Bordeaux

Das Rad ist weg.

Geklaut. Ich hatte es ca. 40 Stunden, habe es in Bordeaux abgestellt und zwei Stunden später nur noch das intakte Schloss vorgefunden.

Mit einer Mischung aus Amüsement und Schock schaute ich also ungläubig auf die Stelle, an der ich das Rad abgestellt hatte. Aber da war nur noch ein leerer Fleck. Kaum auszuhalten. Wie bedeppert lief ich danach durch die Straßen, schaute mich nach meinem RAd um, eher eine Art Reflex, denn mir war natürlich klar, dass es weg war. Das Ganze dauerte auch nur einige Minuten, denn mit ziemlicher Bestimmtheit lief ich auf Decathlon zu, das sich auch im Zentrum von Bordeaux befindet. Trotz Feiertag war es auf, so wie erstaunlicherweise die meisten Geschäfte.

Mir war schon kurz nach dem Schock klar, dass ich eine Reise ins Périgod nicht noch einmal zu Fuß machen kann, Keine Busse, zu viel Gepäck, alles sprach gegen das einfache Weiter so. Daher ging ich in das Geschäft, klagte dem bedauernswerten Verkäufer mein Leid, den meine Klagen erwartungsgemäß kalt ließen. Er warf nur ein Blick auf mein Schloss und zuckte mit den Schultern. Dann zeigte er mir das gleiche Rad als Damenversion, auch weil ich gefragt hatte, ob er es nochmal da hatte. Hatte er, als Damenversion. Es fuhr sich nicht anders als das anderes, das ich weniger als 2 Tage mein Eigen genannt hatte. So ein Mist, ich ärgere mich jetzt noch darüber. Zusammen mit einem besseren Schloss legte ich also wieder 200 Euro plus 30 Euro hin. Vor zwei Tagen hatte ich noch überlegt, ob ich ein besseres Schloss kaufen sollte, dachte mir dann aber, dass es im Périgord wohl nicht so schlimm werden würde. Immerhin fährt Nina mit dem gleichen Schloss seit Jahren durch Berlin. Aber so viel Glück hatte ich definitiv nicht. Es war ein teurer Spaß, der mein Budget empfindlich trifft. Das Schlimme ist, dass ich mich nun entscheiden muss: Esse ich besser oder gönne ich mir weniger Attraktionen. Ich möchte eigentlich gar nicht darüber nachdenken.

 

Die beiden Tage in Bordeaux waren sehr unterschiedlich. Am 20. hatte ich nur eine Sache zu tun: Ein Bahnticket kaufen. Ich wusste nicht genau, ob am Sonntag die Ticketschalter besetzt sein würden, aber es herrschte dort Geschäftigkeit wie eh und je. Innerhalb kurzer Zeit hatte ich mein Ticket nach Le Buisson für den 22.5., an dem Tag, an dem meine Reise eigentlich beginnt. Danach entschleunigte ich mit einer Coté Sud, deren Qualität leider immer mehr nachlässt. Eine Zeitschrift kaufe ich noch, aber wenn die nicht besser ist, suche ich mir eine andere. Die sind schließlich nicht billig, da darf ich wählerisch sein. Danach schlenderte ich nur durch die Gassen, genoss das Flair, das ich als entspannt bezeichnen würde. Ansonsten aber hatte ich herrlich wenig zu tun. Ich blieb auch nur bis zum Nachmittag, danach radelte ich zurück.

Am nächsten Tag wollte ich eigentlich das Widerstandsmuseum besuchen, weil es irgendwie in unsere Zeit passt, so etwas zu tun. Aber es war nicht mein Tag, denn natürlich war es geschlossen. Montag und Feiertag, das ist zu viel. So also schlenderte ich wieder dahin, anderthalb Stunden, bis ich zufällig an meinem Rad hätte vorbeikommen müssen. Aber, wie beschrieben, Fehlanzeige.

Zu allem Überfluss begann es zu regnen. Ein waschechtes Gewitter, das mir die Laune noch mehr verdarb. Schließlich hörte es auf, also setze ich mich auf das zweite neue Rad innerhalb von zwei Tagen. Auf halbem Wege erwischte es Bordeaux erneut, dieses Mal sintflutartig. Es war kein Spaß. Erst stellte ich mich unter einen mächtigen Baum, der anfangs viel Regen abhielt. Aber irgendwann spendete er keinen Schutz mehr. Da ich gleich neben McDonalds stand, kettete ich mit schlechtem Gewissen mein Rad an und ging hinein. Dort spendeten wenigstens Nina und meine Schwester online etwas Trost, denn langsam erreichte ich die Jammerphase, von der ich weiß, dass sie bestimmt eine Woche anhalten wird. Was man mit 200 Euro hätte anfangen können. Oder mit einem doppelt so teuren Fahrrad. Wie viele Wochen ich dafür gesparrt hatte. Ach, das könnte ich jetzt noch stundenlang weiterführen und das Geld in alle möglichen Währungen umrechnen und feststellen, dass ich 4 oder 5 Hosen dafür bekommen hätte. Oder 6 Hemden. Oder ein neues Tablet. So, ich höre jetzt damit auf. Das langweilt sogar mich selbst.

In jedem Fall wurde der Regen weniger, hörte aber erst auf, als ich wirklich auf dem Campingplatz ankam und klitschnass war. Aber das war nicht so wichtig. Sachen trocknen schießlich.

Morgen geht es weiter. Ich bin nun wirklich bereit dazu, mit der Reise zu beginnen.

 

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