Berlin

Ich muss aufpassen. Es ist jetzt klarer als vorher, ich drohe in einer Art Loch zu versinken. Jede Bewegung ist langsamer, Gedanken sind schwerer, eine leichte Depression ist nicht mehr von der Hand zu weisen. So oft denke ich an meine Reise zurück, die leider so abrupt zu Ende war. Ich habe heute lange darüber nachgedacht, ob es anders gewesen wäre, hätte ich den Zeitpunkt meiner Ankunft in Berlin selbst gewählt. Erst wollte ich es mir nicht eingestehen, sagte mir sofort, dass einige Wochen weniger nichts ausmachen würden. So ist es aber nicht. Ich wäre gekommen, wenn es an der Zeit gewesen wäre. Nicht zu früh, nicht zu spät, eben zum richtigen Zeitpunkt. Ich komme mir ein wenig betrogen vor, betrogen um das langsame Ausrollen. Auch fehlt mir der Camper, an dessen Verlust ich mich noch nicht gewöhnt habe. Es ist, als wäre mein Zuhause abgebrannt oder anderweitig verloren gegangen. Ich darf noch gar nicht darüber nachdenken, dass ich in Florenz wahrscheinlich das letzte Mal in meinem kleinen Einzimmer-Appartement mit Kochnische übernachtet habe. So viel Zeit habe ich in den Ausbau investiert, mit so viel Liebe (und etwas weniger handwerklichem Geschick) ist ein Kleinod entstanden, das genau meinen Vorstellungen entsprach. Ich hätte die Transe gerne noch einige Jahre behalten, aber das ist nicht mehr in meiner Hand. Ich weiß, das hört sich alles sehr schrullig an, vor allem, weil irdische Dinge wenig bedeuten, wie ich allmählich immer besser verstehe. Statt mich also mit Glück und Freude an meine Fahrt zu erinnern, jammere ich herum und versinke in Traurigkeit. Es ist eitel und eigentlich nicht richtig. Doch irgendwo habe ich gelesen, dass ein Umzug gleich nach dem Arbeitsplatzverlust zu den stressigsten Situationen im Leben zählt. Nichts anderes ist es ja. Zusammen sogar mit einer Lebensweise, die ich für mich als ideal bezeichnen würde.

In jedem Fall gebe ich mich weiter der körperlichen Arbeit hin, designe die Wohnung, baue Möbel und bessere alles aus, was hier wirklich nötig ist. Dadurch bin ich zwar recht müde, aber ich erschaffe auch etwas, was ich jeden Tag wachsen sehen kann. Unsere orientalische Ecke ist in der Basis fast fertig, es fehlt der Stoff aus Marokko, der noch im Auto ist. Auch mein Arbeitszimmer werde ich demnächst anfangen zu gestalten. Dann wäre ich bereit für den Roman.
Ich werde mich aus dem Loch schon wieder herausziehen. Die Arbeit hilft mir dabei. Auch wenn die anders aussieht als bisher.