Chora und Panagia Hozoviotissa

Strandtage sind immer schwer zu beschreiben. Vielleicht lege ich deshalb nur wenige ein, wenn ich alleine reise. Im Augenblick aber mache ich mit Ehefrau Nina Urlaub, daher kommen sie öfter vor, als mir persönlich lieb ist.
Nach der Wanderung am Tag zuvor hatten wir jedenfalls einen verdient. Und es sollte ein Strandtag werden, an dem alles stimmen sollte. Wir machten uns gegen zehn Uhr auf den Weg, über die Felsen gegenüber von Aegiali herüber, zum Strand Levrossos. Hier waren wir schon zwei Tage zuvor gewesen, ohne uns lange aufgehalten zu haben. Das Schöne an diesem Ort ist der natürliche Schatten von einigen Sträuchern und Bäumen. Da wir früh genug da waren, konnten wir uns noch den perfekten Ort aussuchen.
Ansonsten passierte dann einige Stunden nichts, was in der Natur der Sache liegt. Allerdings wurde es langsam aber sicher voller, erstaunlich viele Leute fanden den Weg hierher. Als Geheimtipp kann man den Strand also nicht mehr bezeichnen.
Oben im Café hatten wir dann allerdings die beste Aussicht auf die Lagune und den Ort gegenüber. Es ist malerisch und lohnt alleine deshalb schon denn Besuch.
Ich hielt jedenfalls länger aus, als ich gedacht hatte, immerhin bis 14 Uhr. Dann aber wurde es zu langweilig. Es waren alle Zeilen geschrieben, alle Worte gelesen (oder gehört), jedes Stück Lunch gegessen. Also machte ich mich auf den Heimweg, Ehefrau Nina folgte anderthalb Stunden später.
Der Tag war damit schon fast vorbei. Aber nur fast. Denn am Abend gönnten wir uns noch einen Tavernenbesuch, unseren ersten hier auf den Inseln. Meistens kochen wir selbst in der Unterkunft, was schon aufgrund von Corona vernünftig ist. Aber diesen Besuch einer Taverne wollten wir uns nicht entgehen lassen. Die Taverne Kamara liegt hoch oben über Aegiali, in einer eigenen Ortschaft mit dem Namen Potamo. Und zwar ganz am Ende des Ortes, wo der Wanderweg nach Chora beginnt, der über die gewaltigen Hügelkämme der Insel führt und den ich eines Tages einmal erwandern möchte. Bislang habe ich es noch nicht gemacht.
Hier also, in diesem urigen Restaurant, verbrachten wir den Abend und genossen die einmalige Aussicht. Es wird nicht besser, die Bucht lag vor uns, kitschiger Weise ging auch noch die Sonne unter, es war also alles perfekt. Alles bis auf das Wetter. Es war weiterhin ungewöhnlich kühl und ausgesprochen windig. Das ist ungewöhnlich für diese Jahreszeit, in der Touristen eigentlich die Klimaanlagen auf Hochtouren laufen lassen.
Den Abend beendeten wir übrigens nach dem Abstieg in der „Ausgehmeile“ des Ortes, bei einem Glas Wein und einem Spritz.
Ich muss gestehen, dass mich der Wind etwas zermürbt hatte. Jedenfalls war ich hundemüde.

Am folgenden Tag hatte ich ein kleines Programm vorbereitet.
Erst mit dem Bus nach Chora, dann zum berühmten Kloster Panagia Hozoviotissa, das man hier gesehen haben muss. Ehefrau Nina kannte es natürlich noch nicht, ich hingegen war schon dreimal dort gewesen. Vom Kloster plante ich den erneuten Aufstieg nach Chora, dann den Abstieg nach Katapola, das wir uns ansehen wollten, bevor wir nachmittags den Bus zurück nach Aegiali nehmen wollten. So weit, so gut.
Schon der Bus um 11 Uhr war eine Herausforderung. Es ist ungewöhnlich voll auf Amorgos, an das ich mich generell als ziemlich verschlafen im September erinnere. Alles ist voller, ausgebuchter, lauter. Vielleicht liegt es an Corona und die Tatsache, dass Griechenland als Land selbst Gewinner dieser Krise ist. Spanien und die Türkei sind die Verlierer, was sich anscheinend in den Touristenströmen selbst hier zeigt.
