Isle sur la Sorgue

Lange habe ich überlegt, ob ich heute etwas schreiben sollte, denn es war ein recht ereignisloser Tag. Auf der anderen Seite wäre es das erste Mal, dass ich dieses Journal nicht führen würde und diese Schwäche wollte ich mir doch nicht geben.
Der Sommer ist nun wirklich angekommen, schon morgens war es fürchterlich heiß, so dass wir so schnell wie möglich aufbrachen. Unsere Etappe war nicht lang, vielleicht 50 Kilometer. Wir sind nach zwei Tagen wieder im Luberon, was sicher etwas bedeutet, denn die Gegend lässt uns einfach nicht los.

Wieder fuhren wir durch Les Alpilles, sicher eine wundervolle Gegend zum Wandern. Aber das muss warten. Trotz des recht kurzen Weges spielte Garmin mit uns heute ein Spielchen. Mit gekonnt sicherer Stimme lotste sie uns auf die winzigsten und engsten Wege, die vor vielen Jahren sicher einmal makellos geteert gewesen sind, jetzt aber mehr Löcher aufweisen als mein Gedächtnis. Es war schon beinahe ärgerlich, zumal einem Franzosen in einem ähnlich großen Camper anscheinend dasselbe passiert ist. Da standen wir nun, voreinander, der eine wollte geradeaus, der andere auch, nur in die andere Richtung. Millimeterweise schoben wir uns aneinander vorbei, die Spiegel eingeklappt, schwitzten beide Blut und Wasser, doch es half nichts, vorwärts immer, rückwärts…. was für ein schlechter sozialistischer Spruch.

Am Ende hatten wir es geschafft, ohne Beule oder Kratzer. Als ich später einen Blick auf die Karte warf, hätten wir sehr leicht nur eine Hauptstraße nehmen können, doch Garmin hatte etwas anderes mit uns vor, dessen Sinn uns bislang entgangen ist. Irgendwann werden wir sie schon verstehen.
Wir erreichten schließlich unseren Campingplatz bei Isle sur la Sourge, der erste Ort, den wir letztes Jahr auch schon gesehen hatten. Aber für eine Besichtigung war es erst einmal zu heiß, so dass wir herrliche sechs Stunden mit Nichtstun verbrachten. Aber was heißt das schon, ich habe gelesen und geschrieben, dabei aber einfach auch abgespannt. Das Ganze war letztlich fruchtbarer als ich gedacht hätte, denn während der vielen Stunden sind mir so viele Ideen für meine gotische Geschichte gekommen, dass ich darüber nachdenke, mir in Zukunft kreative Zwangspausen zu verordnen. Auch Nina konnte sich nach den Tagen der Besichtigungen und des Herumfahrens endlich ausruhen, es ist schließlich ihr Jahresurlaub und der soll nicht in Stress ausarten.

Erst am Abend sind wir in das kleine Städtchen gelaufen, das für die vielen mit Moos bedeckten Wasserräder berühmt ist. Nebenher ist es auch ein Touristenmagnet, was man unschwer an den vielen Boutiquen und Shops erkennen kann. Am Kirchplatz jedoch sind sehr urige Cafés und Bars, in denen sich beinahe nur Franzosen aufgehalten haben. Dort machten auch wir Pause. Es ist genau das richtige Pastis-Wetter, schon Peter Mayle wusste, dass dieses Getränk an keinem anderen Ort und keiner anderen Jahreszeit so gut schmeckt wie hier im Sommer. Es war auch das erste Mal, dass wir etwas später in einer Stadt waren, so dass wir das Leben auf den Straßen, das sich um diese Zeit zu entfalten scheint, beobachten konnten. Hinter uns spielten ältere Franzosen Karten, sehr lautstark und enthusiastisch diskutierten sie, ob Karo schon gespielt wurde oder nicht. Teenager in engsten Kleidern flanierten an uns vorbei, verfolgt von anderen – männlichen – Kindern gleichen Alters auf Mopeds. Das ewige Spiel, immer wieder lustig anzusehen. Zum Glück sind wir aus dem Alter heraus. Sind wir???

Die Stadt war lebhaft, viele Menschen auf den Straßen. Sehen und gesehen werden. Für morgen schauten wir uns schon einmal nach einem geeigneten Restaurant um, es gibt Dutzende, vor allem entlang der Sorgue, so dass wir unser Glück hier versuchen werden. Erst gegen 21 Uhr machten wir uns wieder auf den Heimweg, haben uns für morgen vorgenommen, mehr zu unternehmen, denn ein solch ereignisloser Tag reicht völlig aus.