04.10.

Es war ein langsames Auslaufen des Urlaubs/der Reise. Ich bin nicht sicher, wie man das bezeichnen soll, denn eigentlich war mein Aktionsradius auch hier ziemlich beschränkt.
Am 03.10. habe ich gar keine Fotos gemacht, dass ich den Tag der Deutschen Einheit gefeiert habe, ist aber auch unwahrscheinlich. Ein Tag also, den ich nun dem Lette überlassen kann.
Am 04. 10. aber bin ich nach Apollonia gewandert. Auch hier schoss ich nicht besonders viele Fotos, habe ich diese Wanderung sicher schon ein halbes Dutzend mal unternommen.
Am Abend dann machte ich noch einige Bilder am Strand und in Kamares selbst. Noch vor sechs Uhr ging die Sonne unter. Das ist der Nachteil, wenn man um diese Zeit noch unterwegs ist: die Dunkelheit.
Trotzdem war es noch spätsommerlich warm, auch die Nächte, in denen ich selten einen dünnen Schlafsack brauchte. Der Meltimi, der mich auf Amorgos noch so gepiesackt hatte, war abgeebbt, ein herrliches mildes Wetter war die Folge.
Hier also verbrachte ich die letzten Tage dieser Reise. Und konnte mir wirklich Zeit lassen.

05.10.

Wieder eine kleine Wanderung.
Dieses Mal in der Bucht von Kamares, zum einstigen Wachturm Kokkala an der Spitze der Landzunge vor dem Hafen. Es war eigentlich eher ein Spaziergang, den ich bereits kannte. Aber an diesem Tag verspürte ich keine Lust auf mehr. Wahrscheinlich hatte mich der Herbstblues erwischt.
Bei dem Turm handelt es sich übrigens eher um eine Art Warnsystem der Antike. Wenn Gefahr in Verzug war, wurde ein Feuer angezündet. Auf diese Weise wurden die Menschen gewarnt, denn das System bestand aus 76 Türmen, viele davon heute kaum noch sichtbar, so auch dieser.
Mehr geschah nicht an diesem Tag.
Auch mal schön.

08.10.

Und mal eine echte Wanderung.
Morgens nahm ich den Bus von Kamares nach Apollonia. Wolken hingen an den Bergen der Bucht, die sich aber im Laufe des Tages verziehen sollten. Im Jahr zuvor hatte ich schon einmal erlebt, dass es auf den Kykladen auch regnen konnte, ein für mich neues Erlebnis. Aber dieses Jahr sollte es bis zum Schluss trocken bleiben.
In Apollonia angekommen, machte ich mich auf den Weg nach Kastro.
Auch diesen Weg kannte ich Bestens.
Vor einigen Wochen, zu Beginn unserer Reise, war ich mit Ehefrau Nina hier gewesen. Ein eigenartiges Gefühl, jetzt, am Ende, wieder herzukommen. Der antike Ort fühlte sich vollkommen anders an. Verschlafen. Verlassen. Mystisch beinahe.
Ich machte einige Fotos, andere als die, die ich mache, wenn wir zu zweit unterwegs sind. Bin ich alleine, sehe ich andere Motive. Ist wahrscheinlich normal.
Lange hielt ich mich nicht in Kastro auf.
Bald schon befand ich mich auf dem Wanderweg nach Faro, dem einstigen Haupthafen von Sifnos. Eine schöne Strecke, entlang der immer karger werdenden Natur. Die Landschaft brauchte Regen, das sah man. Aber die Kräuter am Wegesrand dufteten, sobald ich sie streifte.
Dann tauchte Faro auf. Ein kleines Dorf, das durch den Tourismus etwas gewachsen ist. Noch hat es allerdings seinen Charme bewahrt. Es handelt sich noch immer nur um eine Handvoll Häuser, ein oder zwei Restaurants/Cafés und einen kleinen Laden. Wer viel Ruhe sucht, ist hier in der Nach-Saison gut aufgehoben.

Nach einem Nickerchen am Strand setzte ich meinen Weg fort.
Immer an der Küste entlang, erreichte ich bald das einmalige Kloster Chrisopigi aus dem 17. Jahrhundert. Seine Lage auf den Felsen einer Landzunge ist atemberaubend.
Hier schloss ich schnell Freundschaft mit einem sehr kleinen Kitten, das ich fütterte. Ich befürchte, dass es seine Mutter verloren hat, denn es wollte eigentlich gesäugt werden. Vorsichtig zerbröckelte ich das Trockenfutter und gab ihm Wasser. Es gibt auch heute noch Tage, an denen ich darüber nachdenke, ob ich die Katze nicht hätte adoptieren sollen. Es war wirklich nur ein kleinen Würmchen, ohne große Chancen im Leben.
Es ist schwierig, von solchen Gedanken wieder zurückzukommen. Auch das Reisen ist manchmal nicht einfach. Der Tag war wundervoll, warm, aber nicht zu heiß. Und doch zeigt sich auch in solchen Situationen oft eine andere Realität als die, die auf den Traummotiven der Fotos zu sehen ist.
Ich jedenfalls ließ die kleine Katze zurück, die sich daraufhin anderen, älteren Tieren anschloss. Ich hoffe, dass diese sich ein bisschen gekümmert haben.

