Athen und Piräus

Die Ankunft in Athen war ziemlich beschwerlich.
Es waren nur Kleinigkeiten, die schiefliefen, aber die reichten schon, um die Reise zu komplizieren. Am Flughafen hatte ich keine Schwierigkeiten, das Gepäck lag schon auf dem Band, nachdem ich die Corona-Angelegenheiten erledigt hatte, die kaum der Rede wert waren. Nur das PLF wurde kontrolliert, zum Test musste ich nicht. Fahrrad und Reisetasche waren gut angekommen, das Rad soweit in Ordnung, zumindest konnte ich nichts erkennen.
Auch der Bus draußen wartete schon, das Ticket hatte ich rasch gekauft, Platz hatte ich ebenfalls mit beiden enormen Gepäckstücken. Besonders das Rad in der Tasche ist schon sehr ausladend.
Als der Bus losschlingerte, begann ich langsam, das Rad auszupacken. Die Plastikfolie entfernte ich, auch die Kleidungsstücke, die als Polster gedient hatten. Soweit war alles ganz, nur die Kette war abgefallen, was mich etwas ärgerte. So weit, so gut. Nichts Dramatisches.
Erst als ich in Piräus ankam, begann das Malheur. Ich fand die Spanngurte nicht, mit denen ich die riesige Gepäcktasche auf dem Rad anschnallen konnte. Irgendwie hatte ich auch optimistischer Weise der Besitzerin der Ferienwohnung mitgeteilt, dass ich in 20 Minuten an der Wohnung sein würde. Wäre ich auch gewesen, wenn ich hätte radeln können. Das ging aber nicht. So also schob ich das Rad, während die Tasche alle 100 Meter herunterfiel. Dabei beschädigte ich mein Smartphone, der Schutzbildschirm hat jetzt einen Sprung. Auch mein GPS spielte mir einen Streich, schickte mich einen Hügel hoch. Die Straße hatte ich gefunden, aber nicht die richtige Nummer. Ich musste wieder nach unten, dabei Treppen hinab. Das Rad war wirklich unhandlich, erst trug ich das Gepäck, dann das Rad selbst. Unten angelangt war die Kette vollends ab, ich konnte das Rad keinen Millimeter bewegen. Ich schloss es einfach an und machte mich zu Fuß auf den Weg. Hier wartete meine Vermieterin schon, ziemlich ungeduldig und kurz angebunden. Ich erinnerte mich, dass ich 20 Minuten zuvor schon einmal in der Nähe vorbeigekommen war, aber das Navi hatte mich weitergeschickt. So kann es kommen.
Ich muss auch gestehen, dass es fast unmöglich ist, in Piräus Fahrrad zu fahren. Die Schlaglöcher sind mörderisch. Ich möchte dort nicht fahren. Ich hoffe, dass es woanders besser wird. Immerhin ist diese Reise eine Generalprobe für das nächste Jahr.
Nach dieser Tortur war ich körperlich am Ende. Die Kette fummelte ich wieder auf das Rad, sie war zum Glück nicht kaputt, aber meine Hände waren danach vollkommen verölt. Ich stellte es zusammengeklappt in die Wohnung. Trotz der Anstrengungen machte ich mich noch auf den Weg zum Harlequine, verstieß dort gegen meinen vegetarischen Eid und trank dazu noch einen halben Liter Wein. Als ich später zu Hause ankam, fiel ich nur noch ins Bett.
Immerhin war ich jetzt da.
Am nächsten Morgen rief mich Schwester Franziska an, um morgens einen Kaffee trinken zu gehen. Sie war gestern Abend angekommen, auch um hier Urlaub zu machen. Wir haben uns aufgrund der Krise seit fast zwei Jahren nicht gesehen. So leiteten wir beide am kleinen Jachthafen in Piräus unseren Urlaub ein.
Später gesellte sich Soon-to-be Schwager Endri hinzu. Die Beiden hatten ein Auto gemietet, wobei ich anmerken muss, dass Endri hier aufgewachsen ist, seine Eltern leben bis heute in Piräus. Kurz gesagt: Er ist Grieche.
Wir beschlossen, nach Athen zu fahren. Es war bereits ziemlich spät, gegen halb zwei, um zumindest noch etwas zu unternehmen. Wir hatten uns einen kleinen Berg inmitten der Stadt als Ziel herausgesucht, mit einer kleinen Kapelle darauf, Agios Georgios Lycabettus, mit wundervollen Aussichten auf die Akropolis. Wir konnten ziemlich weit nach oben fahren, hatten danach noch vielleicht 50 Höhenmeter zu überwinden. Ins Schwitzen brachte uns nur die Septemberwärme, wobei ich sagen muss, dass ich es schon viel heißer in Athen erlebt habe. 27 Grad, dazu etwas bedeckt, weit entfernt also von den 40 Grad, die hier sechs Wochen vorher zu verheerenden Bränden gesorgt hatten. Mir war es recht.
Die Aussicht war wirklich atemberaubend, die Akropolis gut sichtbar, sie lag weit unter uns, ein eigenartiges Gefühl. Von hier hatte ich auch die Gelegenheit, einmal die Stadt selbst zu taxieren. Sie wirkt von hier oben riesig. Ein Häusermeer, kaum unterbrochen von Parks, das nur durch die angrenzenden Berge eingedämmt scheint. Ich muss gestehen, dass ich besonders in Richtung Küste kein Ende habe erkennen können. Gewaltig. Athen wirkt auch von oben chaotisch. Aber die Stadt hat etwas, auch wenn ich sie nicht als schön bezeichnen würde.
Nach diesem Ausflug schlenderten wir noch durch die Innenstadt, in der Gegend um den Flohmarkt bei Monastirki.

Dann reichte es uns und wir beschlossen, nach Hause zu fahren, um uns vor dem Abend noch ein wenig auszuruhen.
Schwester Franziska und Soon-to-be Schwager Endri hatten etwas zu feiern. Nämlich die Empfängnis des im Februar ankommenden Sohnes der Beiden. Ich werde also mal wieder Onkel. Schön.
Den Abend beschreibe ich hier jetzt nicht, es waren viele Personen anwesend, Soon-to-be Schwager Endris Eltern, sein Bruder samt Frau und den beiden Töchtern, eine Cousine und deren Lebensgefährten. Über diese drei Stunden könnte ich alleine einen halben Roman schreiben, dank der Tatsache, dass sich alle, mir zu liebe, statt auf Französisch auf Englisch unterhielten. Aber das wird zu persönlich und wird dieser netten Familie nicht gerecht. Ich werde es trotzdem bestimmt mal in der einen oder anderen Art literarisch verwerten.
Spät nachts dann beschloss ich, vom Restaurant aus nach Hause zu laufen. Es war ein wundervoll warmer Abend, ich wurde unterwegs fast von einem unerzogenen Hund gebissen, deren Besitzerin auch ziemlich erschreckte. Ich war selbst schuld, was nähere ich mich auch niedlich aussehenden Tieren, die ich nicht kenne. Es ging aber gut. An einem Späti erstand ich noch eine kleine Flasche Wein und beendete den Abend auf dem kleinen Balkon in der Ferienwohnung. Alles in allem ein wirklich netter Tag. Ungewöhnlich für einen alten Grantler wie mich, der doch einige soziale Fähigkeit behalten hat. Es war auch wirklich schön.
Und so soll es ja auch sein, obwohl man das bei Familienzusammenkünften nie so genau weiß.