Antikes Aegiali und Katapola

Eine Geschichte ließ mich nicht los.
Vor ein paar Tagen hatten wir das antike Aegiali gesucht und nicht gefunden. Hoch in den Bergen über dem heutigen Aegiali, unweit vom Ort Tholaria, liegt es. Erst nachdem wir über eine Stunde gesucht hatten, hatte ich es aus der Ferne gesehen und nur erkannt, weil wir uns vorher Bilder angesehen hatten. Wir waren dann aber zu müde gewesen, um noch hinzulaufen. Das wollte ich heute dann nachholen, also machte ich mich gegen neun auf den Weg, alleine dieses Mal, weil ich, zugegebenermaßen auch der einzige von uns bin, der Wanderschuhe mithat. Auch wenn ich Trekking-Sandalen trug, die für viele Wanderungen, nicht alle, ausreichen.
Der Aufstieg nach Tholaria war so wie immer, es ging eben nach oben. Ein Berg ist ein Berg ist ein Berg. Das sind aber die Augenblicke, in denen ich froh war, dass es dieses Jahr nicht so heiß ist. Es sind aber die einzigen, denn ansonsten empfinde ich das Wetter in Griechenland dieses Jahr als Frechheit. So etwas hatte ich nicht bestellt.
Es dauert ungefähr eine dreiviertel Stunde bis nach Tholaria, hinunter geht es natürlich schneller. Oben angekommen wusste ich dieses Mal, in welche Richtung ich laufen musste. Kurz hinter einem Café geht es rechts hinein, den Weg hatten wir vor ein paar Tagen vollständig verpasst. Alles halb so wild, ich war ja wieder hier, um ihn zu suchen. Das antike Aegiali liegt auf einer Hügelspitze zwischen noch höheren Bergen, sodass wir es schlichtweg übersehen hatten. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte. Marmorgrundrisse, umgestürzte Säulen, Reste von Häusern, Grundrisse, so etwas eben. Aber erst einmal musste ich hinkommen. Ich sah den Weg vor mir, der zum Hügel führte, aber er war durch zwei gesicherte Tore versperrt. Wahrscheinlich kann man die öffnen, aber ich machte mir aus irgend einem Grund nicht die Mühe, es herauszufinden, sondern suchte einen anderen Pfad, den ich etwas abseits der Route auch fand. Ich muss dazu sagen, dass ich von Feldern umgeben war, alle von aufgeschichteten Steinmauern getrennt voneinander. Fast unmöglich zu überwinden, weil ich befürchte, dass sie mein Gewicht nicht halten würden. Aber letztlich brauchte ich mir keine Gedanken zu machen, irgendwie kommt man hier immer dorthin, wo man hin möchte. Sogar auf halbwegs legale Weise, denn ein Pfad tat sich irgendwann zwischen den Mauern auf und ich konnte mich dem Hügel nähern. Jetzt aber wurde es etwas abenteuerlicher, denn der Pfad wurde zu einem Trampelpfad, mit einigen leichten Anstiegen, über Mauern hinweg, die ich vorsichtig überwand. Dann war ich da.
Und fragte mich eigentlich, was ich hier sollte. Kein Wunder, dass ich diese antike Siedlung nicht beachtet hatte. Auf dem Hügel befinden sich nur aufgeschichtete Steine, die sich von den Mauern drum herum in keiner Weise unterscheiden. Hier also lebten die Menschen vor Jahrtausenden, haben aber nicht wie die Athener marmorne Spuren hinterlassen. Wahrscheinlich hat schlichtweg das Geld gefehlt. Ich machte nur ein paar Fotos, um vielleicht später mehr über Aegiali zu lesen, dann aber verließ ich den Ort auf dem gleichen Weg, auf dem ich gekommen war. Sollte es so sein. Ich war allerdings froh, es gesehen zu haben, denn in den Tagen zuvor hatte der Zweifel genagt, bei der ersten Wanderung zu früh aufgegeben zu haben. So etwas muss ja nicht sein.
