Plazac

Sonntag.

Vielleicht ein Ruhetag? Meine vom Radfahren geplagten Beine hätten einen Tag Pause vertragen können. Allerdings wusste ich nicht, was ich hier einen Tag lang in dieser winzigen Ortschaft anfangen sollte. Also beschloss ich, wandern zu gehen, was ich im Übrigen viel lieber mache als Fahrradfahren. Das Radeln ist eine Möglichkeit, mich fortzubewegen. Wandern hingegen mache ich aus Spaß.

Ich hatte mir eine Route nach Plazac ausgesucht, auch weil es einfach mal in eine andere Richtung ging. Mein Weg führte mich geradewegs auf einen Berg hinauf. Also wusste ich schon nach wenigen Minuten, dass mich auch das Wandern heute ziemlich schlauchen würde. Aber das war mir egal, ich wollte einfach die Zeit genießen. Schließlich handelt es sich höchstens um ein Mittelgebirge hier. Trotz der besten Wanderkarte bog ich irgendwo falsch ab und wusste kaum mehr, wo ich mich befand. Eine Bäuerin half mir, den Weg zu finden. Erstaunlich, dass ich es geschafft hatte, mich komplett zu verlaufen. Ich war beinahe wieder auf dem Weg nach St. Léon. Aber letztlich wusste ich nun, wo ich war. Allerdings hatte ich den Wanderweg, den ich laufen wollte, verloren. Stattdessen musste ich für zwei Kilometer auf einer Landstraße wandern. Effizient, aber unschön. Da sich aber der Himmel, der noch am Morgen wolkenlos gewesen war, immer mehr bezog, kam es mir nicht ungelegen, mein Ziel rasch zu erreichen. Immer wieder hörte ich das Donnern, das auf nahe Gewitter schließen ließ. So war es auch bereits in der Nacht gewesen, in der ich eigentlich sintflutartige Regenfälle erwartet hatte. Aber nichts dergleichen ist geschehen.

Plazac erreichte ich also bequem auf der Landstraße. Ein netter Ort mit einer wuchtigen Kirche und einer Art befestigtem Herrenhaus nebenan, das ebenso wehrhaft ist. Alles wird gerade restauriert, so dass es vielleicht bald auch innen zu besichtigen ist. Die Kirche jedenfalls konnte ich mir ansehen. Danach verbrachte ich noch eine halbe Stunde auf dem Friedhof, eine morbide Faszination, die ich hege. Das kleine Stück hinter der Kirche erinnerte mich an Highgate in London, umgestürzte Grabsteine, die nicht mehr zu lesen waren. Dahinter gibt es einen Friedhof, der wohl noch genutzt wird. Manchmal entdeckte ich Bilder der Verstorbenen auf den großen Steingräbern. So etwas ist interessant, gibt es doch den Menschen, die nicht mehr sind, ein Gesicht. Nicht, dass das etwas aussagt.

Eigentlich wäre es Zeit für einen Espresso gewesen, aber das einzige Café, das ich entdecken konnte, hatte heute geschlossen. Also machte ich mich auf den Heimweg, dieses Mal auf dem Pfad, den ich eigentlich schon bei der Hintour hätte laufen müssen. Es war schön, auf und ab an zwei kleinen Seen vorbei, einem Campingplatz, der allerdings für meine Bedürfnisse zu weit vom Schuss liegt. Es ist gar nicht die Tatsache, dass es zu einsam war. Aber ich brauche die Möglichkeit, mich versorgen zu können.

Meine Idee, eventuell eine längere Route zu laufen, ließ ich auf halbem Wege fallen. Meine Beine taten mir zu sehr weh und ich würde am nächsten Tag weiterfahren, so dass ich meine Kräfte einteilen wollte. Ich kam auch ziemlich erschöpft am Zelt an, trank einen Kaffee und war doch noch so fertig, dass ich danach kurz schlief. Koffein und Müdigkeit passen nicht wirklich zusammen, also muss ich wirklich erschöpft gewesen sein.

Es ist der letzte Tag hier und ich habe es wirklich genossen. Aber es ist Zeit, weiterzufahren. Morgen werde ich einen Zwischenstopp in Les Eyzies einlegen. Der Vorsicht halber, weil Domme, meine eigentlich nächste Etappe, zu weit erscheint. Ich bin etwas vorsichtig geworden, kann es mir aber auch leisten, weil ich nur wenige echte Ziele habe, die ich ansteuern will. So also kommt es auf die beiden Tage auch nicht an. Wer weiß auch, wozu das gut ist? Vielleicht kann ich meinen Beinen dort endlich die Erholung geben, die sie brauchen.

 

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