Kastro
Welch ein Anblick, wenn man sie vom Wanderweg von Apollonia aus das erste Mal erblickt. Lange ist die ehemalige alte Inselhauptstadt hinter den Hügeln versteckt. Dann plötzlich taucht sie auf. Wie Zuckerguss sitzt sie majestätisch auf einem Berg, vom Meer flankiert. Sogar einige Windmühlen ergänzen das Bild. Kykladen-Harmonie in Reinkultur.
Es muss früher ein hartes Leben gewesen sein. Das, was wir heute so romantisch verklären, war einst alles andere als einfach. Auch Kastro, wie andere Orte dieser Art, war eine Festung, bestehend aus Häusermauern, die keine Lücke boten, und einem leicht zu verteidigenden Labyrinth aus Pfaden. Piraten machten im Mittelalter der Bevölkerung das Leben schwer. Heute lässt sich das kaum mehr erahnen. Es gibt allerdings nur fünf Zugänge zu der ansonsten vollkommen eingeschlossenen Stadt.
Aber Kastros Geschichte geht noch viel weiter zurück. Wenn man den Ort erst einmal betreten hat, tauchen überall Spuren aus der Antike auf. Ab und an kann man Säulen sehen, die heute zum Beispiel als Stütze für Vordächer dienen, in klassischer Zeit aber zu Tempeln gehört haben müssen. Besonders in Erinnerung sind mir römische Sarkophage, von späteren Generationen zurechtgeschlagen, die wie zufällig in den engen Gassen stehen.
Doch manche Zeugnisse sind sogar noch älter. So findet man im Norden Kastros noch die Reste der alten Akropolis. Die marmorne Mauer ist restauriert. Wie ich erfahren habe, gibt es jetzt sogar ein kleines Museum, das ich allerdings noch nicht besichtigt habe.
Alles in allem ist Kastro seit Jahrtausenden durchgängig bewohnt. Funde beweisen, dass schon im dritten Jahrtausend vor Christus Menschen hier gewohnt haben. Kann ich gut verstehen.
Ich nehme mir immer Zeit hier, folge den Gassen um die Stadt herum und wundere mich manchmal, dass es keine Cafés auf der Ostseite der Stadt gibt. Die Aussicht ist herrlich, Paros ist an guten Tagen deutlich zu erkennen.
Ein besonderes Kleinod stellt die Kapelle der sieben Märtyrer dar (Church of the Seven Martyrs, Επτά Μάρτυρες). Ein Felsen ragt aus dem Meer heraus, darauf eine kleine Kirche, die so ins Auge sticht, dass sie einem sofort ins Auge fällt. Von Kastro aus kann man einem Weg aus Stufen folgen, um dorthin zu gelangen. Aber spektakulär ist eigentlich die Aussicht darauf. Je näher ich der Kirche komme, desto kleiner wird sie. Aber so ist das oft.
Meist trinke ich nach diesen Spaziergängen noch einen Kaffee in einem der beiden Resto-Cafés. Die haben zwar keinen Meerblick, trotzdem ist auch die Aussicht auf das Tal wundervoll.
Eine Bar gibt es ebenfalls, das Kastro, sicher von einem alten Revoluzzer betrieben, wenn man das nach den Wandtatoos von Che beurteilen kann. Ob der sich den Ort für seine Kneipe extra ausgesucht hat? Die Bar liegt jedenfalls malerisch. Da ich aber immer nur tagsüber hier war, habe ich sie nie offen erlebt. Sie macht auf jeden Fall einen interessant-rustikalen Eindruck, mit Hunderten von Rumflaschen, die wie mit Absicht angeordnet sind.
Von Kastro aus gehen verschiedenen Wanderwege ab. Einer führt nach Faros und Platis Gialos, ein anderer auf Umwegen über das sehenswerte Kloster Panagia Poulati nach Artemonas, das heute Teil von Apolonia ist.
Aber auch Busse fahren regelmäßig in Richtung der heutigen Inselhauptstadt oder Kamares.
Vor der Stadt liegt übrigens noch ein kleiner Hafen mit zwei urigen Tavernen. Ich komme gerne her und sehe den Wellen zu.