Antalya

Die Nacht schliefen wir beide schlecht. Zwar schoben wir es auf diverse äußere Umstände wie krähende Hähne, bellende Hunde und schmerzhafte Rückenmuskulaturen. Fakt ist jedoch, dass wir uns wieder aneinander gewöhnen mussten. Anstatt der Beruhigung, einen vertrauten Menschen an seiner Seite zu haben, mussten wir uns erst wieder miteinander „bekannt machen“. In dieser Nacht ist uns das noch nicht vollständig gelungen.

Der nächste Morgen war jedoch sehr schön, Sonntag, Frühstück zu Zweit im Bett – zwangsläufig, denn draußen war es zu kalt, drinnen zu wenig Platz – der Milchkaffee dampfte und das frische Brot knackte zwischen den Zähnen Fast so wie jeden Morgen und dennoch anders, denn jetzt konnte ich diese Eindrücke teilen. Es machte uns beiden einen Heidenspaß. Da Nina wie üblich sehr viel Stress von der Arbeit mitbrachte – manche Firmen sind besonders gut darin, 40 Stunden Wochenarbeitszeit etwas anders zu interpretieren – trieb ich diesmal nicht zur Eile an. Durch die Umstellung der Uhren auf Winterzeit heute Nacht würden wir zwar eine Stunde Tageszeit verlieren, doch sollte das zumindest für diesen Tag egal sein. Auf der anderen Seite beängstigt mich das schon. Es wird jetzt um fünf Uhr dunkel, der Tag ist dann für jemanden wie mich quasi beendet, denn ich habe es mir angewöhnt, nach einem natürlichen Rhythmus zu leben und zu arbeiten. Ich schreibe nur, wenn es hell ist. Dunkelheit macht mich schläfrig und unkreativ. Daher merke ich, dass die Sessions sich in immer kürzer werdende Lichtstunden quetschen müssen. Bislang hat mir das noch nichts ausgemacht, aber das könnte jetzt anders werden. Wahrscheinlich werde ich mich bemühen, in einen anderen Rhythmus zu verfallen oder ich muss den Winter in Zukunft auf der südlichen Halbkugel verbringen wo es dann länger hell ist. Eigentlich ein charmanter Gedanke. Zwei Wohnsitze, einen in Berlin, den anderen in Auckland, Neuseeland. Nur so als Beispiel.

In jedem Fall starteten wir unseren Tag gegen zehn, eigentlich elf Uhr, also immer noch früh genug. Ein Bus brachte uns in Richtung Zentrum, doch da der Busfahrer aufgrund eines ganz sicher lebenswichtigen Telefonats, das er per Handy während der Fahrt führte, vergaß, uns rechtzeitig bescheid zu geben, waren wir weit über das Ziel hinaus geschossen. Es machte uns nichts aus, denn die Sonne schien heiter, die Berge hoben sich in der Ferne majestätisch in den Himmel und das Meer glitzerte wie tausend Sterne. Es ist einer der müssigsten und entspanntesten Anblicke, die ich mir vorstellen kann. So scharwenzelten wir an der Uferpromenade entlang in Richtung Altstadt, bei der wir kaum merkten, dass wir angekommen waren. Ein Kellner reichte uns quasi im Vorbeigehen eine Stadtkarte, auf der natürlich auch sein Restaurant eingezeichnet war. Dann entließ er uns auf Entdeckungsreise.

Wir hatten nicht viel über Antalya gelesen, nur soviel, dass man das archäologische Museum nicht auslassen dürfe. An einem solchen Tag jedoch konnten wir uns beide nicht mit dem Gedanken anfreunden, in staubigen Räumen winzige Tafeln zu entziffern, die uralte Gegenstände beschrieben, von denen der Zahn der Zeit kaum noch etwas übrig gelassen hat. Natürlich übertreibe ich, aber ich muss doch unsere Wahl rechtfertigen.
So also schlenderten wir nur durch die Altstadt. Uns fiel auf, dass die Verkäufer hier wesentlich aggressiver sind als anderswo. Auch ist die Auswahl an Kleidung beinahe noch eintöniger, jedes zweite Geschäft bietet die üblichen gefälschten Markenartikel an, immer die gleichen. Langweilig. Dabei ist die Altstadt sehenswert, einige antike Häuser sind restauriert, leider beherbergen sie beinahe ausnahmslos Edelrestaurants oder Hotels. Im Hafen machten wir Bekanntschaft mit einem Dutzend „Touts“, die uns Bootsfahrten verkaufen wollten. Wir kamen kaum voran, die Szenen erinnerten mich an Erlebnisse in Marokko. Ich weiß nicht, ob diese Leute mit dieser Masche Erfolg haben, mich jedenfalls verleiten sie dazu, davonzulaufen.

Also bewegten wir uns vom Hafen weg, wieder nach oben, suchten hier ein nettes Café. Das erste, das wir fanden, hatte eine nette Aussicht auf die Bucht. Als wir uns setzen wollten, kam bereits der Kellner, um die Bestellung aufzunehmen.
„Zwei türkische Kaffee“
„Nein, nur Nescafé oder Cappuccino.“
Das war gelinde gesagt eine Frechheit, denn beide Kaffeesorten werden hier gehandelt wie flüssiges Gold. Also machte ich kehrt, bedankte mich und war im Begriff, hinauszugehen. Dann hatten sie plötzlich türkischen Kaffee. Aber mir war das zu bunt, veräppeln lassen kann ich mich allein. Woanders hatten wir mehr Glück, doch auch hier versuchte man uns als Touristen wesentlich mehr Geld abzunehmen als den Einheimischen. Das ist schade, denn es beleidigt meinen Intellekt gewaltig. Für einige Prozentpunkte mehr hätte ich Verständnis, doch Preise zu verdoppeln oder zu verdreifachen ist schon frech.

Wir bummelten noch durch die Straßen, kamen an Hadrians Tor vorbei, ein gewaltiges römisches Bauwerk, das kaum dorthin passt, wo es steht, und liefen wieder in die Altstadt. Hier in Antalya ist die Saison anscheinend länger, denn das Gewimmel in den Gassen war noch beachtlich. Und eines muss man ihnen lassen: Sie haben schöne Teppiche im Angebot, auch wenn diese sicher nicht gerade günstig sind. Da ich mich damit überhaupt nicht auskenne, könnte ich niemals einen kaufen. Es ist klar, dass ein guter Teppich seinen Preis hat. Aber kann man den Händlern vertrauen? Ich denke kaum. Also ließ ich es.
Wir beendeten unseren Besuch in Antalya mit einer ausgedehnten Pause auf der Kaimauer. Es war herrlich, das Meer glitzerte vor uns, es war so friedlich und wundervoll.
Die Fahrt nach Hause funktionierte sehr gut, auf die Öffentlichen ist hier wie auch sonst überall in der Türkei Verlass. Ob man Herrn Grube von der Deutschen Bahn einmal herschicken sollte? Er könnte eine Menge lernen.
Morgen geht es weiter, wir fahren ein Stück nach Osten, auf der Suche nach einem besseren Campingplatz.