Bath

Es war einer der Tage, an denen ich merkte, dass man unter keinen Umständen die Zeit zurückdrehen kann. Wir ließen es heute langsam angehen, standen in Ruhe auf und fuhren dann nach Bath. Rein äußerlich hatte sich nichts verändert. Die High Street mit all den typischen Shops lag noch immer vor uns, teuer und belebt wie immer. Wir schlenderten zuerst zur Putney Bridge, vorbei am Abbey. Wenn ich auf eine Art Nostalgie gewartet hatte, dann stellte sie sich nicht ein. Irgendwie lief ich beinahe gelangweilt durch die Straßen, denn nichts mochte mich überraschen. Letztlich waren wir bestimmt einfach zu oft hier gewesen, hatten sämtliche Attraktionen bereits gesehen, von denen uns auch keine mehr reizte. Selbst die römischen Bäder konnten mein Interesse nicht noch einmal wecken, was vielleicht an den selbst für England exorbitanten Eintrittspreisen lag. 15 Pfund, mehr als 20 Euro, muss ein Erwachsener berappen. Und wie ich mich erinnerte, halten die Stätten kaum einen Vergleich mit denen stand, die ich auf meiner „Großen Reise“ habe sehen dürfen. Also stürzten wir uns auf die Geschäfte, bummelten nebenher. Aber auch das hat sich in mir verändert. Denn ebenfalls auf der Europareise habe ich gelernt, mich zurückzuhalten, wenn es um Einkäufe geht, die ich im Grunde nicht brauche. Wünsche werden in der heutigen Zeit allzu schnell geweckt, ohne dass ein tieferes Bedürfnis dahinter steht. Ich habe mich weitestgehend davon befreit, so dass ich mich zwar umschaute, doch den Lockungen mit einem ziemlich süffisanten Lächeln widerstehen konnte.

Wir erreichten den Circle, die grandiose Architektur von Bath bewunderten wir trotz aller Routine noch immer. Regency und Georgian, ich kann mich nur an Edinburgh erinnern, deren Neustadt einen ähnlichen Reichtum dieser architektonischen Richtung aufweist. Aber auch hier war nichts wie früher. Wir sahen uns alles genau an, aber Neues entdeckten wir nicht mehr. Selbst der Royal Crescent konnte uns nicht mehr zu Jubelstürmen hinreißen. Vielleicht lag es auch an meinem Kater von gestern, der mich die meiste Zeit des Tages begleitete. In den Assembly Rooms hingegen kamen wir dann wieder auf unsere Kosten. Die hatten wir beide noch nicht gesehen. In den Räumen traf sich zu Jane Austens Zeiten die feine Gesellschaft. Sie sind sehr prächtig und man kann noch immer spüren, dass viele große Feste stattgefunden haben. Und noch mehr Gossip und Klatsch. Unten befindet sich das Fashion Museum, in dem Tausende von Kleidern ausgestellt sind – aus Austens Zeiten und älter bis heute. Auch für einen Modemuffel wie mich war es interessant.

Wieder liefen wir danach durch die Straßen, entdeckten Winkel und nette Cafés. So wie damals, als Nina und ich uns gerade kennengelernt hatten. Eigentlich könnte man Bath sogar als unsere erste Reisestation bezeichnen, denn nur wenige Wochen vorher waren wir zusammen gekommen. Und eine Woche vorher hatte ich meinen ersten Camper, einen Citroen Romahome gekauft. Somit würde ich Bath als die Jungfernfahrt in ein neues Campingzeitalter bezeichnen. Aber das alles konnten wir nicht wieder aufleben lassen. Wie ich auch schon früher bemerkt habe, brauche ich immer etwas Neues, dass meine Sinne beschäftigt. Altes kann das nicht mehr. Wir gaben trotzdem nicht auf, spazierten weiter. Nachdem wir sicher die Straßen der Altstadt mehrfach gesehen hatten, entschieden wir, dass es genug war. Auch wenn Bath ganz sicher sehr viel Charme und Ambiente besitzt, sahen wir es nicht mehr. In einem Sportgeschäft kaufte ich doch noch etwas, ein Cricketshirt, das ich seit Jahren haben wollte. Natürlich kein Originalshirt der englischen Mannschaft, denn 35 Pfund sind dann doch etwas happig für ein T-Shirt. Aber ich bin zufrieden.

Morgen geht es wieder an die Küste. Ich verspüre insgesamt ein Gefühl von tiefer Befriedigung, denn jeder Tag bringt etwas anderes und wir nutzen unsere Zeit perfekt aus. Anders als in der Vergangenheit habe ich das Gefühl, im Jetzt zu leben. An Morgen denke ich kaum. Vielleicht ist auch das eine Errungenschaft meiner Reise. Zumindest möchte ich das glauben.