Die Griechen vor Ort wandelten jedenfalls einen anderen Bus um, der eigentlich nach Tholaria fahren sollte, wo offensichtlich niemand hinwollte. Einer der Busse fuhr also nach Katapola, der andere nach Chora, den wir bestiegen. Es war wirklich voll. Es ist ein ungutes Gefühl in diesen Zeiten.
Chora erreichten wir noch vor zwölf, wir machten uns sofort auf in Richtung Kloster, durchquerten praktisch im Schnelldurchgang den kleinen Ort, der die Hauptstadt der Insel darstellt. Jedenfalls ist es der historische Ort hier auf der Insel, der eher einer Trutzburg gleicht. Die engen Gassen waren gut zu verteidigen, die Häuser bildeten damals eine natürliche Mauer, die Feinde erst einmal überwinden mussten.
Wir erreichten das Ende des Ortes, wo der Abstieg zum Kloster begann. Steil ging es auf Serpentinen nach unten, der staubig-steinerne Weg war schon jetzt eine kleine Herausforderung. Die ganze Zeit war es kühl gewesen, jetzt aber brach die Sonne durch, der Wind hörte auf, die Hitze stellte sich ein. Beinahe wie auf Bestellung. Ich meine, das ist das Kykladenfeeling, das ich kenne. Brütende Hitze beim Wandern. Bis jetzt war das alles nur schlechtes Wetter.
Der Witz bei dieser Wanderung ist, dass es erst nach unten geht, dann aber, nach dem Parkplatz zum Kloster, genauso steil wieder hoch. Es ist herausfordernd, was ich schlichtweg vergessen hatte. Ehefrau Nina hatte schon jetzt Schwierigkeiten, aber wir erreichten das Kloster um halb eins, hatten also genug Zeit, es zu besichtigen, bevor es um 13 Uhr Mittagspause bis 19 Uhr (!) machte. Ehefrau Nina hatte an ein langes Kleid gedacht, ich an Zipp-Off-Hosenbeine. Beides Voraussetzung, um das Kloster besichtigen zu dürfen.
Wie es aber so ist, so spektakulär der Bau von außen auch ist, der sich förmlich in die steilen Felsenwände presst, so schnell ist man mit der Besichtigung durch. Dabei ist es durchaus interessant, denn der nackte Felsen dient oft als Decke. Natürlich sahen wir auch die berühmte Ikone, ein Werk, das im Halbdunkel des Klosters kaum zu erkennen ist, weil die einzigen Teile, die nicht von der Silberverzierung abgedeckt sind, fast schwarz sind, so sehr sind sie gealtert. Sie müsste eigentlich restauriert werden.
Zum Abschluss unseres Besuchs wurde uns ein kleines Glas Likör und ein kaltes Glas Wasser serviert.
Ehefrau Nina brauchte gerade ersteres dringend.
Der folgende Ab- und wieder Aufstieg nach Chora wurde für sie ein kleines Martyrium. Es ist wirklich anstrengend.
Im Zeitlupentempo mäanderten wir also den Hang nach oben, was zu viel war, war zu viel. Mir dämmerte langsam, dass mein Plan, noch nach Katapola zu wandern, wohl an diesem Tag nicht realisierbar war. So war es dann auch. Als wir endlich eine Stunde später in Chora angekommen waren, schlichen wir zum Hauptplatz, um uns im Schatten beim Lunch zu stärken. Natürlich frischte jetzt der Wind auf, und ich kühlte langsam aber sicher aus. Entweder es ist zu heiß oder zu kalt. Meist Zweiteres. Sehr ärgerlich.
Letztlich liefen wir zum Schluss noch durch Chora. Es lohnt sich, sich in den schmalen Gassen zu verlieren. Der Ort ist klein, aber interessant, mysteriös und geheimnisvoll. Zu den Windmühlen auf den Hängen gegenüber liefen wir nicht mehr, ich denke, an diesem Tag waren wir genug gewandert.
Der wieder einmal übervolle Bus fuhr um 15:30 ab, ich musste sogar stehen.
Mehr geschah an diesem Abend nicht, ich kaufte noch die Tickets nach Donoussa, das wir am 13.9. ansteuern werden, noch etwas Abendessen, dann war es eigentlich erledigt. Nun, wir hatten viel erlebt. Die Kykladen, so einfach die auch erscheinen, können einen ziemlich überwältigen. Eindrücke, Wetter, Erlebnisse, alles will irgendwie verarbeitet werden.
Morgen werden wir es daher wieder etwas ruhiger angehen lassen. Außerdem soll das Wetter besser werden. Hoffen wir, dass es stimmt.