Riez & Moustiers Ste Marie

Ich kann es gar nicht glauben, dass ich dieses Datum gerade geschrieben habe. Jetzt ist es so weit, vor 40 Jahren bin ich geboren worden. Geiles Alter, aber das dachte ich bei 30 auch schon. Besonders schön war es, weil sowohl Nina als auch ich nicht viel Gezeter darum gemacht haben. Ganz normal packten wir unsere Sachen heute Morgen nach den Geschenken natürlich erst – und fuhren von diesem wundervollen Campingplatz ab, weil es in der Gegend einfach nichts weiter zu sehen gibt, was uns in diesem Moment interessierte. Jetzt war es an der Zeit, wieder an alte Stätten zurückzukehren. Vor drei Wochen fuhr ich durch die Verdonschlucht, eher zufällig auf dem Weg nach Nizza, entdeckte dabei zauberhafte Orte, die ich damals nicht sehen konnte, weil ich den ersten Termin seit Monaten nicht verpassen wollte. Jetzt hat uns das Schicksal wieder hierher gespült, ganz natürlich auf einer Art Rundtrip, der – gewollt oder nicht – auch hier durchführen musste.

Eigentlich wollten wir in Riez bleiben. Ich muss gestehen, dass ich diesen Ort für größer gehalten hatte. Als wir ankamen, war – wie sollte es anders sein – Markt. Letztes Jahr haben wir nur einen Einzigen gesehen, damals in Gourdes. Dieses Jahr fanden wir mehr als ein halbes Dutzend, eher zufällig, weil wir die Orte ohnehin besuchen wollten. Heute war es dann auch beinahe etwas viel, weil wir bereits begannen, die Händler zu erkennen, die wir vorher in Forcalquier vor zwei Tagen bereits gesehen hatten. Das heißt natürlich auch, dass es auch die gleichen Produkte waren, die sie anboten, was auf die Dauer doch etwas langweilig wird. Daher beschlossen wir, einfach ein wenig durch den Ort zu pilgern. Es war nett, wenn auch nicht wesentlich mehr. Riez ist malerisch schön gelegen, inmitten von Lavendelfeldern, so dass die Anfahrt zu einer Augenweide wurde, doch die Stadt selbst ist eher langweilig. Vielleicht haben wir aber auch schon zu viele von diesen hübschen provencalischen Dörfern gesehen, die am Ende alle gleich aussehen. Hier fehlte der steile Hügel, um den sich die Dörfer winden, zwar sahen wir viele alte Gebäude, doch fehlte es an der Stimmung. Vielleicht weil wir so satt sind. Eigentlich auch keine schöne Erfahrung.

Aber für einen Kaffee an der Hauptstraße ist es nie zu langweilig. Ohne Eile gingen wir unserer Lieblingsbeschäftigung nach, beobachteten die Menschen, die vorbei liefen. Ich glaube, wenn man so etwas sein Leben lang macht, verbringt man ein erfülltes Leben. Man kann alles über Menschen lernen, wenn man sie nur lange genug beobachtet.
Der Tag hatte sehr sonnig begonnen, doch jetzt am frühen Nachmittag zogen sich die Wolken zusammen und verfärbten sich lavendelfarben. Wir überlegten, ob wir hier in Riez auf dem Campingplatz bleiben wollten, entschieden uns jedoch dagegen. Zu wenig Interessantes.
Also weiter, Richtung Verdon-Schlucht. Jetzt waren wir wirklich auf der Strecke, die ich schon vor drei Wochen gefahren war. An einen Ort konnte ich mich besonders erinnern, der bei der Anfahrt so spektakulär ausgesehen hatte, weil er direkt an die Felsen geschmiegt inmitten einer Gebirgskette liegt: Moustiers Ste Marie. Auf dem Weg dorthin wurden wir von einem Hagelsturm überrascht, der so stark war, dass wir anhalten mussten, weil die Scheibenwischer dem Ansturm des Wassers und der Körner nicht gewachsen waren. Nur 150 Meter vom Campingplatz entfernt standen wir, eine höchst amüsante Situation. Zum Glück schwächen sich solche Stürme relativ schnell ab, so dass wir die letzten Meter unbeschadet und heldenhaft hinter uns bringen konnten.

Drei Stunden später fühlten wir uns sicher, dass das Schlimmste vorbei sei, so dass wir die kurze Strecke ins Dorf zurücklegen konnten. Wieder ging es bergauf, aber das gehört hier dazu. Moustiers ist wirklich malerisch, schon beinahe übertrieben malerisch, mit den alten Häusern und der atemberaubenden Lage. Im Grunde gibt es nur drei Arten von Gewerben: Restaurants, Galerien und Souvenirladen. Letztere verkaufen sehr oft kitschiges Porzellan. Trotzdem mochten wir den Ort sehr, denn er hat trotz des Kommerzes seinen Charme behalten. Wir stiegen an diesem Tag höher als die meisten, ein steiler Fußweg führte uns immer höher an die Felsen heran. Wir konnten den beeindruckenden Wasserfall rauchen hören, passierten eine Jahrhunderte alte Steinbrücke und stiegen immer höher auf dem unebenen Kopfsteinpflaster. Oben wurden wir durch noch schönere Ausblicke belohnt, die Berge im Hintergrund lag uns Moustiers zu Füßen. Eine kleine romanische Kirche hier oben ist das Ziel, sie ist so düster, dass wir Mühe hatten, innen überhaupt etwas zu erkennen. Wir liefen etwas weiter nach links, kamen auf einen sehr schmalen Pfad, der an einer Seite an einem Abgrund lag. So etwas ist immer herausfordernd, weil es meine Schwindelfreiheit auf die Probe stellt. Heute war es kein Problem. Leider fing es in diesem Moment an zu regnen, so dass wir uns auf den Weg nach unten machten, das Kopfsteinpflaster war dabei abenteuerlich glitschig. Letztlich schafften wir es unbeschadet und feierten meinen Geburtstag bei einem Glas Roséwein. Das ist sehr angemessen.
Was wir Morgen tun werden, wissen wir noch nicht. Vielleicht ruhen wir etwas aus und erfreuen uns an der Landschaft. Auch das ist keine Verschwendung.