Manosque & Dauphin

Nina ist jetzt 32. Endlich konnte ich ihr heute Morgen die Geschenke überreichen, die ich vor Monaten bereits in Marokko gekauft hatte. Leider passen ihr die typischen, marokkanischen Schuhe nicht, dort wo ich sie gekauft habe, hatten mir die Verkäufer versichert, dass diese für alle Füße von 35 – 40 gemacht wären. Wahrscheinlich einmal mehr eine der vielen Übertreibungen, für die die Händler dort bekannt sind.
Wir ließen uns richtig Zeit mit dem Frühstück, warum auch nicht? Anders als sonst in der Provence ist diese Gegend nicht so üppig mit Attraktionen bestückt, so dass uns kein Programm hetzte. Nach dem gestrigen Migräneanfall wäre ohnehin kein Kraftakt möglich gewesen. So also brachen wir gegen 11 Uhr nach Manosque auf, das ca. 15 Kilometer entfernt liegt. Kurz darauf waren wir auch schon da, fanden diesmal ohne Probleme einen Parkplatz, was mich bereits stutzig machte. So leicht war es noch nie gewesen, da gab es sicher irgendeinen Haken. Wir liefen in die Innenstadt, es begann sehr gut, denn ein mittelalterliches Tor versprach eine hübsche Altstadt, die dieses Mal nicht auf einem Hügel, sondern flach vor uns lag. Leider war es das schon mit dem Flair, denn das nächste Bild nach dem Tor war eine Einkaufsstraße mit allen möglichen Läden, die uns nur peripher interessierten. Mich wunderte es ein wenig, doch bald kamen wir auf einen Platz mit einer Kirche, der zumindest sehenswert war. Die Kirche selbst war von außen beeindruckender mit ihren schiefen Wänden, die sich zum Platz hin bogen und so das Alter tragen. Dann wieder ein Stück Straße, die auf dem sehr hübschen Place Hotel de Ville endete. Hier hielten wir uns ein wenig auf, Nina musste sich etwas ausruhen, denn die Anfälle ziehen immer eine erhebliche Erschöpfung nach sich, die meist mehrere Tage andauert. Es ist schon ein Kreuz und eine fiese Krankheit, die einen ausmergeln und frustrieren kann. Vor allem wenn diese Anfälle so häufig auftreten wie bei Nina.(Anmerkung 18 Monate später: Durch spezielle Behandlungsmethoden treten die Anfälle jetzt kaum noch auf. Wer Näheres wissen möchte, fragt bitte per Email…)

Wir liefen noch etwas weiter, doch zu unserem Erschrecken hatten wir die Höhepunkte unseres Besuchs bereits hinter uns. Die Altstadt wurde sehr schnell langweilig, kaum noch schöne Ecken, die ich hätte fotografieren können. Erst jetzt schaute ich auf die Beschreibung des Rough Guides, der unseren Eindruck von ein wenig Langeweile bestätigte. Warum Manosque hier an die zwei Seiten gewidmet sind, weiß der Teufel. Ich hätte die Stadt vielleicht in einem solchen Führer, in einer Gegend, die so viel bietet, nicht erwähnt. Aber auf mich hört ja keiner. Wir flanierten noch ein wenig, bevor wir uns entschieden, das Touristenbüro aufzusuchen, das Führungen in der L’Occitane-Fabrik organisiert. Das hatte natürlich geschlossen und wir mit Sicherheit nicht den Nerv, eine Stunde darauf zu warten, bis es wieder öffnete. So endete unser Besuch in der wohl größten Stadt in der Gegend, ein wenig enttäuschend, aber manchmal geschieht das eben. Das Leben kann nicht immer aus Höhepunkten bestehen, das wäre viel zu erschöpfend.

Wir ließen uns davon nicht aus der Ruhe bringen und kauften erst einmal für unser Festmahl abends ein. Was wird nicht verraten, manchmal muss auch solch ein Journal vor privaten Dingen haltmachen. Besonders wenn es ums Essen geht.
Nachmittags schlug das Wetter um, in der Ferne war sicher mehrere Stunden lang heftiges Donnern zu hören, doch konnte ich nie einen Blitz entdecken. Der Himmel allerdings nahm eine interessante Farbe an, irgendwo zwischen tief blau und violett, zauberte so übrigens sehr hübsche Kontraste in die Gegend. Besonders die Häuser aus hellem Naturstein leuchteten beinahe.
Es regnete genau zehn Sekunden lang, und auch wenn die Tropfen sehr dick und schwer waren, empfand ich es doch als etwas lächerlich nach dem ganzen Gezeter. Kurz danach schien wieder die Sonne und wir liefen ins Nachbardorf Dauphin, ein kleiner Marsch von ca. zwei Kilometern. Es ist ein wirklich schönes Dorf, urig provencalisch und ich denke, dass früher alle Dörfer in der Gegend so ausgesehen haben, bevor der Tourismus einige davon ziemlich verändert hat. Hier aber waren die Häuser ebenso rustikal und schief, mittelalterlich, aber meist gut restauriert, die Straßen steil und uneben. Besonders abends wirkte es sogar etwas düster, ich empfand es als passend. Nicht einen einzigen Laden gab es hier, irgendwo eine Töpferei, die wir nicht fanden, weil sich unser Interesse an einer Suche gen Null bewegte und ein Restaurant, das geschlossen hatte, was sehr schade war, denn für meinen Geburtstag morgen wäre es der perfekte Ort zum abendlichen Feiern gewesen. Ich lief hoch bis zur Kirche, die sich über dem Dorf erhebt, begegnete keiner Menschenseele. Von oben ist die Aussicht schön, besonders nach dem Regen hatten sich einige Nebelbänke gebildet, die sehr viel Atmosphäre in die Landschaft zauberten.
Danach gab es eigentlich nichts mehr zu tun und wir liefen gemächlich zurück, immer entlang an einer Bundesstraße, die uns wieder daran erinnerte, dass es überall Autofahrer gibt, die nicht ganz dicht sind. Nach einigen Schrecksekunden jedoch erreichten wir den Campingplatz und feiern jetzt mit einem Festmahl.
Na dann Prost.