. Verschlungene Wege führten mich immer weiter und ich konnte mich gar nicht sattsehen an den vielen Farben. Winden blühten bereits, auch Lavendel habe ich gesehen, doch am Ende lief ich nicht als Pflanzenkundiger, der ich nicht bin, durch dieses kleine Paradies, sondern nur als Mensch, der sich an den Anblicken erfreut. Ich lief steinerne Treppen hoch, schaute von oben auf kleine Seen, ging über Hängebrücken und erkundete künstliche Grotten, alles auf wenigen Quadratmetern. Längst hatte ich es aufgegeben, alles genau zu erkunden. Diese Art von Logik erschien mir an einem solchen Ort völlig fehl am Platze. Die Landschaften änderten sich, so kam ich plötzlich praktisch aus dem Regenwald in einem andalusischen Garten an, der bereits in voller Blüte stand. Jedes Mal, wenn ich mich umdrehte, sah ich etwas anderes, war auch an einem ganz anderen Ort, vielleicht ist es das, was diesen Garten so besonders macht. Auf kleinster Fläche befinden sich hier diese Themen und machen dieses Stück Land zu einem kleinen Garten Eden. Wohlgemerkt, den Apfelbaum habe ich nicht gefunden. Aber einen japanischen Garten sehr wohl, ebenso den polynesischen Dschungel, so dass mich Chaos und Ordnung aufs Angenehmste verwirrten. Nie konnte ich sicher sein, was mich erwartete. Hinzu kamen die vielen Vogelstimmen und an einem Teich das Gequake von Hunderten Fröschen, die, sobald ich in die Nähe kam, in weiten Bögen in den Pool sprangen. Hier hatte ich mich bereits über eine Stunde aufgehalten, und als ich begann, die Orte wiederzuerkennen und einzuordnen, merkte ich, dass ich Gefahr lief, den Zauber zu zerstören. Es war genug, mit diesem Eindruck ging ich zurück zum Ausgang. Bevor ich diesen wundervollen Ort verließ, genehmigte ich mir noch einen Kaffee in dem Café im arabischen Stil, geschmackvoll eingerichtet mit vielen Kissen und sogar einem kleinen Springbrunnen in der Mitte, der von Säulen umgeben ist. Als ich aufbrechen wollte, strömten mir einmal mehr mehrere Schulklassen entgegen, es müssen an die Hundert Kinder gewesen sein. Ich war froh, so früh aufgestanden zu sein, denn die Gärten hätten sicher unter dem nicht auszubleibenden Kindergeschrei an Reiz verloren. So hatte ich Glück und war zur rechten Zeit am rechten Ort gewesen.

Jardins Exotiques bei Rabat

Auf dem Parkplatz, den ich vorher ganz allein für mich gehabt hatte, zählte ich jetzt sechs große Schulbusse, dort liefen bereits noch mehr Kinder herum. Also war jetzt der richtige Zeitpunkt aufzubrechen. In Rabat stockte ich meine etwas geschrumpften Vorräte auf, dann machte ich mich auf den Weg weiter in den Süden. Unterwegs hielt mich unverhofft ein Polizist an. Ich hatte schon für einen Moment die Befürchtung, dass die Transe vielleicht ein wenig zu schnell unterwegs gewesen wäre. Doch blickte ich in ein breites Grinsen eines freundlichen Mannes, der nur ein kleines Schwätzchen halten wollte. Er hieß mich nochmals in Marokko willkommen, wünschte mir eine gute Gesundheit und noch einen wundervollen Urlaub, bevor er mich immer noch gut gelaunt weiter winkte. Ich bin zwar erst einige Tage in Marokko, doch wundert mich dieses Verhalten inzwischen nicht mehr. Warum auch. Es gibt Dinge, die mir einfach nur gute Laune bereiten.
Etwa 30 Kilometer von Casablanca entfernt, beschloss ich, auf einen empfohlenen Campingplatz zu fahren. Hier wurde ich per Handschlag vom Besitzer Willkommen geheißen. Mein darauf folgender Spaziergang Richtung Mohammedia mit dem Ziel, ein Internetcafé zu finden, blieb leider erfolglos, ich werde sicher morgen eines in Casablanca finden. Doch war ich am Strand und habe dem Meer zugehört. Das ist doch auch schon etwas.
Ich bin noch nicht sicher, wie ich von hier aus morgen nach Casablanca kommen werde, doch inzwischen bin ich zuversichtlich und weiß, dass es in Marokko immer einen Weg ans Ziel gibt.
So geht langsam ein nicht ganz so aufwendiger Tag zu Ende, den ich dennoch genauso genossen habe wie die anderen bisher. Oft sind es auch die kleinen Dinge, die im Leben so viel Spaß machen.