Hier hatte ich jetzt allerdings nichts mehr verloren, daher konnte ich mich getrost auf den Heimweg machen.

Den Rest des Tages verbrachte ich mit Ehefrau Nina auf einer dekadenten Strandliege am Meer. Es ist nicht meine Welt, vor allem weil ich nicht gerne den ganzen Tag liege, auch nicht am Strand. Außerdem finde ich die Dinger unbequem, was ich aus der ersten Reihe berichten kann, habe ich doch eine Liege wie diese im Garten in Gräbendorf gebaut. An sehr heißen Tagen ruhe ich mich dort manchmal ein halbes Stündchen aus, ansonsten aber habe ich darauf nichts verloren.
Am Abend gingen wir sogar noch essen, in eine Art Restaurant, das griechische und asiatische Küche verbindet. Es war interessant und auch gut, vor allem eine Abwechslung zur manchmal schweren griechischen Kost.
Der nächste Tag war der letzte auf Amorgos. Zumindest vorerst. In Aegiali kannten wir soweit alles, daher beschlossen wir, uns auch Katapola anzusehen. Ich habe ein etwas ambivalentes Verhältnis zum größten Ort hier. Ich weiß auch nicht warum, aber immer, wenn ich hier untergekommen war, war es mir verkehrt vorgekommen. Es ist schon ein paar Jahre her, aber irgendwie ergreift mich Katapola nicht. Erklären lässt sich das nicht. Auch jetzt war es so. Natürlich war es nach der etwa einstündigen Busfahrt über Chora interessant, wieder hier zu sein. Doch irgendwie ging es mir wie sonst auch. Nach einer halben Stunde weiß ich dort nichts mehr mit mir anzufangen.
Da wir bis 16 Uhr Zeit hatten, der Busfahrplan war zwei Tage zuvor erheblich eingeschmolzen worden, beschlossen wir, zum Strand Maltezi zu laufen. Nach einer interessanten kleinen Wanderung erreichten wir ihn und fanden ihn ziemlich voll vor. Wir hatten Glück, noch zwei Strandliegen ergattern zu können. Es ist definitiv voller als sonst um diese Zeit. Ich hoffe jedenfalls, dass es irgendwann leerer wird, die Saison müsste wirklich langsam auslaufen. Ob das auf Kreta allerdings auch der Fall sein wird, werde ich bald herausfinden. In nicht einmal einer Woche werde ich dort eintreffen.
Aber zurück zum Hier und Heute.
Wir hielten uns ungefähr zwei Stunden am Strand auf, dann beschlossen wir, noch einen Kaffee trinken zu gehen. So kenne ich die Kykladen. Der Weg in ein Café kann gerne mal das Highlight des Tages sein. Vielleicht bin ich zu unruhig. Aber das wäre nach mehr als drei Jahren Reiseabstinenz auch kein Wunder. Mir fällt es jedenfalls schwer, stillzusitzen.
Ich weiß nicht, aber die vielen Stunden in Katapola gingen rasch vorbei, also kann es nicht langweilig gewesen sein. Ich habe es auch nicht so in Erinnerung.
Der Bus lud uns pünktlich ein, war wieder sehr voll, vor allem nach dem obligatorischen Stopp in Chora. Vielleicht war es ein wenig früh, die Busse zu reduzieren. Mir jedenfalls kommt es so vor.
Morgen geht es weiter.
Wir packten abends, was sehr schnell geht, vor allem bei mir. Alles rein in die Reisetasche aka Reiserucksack. Am nächsten Tag soll uns die Fähre auf die kleine Kyklade Donoussa bringen. Dort war ich noch nie. Ich bin gespannt, was auf uns wartet.
Nach einer Woche jedenfalls sollten wir Amorgos verlassen. Ich finde, dass es auch Zeit dafür ist. Ich habe ein Gespür dafür, wann ich weiterziehen sollte. Wäre ich allein gewesen, wäre dieser Zeitpunkt schon vor zwei Tagen gewesen. So aber ist es auch gut. Man darf beim Reisen nicht stillstehen. Auch hier nicht, wo die Uhren langsamer gehen.