Ölüdeniz

Ein perfekter Tag zum Arbeiten und Ausspannen. Ich glaubte der Wettervorhersage, die in den vergangenen vier Wochen so akkurat wie nur irgend möglich gewesen war. Es sollte regnen, doch außer einigen Wolken war davon noch nichts zu sehen. Ich begann wieder mit der Arbeit, kümmerte mich besonders um Namen und einige Details, merkte dabei, dass ich mich immer weiter in die Geschichte hinein begab. Nach einigen Stunden begannen meine Augen zu schmerzen und mein Kopf zu brummen, ein untrügliches Zeichen dafür, dass es für den Moment genug war. In einem Angestelltenverhältnis würde man den Rest der Arbeitszeit aussitzen, selbst wenn das mehrere Stunden gewesen wären. Ich brauche das nicht, sondern konnte mich anderen, amüsanteren Tätigkeiten widmen. Daher beschloss ich, ins Kino zu gehen. Der Himmel wurde immer dunkler und in dem Moment, als ich in Fethiye aus dem Bus stieg, öffneten sich die Schleusen. Da war er also, der versprochene Regen. Und ich war so klug gewesen, keinen Schirm mitzunehmen. Also erstand ich einen für 5 Lira, dachte, dass der wenigstens für den heutigen Tag reichen würde. Er hielt nicht einmal zehn Minuten, dann löste sich bereits die Bespannung. Das macht ein Schnäppchen wirklich teuer.

Der Film selbst war kaum der Rede wert, eine englische Komödie, besetzt mit der Crème de la Crème der angelsächsischen Schauspielgarde, doch was dabei herausgekommen ist, waren nur einige Schmunzler. Manchmal reicht es eben nicht, nur Klischees zu bedienen.
Draußen hielt der Schirm nur schlecht als recht das Wetter ab, das sich verschlechterte. Ich wünschte, ich hätte mehr Geld für den Schirm ausgegeben, was hier allerdings gar nichts bedeutet, denn nur weil es teuer ist, heißt es noch lange nicht, dass es nicht derselbe Mist ist. Zu meinem Unglück trug ich nur Shorts und T-Shirt, war es doch heute morgen ausgesprochen mild gewesen. Ich hätte es mir denken können, dass das bei Regen nicht so bleibt. Auf meinem Arm bildete sich Gänsehaut, meine Füße in den Sandalen wurden auch nicht wärmer, so dass ich meinen Spaziergang durch die Stadt kurzerhand abbrach, um wieder zum Camper zu fahren. Das geschah auch, ich dümpelte hier einfach vor mich hin, las noch etwas in Wikipedia über Serienmörder, ein wirklich faszinierendes Thema, bevor ich einsah, dass dieser Tag im Grunde vorbei war.

Morgen fahre ich weiter, um rechtzeitig in Antalya zu sein, wenn Nina ankommt. Ich werde mich bemühen, eine geeignete Unterkunft zu finden. Es ist vier Monate her, seit sie abgefahren ist. Wenn ich zurückdenke, ist mir diese gemeinsame Zeit in Frankreich in besonders lebhafter Erinnerung. Wie komischerweise einige einsame Tage auch, aber bei Weitem nicht alle. Erinnerungen sind wirklich etwas Merkwürdiges. Woran liegt es, dass man sich an einiges so gut erinnert? Ich habe so viele wundervolle Tage erlebt, manche von ihnen sind völlig blass, andere wieder bunt und farbig. Es ist mir ein absolutes Rätsel. Wenn diese Fahrt einmal vorbei ist, werde ich diese Zeilen überarbeiten. Nicht um sie umzuschreiben, denn das würde die Authentizität zerstören, sondern um sie zu korrigieren. Dabei werde ich sicher merken, was lebendig ist und was nicht. Am Ende kommt es darauf sicher nicht an, denn wichtiger als die Erinnerung ist die Erfahrung selbst, und zwar in dem Moment, in dem ich sie mache.
Anders geht es nicht.