Catania

Ich habe gestern dieses Journal nicht geschrieben, hatte es eigentlich auch nicht vor. Heute sehe ich das etwas anders, allerdings muss ich versuchen zu erklären warum. Gestern habe ich so gut wie nichts getan. Es ist psychisch nichts geschehen, physisch schon gar nicht. Zumindest fast nichts. Ich habe mich wieder an den Roman herangearbeitet, und auch wenn ich noch nicht den alten Schwung habe, war es dennoch ein gutes Gefühl. Den Rest des Tages habe ich mit süßem Nichtstun verbracht, reine Zeitverschwendung, wenn man mich fragt. Und dennoch, vielleicht gehören auch diese Tage in ein Journal. Gestern Abend konnte ich mich also nicht aufraffen zu schreiben. Aber einige Zeilen wollte ich heute Morgen dennoch zu Papier – oder besser auf den Bildschirm – bringen.

Gestern Abend noch zweifelte ich stark, ob meine Reise derzeit wirklich noch so zu bezeichnen ist. Was in der Türkei begonnen hat, nämlich ein allmähliches Abflachen meiner Aktivität, hat hier einen Höhepunkt erfahren. Seit Tagen bin ich hier, genieße sicher das schöne Wetter, doch es ist wie damals in Silifke. Eher ein Ausharren, um in Deutschland dem Winter zu entgehen. Es ist gar nicht so leicht, sich davon loszureißen, aber ich werde es tun. Vielleicht erst in einigen Tagen, aber es ist Zeit zurückzukehren. Diese Erkenntnis tut mir etwas weh, denn diese Lebensweise beginnt, ihren Reiz für mich zu entwickeln. Aber sie wäre verbunden mit sehr viel Verzicht und ich bin im Augenblick noch nicht bereit dafür. Ich habe noch nicht ganz mit dem bürgerlichen Leben abgeschlossen, das bei meiner Rückkehr auf mich wartet. Obwohl ich es mir mit befremdlichen Augen ansehe, kann ich nicht davon lassen. Vielleicht eines Tages, wenn ich es geschafft habe, mein Geld unabhängig vom Ort zu verdienen, kann ich diese Idee ausbauen. Aber ich bin kein Narr, der sich in diese Art von Tagträumen verliert. Ich habe es ein Jahr lang zugelassen, aber nun wartet etwas anderes auf mich. Obwohl ich mich natürlich genau erforschen werde, wenn ich zurückgekehrt bin. Eines weiß ich jetzt schon, mit dem Journal werde ich nicht aufhören, denn ich vergesse zu schnell, um mich wirklich an die Gedanken zu erinnern, die ich während der Fahrt hatte. Es ist schön, diese Zeilen irgendwann in der Zukunft zu überarbeiten, später, nach einigen Jahren, wieder einmal zu lesen, wenn ich vielleicht nicht mehr in der Lage bin zu reisen. Es ersetzt vielleicht die kleinen Abenteuer nicht, aber bei meiner Fantasie kann ich mich sicher zurückversetzen und Orte wieder erleben.

Im Moment zum Beispiel schäumt das Meer stark, die Sonne versteckt sich hinter diesigen Wolken, doch es ist recht warm und angenehm.
Ich werde mich losreißen müssen.
Werde es auch tun.
Heute aber genieße ich es noch einmal.