Aci Castello

Heute schreibe ich aus Zeitmangel einmal zwei Tage auf einmal. Es ist eine besonders sonnige Zeit im Moment, 20 Grad am Tage, in den Nächten allerdings eher um die drei oder vier. Gestern saßen wir lange einfach nur am Meer, ließen es uns gut gehen. Die Zeit verrann uns zwischen den Händen, aber gegen Mittag beschlossen wir, einfach loszulaufen, nicht in Richtung Catania, sondern in die andere, nach Aci Castello. Dort waren wir einige Tage zuvor entlang gefahren, es sah recht ansehnlich aus. Der Spaziergang selbst war letztlich nicht so erbaulich, weil er direkt an der viel befahrenen Straße entlang führte. Auch neigen die Italiener offenbar dazu, ihre paradiesischen Strände und Felsengärten verdrecken zu lassen, ein Umstand, den ich seit mindestens Griechenland beobachten konnte. Natürlich ist es trotzdem malerisch, die schwarzen Felsen, wild bewachsen mit Pflanzen, die selbst im Januar teilweise blühen, dazu das dunkelblaue Meer und die helle, intensive Sonne Siziliens zauberten ein farbenfrohes Spektakel herbei, das wir sehr genossen. Nach einiger Zeit erreichten wir das normannische Castello, das gerade geschlossen wurde, als wir ankamen. Wir ließen uns davon nicht stören, sondern genossen einen Café Macchiato in der Sonne. Nichts schien diese Atmosphäre zu stören. Da es noch sehr früh war, liefen wir einfach weiter, in Richtung der sogenannten Zyklopenfelsen. Auch hier wurden wir durch das Naturspektakel vor unseren Augen verwöhnt, die vulkanischen Felsen ragen spitz aus dem Meer hervor.

Ich weiß nicht wieso, aber vielleicht ermüdete uns der stetige Wind und die pralle Sonne etwas zu sehr, so dass wir recht erschöpft am Abend wieder am Platz ankamen. Ich konnte mich nicht aufraffen, das Journal fortzusetzen, sicher das erste Mal seit Monaten. Ich wollte es am Morgen des nächsten Tages, also heute, nachholen. Es kam anders.

Wir erlaubten uns den dritten Streit innerhalb von sechs Tagen. Dieser war der heftigste. Dieser letzte Streit hat uns so viel Kraft gekostet, dass wir kaum noch zu weiteren Aktionen in der Lage waren. Wir benötigten Stunden, um überhaupt wieder darüber nachdenken zu können, etwas zu unternehmen. Da es Ninas letzter Tag ist, war es absolut notwendig, durch etwas Schönes wieder ein wenig zueinanderzufinden. Also liefen wir nach Catania. Dabei stellte ich sicher, dass wir an einem herrlich gelegenen kleinen Häfen vorbei kamen. Dort setzten wir uns in die Sonne und genossen die frühlingshafte Atmosphäre, Balsam für unsere geschundenen Seelen. Wir setzten den Weg in die Stadt fort, liefen über den täglichen Markt, vorbei an den schönsten Gambas und Octopi. Trotz der fortgeschrittenen Stunde war es in den Straßen noch warm, so dass wir uns etwas Besonderes gönnten. Ein Eis, echt italienisch und ein absolutes Geschmackserlebnis, wie könnte man sonst wieder gute Laune bekommen? Danach probierten wir in den teuren Geschäften einige Kleider an, Beneton, Riconoscente, die Markenkleider standen uns prächtig, aber wir widerstanden natürlich, hatten einfach nur etwas Spaß am Probieren.

Wir werden noch versuchen, diese Reise zu einem einigermaßen versöhnlichen Abschluss zu bringen und heute Abend nochmals Pizza essen zu gehen. Wenn Nina morgen Abend abgeflogen ist, wird für mich sicher die Zeit des Nachdenkens beginnen. An eine überstürzte und sehr frühe Rückreise glaube ich jetzt nicht mehr, sicher werde ich noch einige Zeit in der Wärme bleiben, mir klar darüber werden, was ich eigentlich möchte. Bislang weiß ich nur, was ich nicht will, aber so ist es bei den meisten.
Ich bin so müde und erschöpft, dass ich nicht einmal dieses Journal so fortsetzen kann, wie ich es gerne hätte.
Morgen beginnt wieder die Einsamkeit. Vielleicht ist das auch ganz gut so.