Meine Wanderung aber führte mich weiter, auf eine Hügelkette hinauf. Von hier konnte ich mein letztes Ziel, Platis Gialos, sehen. Und auch den weißen Turm, das Wahrzeichen des Ortes. Den wollte ich besuchen. Im Grunde führte kein Weg dorthin, Privatgelände, aber so etwas ist in Griechenland oft relativ. Also suchte ich einen Pfad, den ich zwar nicht fand, doch durch das lockere Unterholz kämpfte ich mich langsam voran, bis ich vor dem Gebäude stand. Es ist eine Ruine und war Teil eines antiken Informationssystems. Denn es existierten Dutzende Türme auf Sifnos. Wenn Gefahr drohte, wurde ein Feuer auf den Türmen entzündet. Und die Bewohner wussten, dass sie sich rüsten mussten.
Der weiße Turm hier ist derjenige, der mit am besten erhalten ist. Und interessant ist es ohnehin.
In Platis Gialos hielt ich mich nicht lange auf. Aus irgendeinem Grund kann ich mit dem größeren Touristen-Ressort nicht viel anfangen. Der Strand ist schön, das Meer einladend. Es war auch ziemlich einsam, dennoch nahm ich schon bald einen Bus zurück nach Kamares. Vielleicht auch, weil es um diese Zeit nicht mehr viele gab.
Eine schöne Wanderung ging somit zu Ende.

10.10.

Absolute Endzeitstimmung.
Die Tage wurden immer kürzer, das Sonnenlicht immer fahler. Und trotzdem war ich noch hier, erlebte den langsamen Übergang vom Sommer in den Herbst, kaum merklich. Und doch war das Ende des Sommers nicht mehr zu leugnen.
Ich lief an diesem Tag noch einmal nach Apollonia. Vorbei an den ehemaligen Eisenmienen an der Straße zur Inselhauptstadt, fand dort ein altes Autowrack. Idyllisch. Es war vielleicht der Abschied von der diesjährigen Tour, die wirklich lange gedauert hatte.
Noch einmal sah ich die Berge mit den beiden Klöstern Agios Simeon und Prophet Elias (oder Ilias).
In Apollonia machte ich mich auf den Weg nach Artemonas, das ich links liegen ließ. Von dort dann weiter. Hinaus aus der Stadt, in Richtung eines Hügels, auf dem ich einige ruinöse Windmühlen, einen Sendemast und eine Kapelle entdeckt hatte. Warum ich gerade hierher lief, weiß ich nicht mehr. Ich glaube, es gab keinen Grund. Einfach die Insel erkunden, Abschied nehmen.
Ich weiß leider nicht mehr genau, um welche Kapelle es sich handelte. In jedem Fall hatte ich schöne Ausblicke von dort.
Als ich zurück nach Kamares kam, sah ich dabei zu, wie einige Arbeiter die Reste der Strandmöbel entfernten. Sie gruben die Halterungen für die Sonnenschirme aus, samt Betonklötzen. Besonders in diesen Augenblicken merkte ich, dass es wirklich an der Zeit war abzufahren.
Nun, einen Tag hatte ich noch. Aber ein bohrendes Gefühl von Leere und Einsamkeit, das ich an diesem Tag gespürt habe, war so tiefgreifend, dass ich es jetzt, einige Jahre später, noch immer nachempfinden kann. Eine Art Erinnerung, ein Echo, das stark genug war, das ein Teil davon in mir zurückgeblieben ist.

12.10.

Wirklich die letzten Stunden.
Nachmittags ging die Fähre zurück nach Piräus.
Ich nutzte die Zeit, um noch einige Fotos von Kamares zu schießen. Es war sonnig. Und ziemlich windig. Das Meer war aufgewühlt. Und der Strand leer.
Auch wenn ich wusste, dass ich eher bald zurückkehren würde, hatte ich eine wehmütige Stimmung. Es ist immer eigenartig, wenn der Sommer vorbeigeht. Viel zu allegorisch.

 

Hommage an Cuddles

Hier möchte ich übrigens noch einige Zeilen einer besonderen Katze widmen.
Cuddles.
Schon vor einigen Wochen, als ich mit Ehefrau Nina zusammen auf Sifnos war, hatten wir uns mit Cuddles und seiner Schwester Freckles angefreundet. Zwei Kitten, vielleicht drei oder vier Monate alt. Es waren freundliche Wesen, die jeden auf dem Campingplatz betörten.
Besonders Cuddles war dabei besonders motiviert, schlief oft auf meinem Schoß, erbettelte sich Futter, das er sicher von jedem Gast zur Genüge bekam.
In der letzten Nacht hatte er es sogar geschafft, sich Zugang zu meinem Zelt zu verschaffen. Dort schlummerte er mehrere Stunden an meiner Seite. Freckles hingegen bekam ich bei meinem letzten Aufenthalt hier nur noch einmal zu Gesicht. Ich sage mir, dass sie einfach weitergezogen ist. Ich hoffe es stark.
Cuddles aber begrüßte mich jeden Morgen mit freundlichen Kopfstößen und überschwänglichem Enthusiasmus. Er wurde zu einem echten Freund während der 14 Tage am Ende der Reise.
Es war unglaublich schwer, ihn zurücklassen zu müssen. Aber er war natürlich mehr als nur ein Katzenfreund. Ein Freigänger, Raufbold. Und ein Manipulierer.
Ich hoffe, dass ihm diese Eigenschaften geholfen haben.
Das Schönste aber erlebten wir im Jahr darauf. Denn wir haben ihn, bei unserem Aufenthalt 12 Monate später, wirklich wiedergetroffen.
Aus dem kleinen Kitten war ein kleiner, aber frecher Kater geworden. Weniger anhänglich, dafür aber noch draufgängerischer. Es hat uns sehr gefreut.
Und vielleicht treffen wir ihn ja beim nächsten Mal wieder.
Ich kann es kaum erwarten.