Sarlat-la-Canéda

Ein nebliger Morgen. Kaum eine Handbreit konnte ich sehen, als ich aus dem Zelt lugte. Vielleicht war das diesige Wetter der Grund für den langsamsten Start dieser Reise. Es wird langsam zur Gewohnheit. Aber ich glaube, dass es tatsächlich am Wetter liegt. Gerade wenn ich zelte, stehe ich nicht gerne auf, wenn es draußen ungemütlich ist. Gestern noch habe ich argumentiert, dass es im Grunde ja egal ist, weil genug Zeit ist, den Tag zu beginnen. Aber im Grunde bin ich ein Mensch, der gerne früh beginnt, bei der Arbeit und auch auf Reisen.

Heute war es aber nicht so. Ich trödelte, erledigte dann endlich die Wäsche, auch weil es der erste Tag seit Langem ist, an dem ich waschen kann. Leider sind Kleidungsstücke verschwunden. Keine Ahnung, wie das passiert ist, aber es fehlt ein T-Shirt und Unterwäsche. Wenn man nur wenig Ausrüstung dabei hat, zählt alles irgendwie. Aber es wird auch so funktionieren.

Erst gegen halb zwölf also begann ich meinen Tag wirklich. Ich hatte lange überlegt, was ich machen wollte. Castelnaud und die Jardin de Marjeyssac wollte ich erst Samstag ansehen. Was also tun an diesem Tag? Ich entschied mich dafür, nach Sarlat zu fahren. 17 Km, das sollte doch zu schaffen sein. Wiederum änderte sich dadurch meine Tour, denn Sarlat hatte ich eigentlich anderweitig auf dem Programm. Dort wollte ich auf einem der Campingplätze bleiben, um es zu erkunden. Aber ich dachte, dass sich das nicht lohnt, zu nahe bin ich schon dran. 

Ich fuhr auf der bekannten Straße in Richtung Domme. Zwar gibt es kürzere Wege nach Sarlat, aber allesamt mit größeren Steigungen. Von Domme aus bog ich ab, weitere 10 Km sollten es sein.

Es ist erstaunlich, wie schnell ich den Unterschied merke. Vor Tagen noch musste ich bei der geringsten Steigung schieben. Nun aber lief es besser. Ich radelte eigentlich recht bequem die zugegeben sanften Anstiege empor, oftmals im dritten Gang. Vielleicht werde ich kräftiger. Kann ja sein. Auch hatte ich den Eindruck, sehr schnell voranzukommen. Auf die Uhr gesehen habe ich indes nicht. Irgendwann war ich da. Endlich wieder eine Stadt. Mit schlechtem Gewissen schloss ich das Rad an, immer in der Angst, es nicht mehr vorzufinden. Sollte es gestohlen werden, breche ich die Reise ab. Das habe ich schon am zweiten Tag entschieden, nachdem das erste Rad geklaut wurde.

 

Sarlat gefiel mir auf den ersten Blick. Ich blickte auf eine Geschäftsstraße, die gelblich-braunen Häuser aus Naturstein gefielen mir. Allerdings bog ich ab, anscheinend auf die Touristenroute. Und hier traf ich auf die französische Disneyworld-Variante, die ich schon in so vielen Orten gesehen habe. Pastete, Tonwaren, Wein, Messer, neben Cafés mit englischen Speisekarten und entsprechenden Preisen. Erstaunlich für einen Ort, der mit öffentlichen Verkehrsmitteln so schlecht zu erreichen ist. Ist er wahrscheinlich gar nicht, denn es gibt mehrere Züge aus Bordeaux pro Tag. Aber für mich ist es eben nicht leicht.

Natürlich ist es schön, wenn man sich den Touristen-Schmarn wegdenkt. Die Stadt hat Charme und Stil, sieht alt aus und hat ein gewisses Flair. Aber mir fällt es zunehmend schwer, mich mit den Störfaktoren abzufinden. Vielleicht muss ich noch weiter hinein ins Périgord, fort von den englischen Strömen.

Ich schlenderte durch die Gassen und sah mir alles an. Sarlat ist, wenn ich es recht bedenke, erstaunlich klein, zumindest das historische Zentrum. Ich machte eine Menge Fotos. Besonders die vielen Blumen bildeten immer wieder herrliche Motive mit den rauen Steinen im Hintergrund. Als ich allerdings bemerkte, dass ich an den meisten Orten bereits zum dritten Mal vorbeikam, entschied ich mich dafür, die Heimfahrt anzutreten. Ich fuhr noch am Gare vorbei, um nachzusehen, wieviele Züge von hier abfahren. Sarlat ist in fast drei Wochen eine Möglichkeit , wieder nach Bordeaux zu kommen. Eine Streiknotiz habe ich allerdings nicht wahrgenommen. Eigentlich sollte wieder gestreikt werden. Ist nichts Neues und im Grunde jedes Jahr das gleiche.

Zu guter Letzt statte ich noch Leclerc einen Besuch ab. Ein viel zu großer Hypermarché. Aber es gab ein Zelt, das mich interessierte. Nur für den Fall, dass meines wirklich nicht mehr zu gebrauchen ist. Im Moment geht es noch, aber ich denke, dass die Probe auf’s Exempel erst kommt, wenn ich es neuerlich aufbauen muss. Dann erst wird sich herausstellen, ob ich es noch spannen kann. Wir werden sehen. Als wenn ich nicht schon genug Ausgaben hatte. Aber vielleicht habe ich Glück.

Die Heimfahrt ging noch schneller. Ich war erstaunt, dass ich auf der Hintour so wenige Probleme gehabt hatte, denn auf der Rücktour fuhr ich beinahe ständig bergab. Trotzdem war ich ziemlich am Ende, als ich wieder auf dem Platz ankam. Es ist schön hier, und ein idealer Ort, um die kulturell reichhaltige Gegend zu erkunden. Es wurde noch ein langer Abend, weil ich wieder etwas trantütig war, spät schrieb, dafür viel, und auch erst spät zu kochen begann. Aber ich genoss die Abendsonne, die es schon so lange nicht mehr gegeben hatte. Morgen werde ich mir Castelnaud und die Gärten leisten. Sie werden eines der Highlights der Reise.

Ich bin schon sehr gespannt.

 

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