Almeria

Was für ein friedlicher Sonntag, vor allem wenn ich an den von vor einer Woche denke. Es war auch heute Morgen ein völlig ungewöhnliches Gefühl, denn geweckt wurde ich von der stehenden Hitze, die sich in meinem Wagen ausgebreitet hatte. Die Transe parkte direkt in der Sonne, die auch unablässig schien, heiß und innig als hätte es die eisigen Tage dazwischen nie gegeben. Damit kann ich eher leben als mit dem Gefühl, ohne Füße aufzuwachen, weil diese vor Kälte fast abgestorben sind.
Vielleicht lag es an der Tatsache, dass Sonntag war, denn ich ließ mir bei allem mehr Zeit als gewöhnlich. Vielleicht war es aber auch das Meer, das ich die ganze Nacht gehört und das mich mit seinen ruhigen, gleichmäßigen Wellen begrüßt hatte.
Ich wollte heute in die Stadt, doch nicht mit dem Bus, denn mein gestriges Erlebnis erinnerte mich wieder einmal an den Umstand, dass Öffentlichen nicht zu vertrauen ist. Anders nämlich, als es eigentlich sein sollte, dienen die Angestellten in diesen Einrichtungen nicht der Allgemeinheit, sondern tun so als wäre die Allgemeinheit dazu da, sie zu erhalten. Umgekehrt ist es allerdings richtig. Gestern hatte ich auf den Bus gewartet, war vorher an der Informations- und Verkaufsstelle. Als der Bus endlich eintraf, verwies mich der Fahrer grimmig an diese Verkaufsstelle zurück. Ich hatte es jedoch genau gesehen, einem Spanier hatte er vorher ein Ticket verkauft, wenn auch unter Protest. Mir und einem Holländer nach mir wurde diese Gnade jedoch nicht zuteil. Wir mussten zurück, um bei der selben Dame, die uns vorher die Auskunft gegeben hatte, ein Ticket von einem Euro erstehen. Als wir wieder an der Haltestelle auftauchten, sahen wir nur noch das Hinterteil des Busses, der gerade aus dem Bahnhof hinaus zog. Ganz ehrlich, ich hasse diese Form von Rassismus, denn anders ist das leider nicht zu bezeichnen. Als Folge davon musste ich eine ganze Stunde warten und verfluchte diesen Tag schon, denn vorher hatte ich es fertiggebracht, einen ganzen 20-Euro-Schein irgendwo in der Gegend zu verstreuen. Solche Dinge ärgern mich maßlos, denn es ist nichts weiter als Dummheit, so unachtsam mit seinem Geld umzugehen. Ich nahm mir vor, als Strafe in den nächsten Tagen strengstens zu sparen, um mir dieses Verhalten auszutreiben. Strafe muss sein.

Heute also fuhr ich nach vielen Tagen wieder Fahrrad. Meinen Beinen ging es gut, auch versprach die Strecke entlang des Meeres sehr angenehm zu werden und es war nicht sehr weit, vielleicht 5 Kilometer. Wie erwartet hatte ich eine kleine, aber schöne Tour bewältigt. Almeria selbst war heute sonntäglich verschlafen, selbst um 13 Uhr kaum ein Mensch unterwegs. Auf mich wartete heute nur die Alcazaba, die maurische Festungsanlage, also konnte ich mir alle Zeit der Welt nehmen. Unterwegs kam ich an der Kathedrale vorbei, ein wuchtiger, eckiger Bau, der früher neben kirchlichen Zwecken auch der Verteidigung gedient hatte. Der weite Platz vor der Kathedrale war schöner als diese selbst, hohe Palmen wirkten majestätisch wie ein griechischer Tempel. Ich hielt mich nicht lange auf, setzte meinen Weg fort Richtung Alcazaba. Hoch oben thronte die Festung, die ich wenige Minuten später erreichte. Zu meinem Erstaunen war der Eintritt als EU-Bürger frei, ein Umstand, den ich nicht verstehe, denn diese Anlage will schließlich erhalten werden. Sie ist übrigens wundervoll in Blumen eingefasst, bereits auf dem kurzen Anstieg wurde ich fast überwältigt von Oleander und anderen südländischen Pflanzen, die fast alle in voller Blüte standen. Das erste Tor hatte bereits die bekannte Hufeisenform. Auch dahinter waren Gärten, nicht riesig, doch geschmackvoll-geordnet.

Almeria und das Alcazaba

Die Anlage soll einst mit der Alhambra vergleichbar gewesen sein, was auf den ersten Blick nicht ganz nachvollziehbar ist, doch auf den zweiten. Schön, dass ich die Gelegenheit habe, solche Anlagen in unterschiedlichen Zuständen sehen zu können. Hier, in Almeria, wird viel dafür getan, die Alcazaba geschmackvoll herzurichten. Die Gartenanlagen sind zwar noch nicht ganz fertig, doch wie ich den Tafeln entnehmen konnte, entsteht hier in der Zukunft noch mehr. Ich hoffe, ich habe es richtig verstanden, denn mein spanisch ist eher nicht vorhanden. Auch ist die Anlage recht groß, zwar nicht so riesig wie die in Granada, doch einige Stunden kann man schon hier zubringen. Leider sind sämtliche Informationstafeln und Filme in spanisch, ich fände, dass zumindest eine englische Übersetzung nicht schaden könnte. An einigen Ruinen befinden sich Zeichnungen mit Abbildungen, die die Anlage zeigt wie sie einmal ausgesehen hat. Die sind auch ohne Worte verständlich und es war hier, da ich mir vorstellen konnte, wie prächtig dieser Bau in seiner besten Zeit einmal ausgesehen haben mag. Er hatte sicher ebenso beeindruckende Ornamente und Holztäfelungen wie in der Alhambra, auch Gärten und Springbrunnen waren sicher genauso einladend und erfrischend. Auch war die Alcazaba wie die Alhambra Trutzburg, die der Verteidigung diente, wie man im hinteren Teil erkennt. Überall sind Aussichtspunkte, von denen aus man die gesamte Bucht, die Stadt und die Berge samt merkwürdiger Höhlen im Norden sehen kann. Selbst wenn man sich nicht für Geschichte interessiert, so lohnt sich schon allein deswegen ein Ausflug hierher.

Zufrieden machte ich mich an den Abstieg und ging von hier aus in die Stadt zurück. Jetzt war es geschäftiger, eine Hochzeitsgesellschaft nahm den ganzen Platz vor einer Kirche ein, so dass ich mich förmlich hindurchzwängen musste. In einer Bar an der Puerta de Purchena setzte ich mich und wollte endlich meine Geschichte anfangen, die mir schon seit einiger Zeit unter den Fingerkuppen brennt. Leider lief ein unbedeutendes Formel1- Rennen. Ich weiß nicht, warum Mattscheiben mich so faszinieren, doch wenn sie laufen, schaue ich drauf, egal was kommt. Trotzdem schrieb ich, die Geschichte hat sich noch nicht gezeigt, doch der Anfang ist gemacht. Auf dem kann ich aufbauen. Es war immer mein Ziel, auch auf dieser Reise einen Roman zu schreiben, es wird Zeit, dass ich auch tue, was ich mir vorgenommen hab. Es sollte jetzt ruhiger werden, das Reisen nicht mehr so im Vordergrund stehen. Ich werde an dieser Routine arbeiten, mit Freude und wie ich hoffe mit Fleiß. Und irgendwann einmal etwas produzieren, dass mir auf eine Weise mein Leben sichert. Ich bin gespannt.