Voll Karneval? Think again, Inlander.

Karneval.
Heute.
Um 11 Uhr 11.
Ha ha, denkste.
Denn wir haben Corona. Es ist in unserem Kulturkreis im Osten Deutschlands ohnehin nicht besonders verbreitet, doch sollte es uns nicht davon abhalten, auch mal an die Rheinländer und die anderen Karnevalisten zu denken. Die ihre üblichen Feiern eben nicht abhalten können. Vieles, was wir lieb gewonnen haben und was uns Spaß macht, ist dieses Jahr nicht möglich.

Und auch uns wird es erwischen.
Weihnachtsmärkte werden überall abgesagt. Ich empfinde das als ziemlich beruhigend, kann ich doch die heimelige, zu sinnlosem Konsum vollkommen unnützer Gegenstände verleitende Atmosphäre nicht ausstehen. Aber es steht ja auch mehr auf dem Spiel:
Weihnachten. Das Fest der Familie.
Denn die bleibt dieses Jahr getrennt voneinander.
Noch ist das alles natürlich nicht offiziell. Es wird einige Wochen dauern, bis wir beginnen werden, darüber zu reden. Allerdings kann das nur in eine Richtung gehen: Weihnachten, so wie wir es kennen, wird ausfallen.

Wir, also Ehefrau Nina und ich, haben zumindest mal ein paar Minuten darüber geredet. Wir werden im Grunde alles so machen wie in den Jahren zuvor. Wir werden unseren chinesischen Plastikbaum schmücken, dabei Glühwein trinken und Christmas Carol mit Jim Carrey sehen. Also sie wird das so machen, ich werde wahrscheinlich Nachrichten lesen und als Keyboard Warrior die Demokratien dieser Welt gegen Trolle und andere Abarten unserer Gesellschaft an meinem Bildschirm verteidigen. Was man eben so an Weihnachten macht.
Dann werde ich etwas kochen, keine Ahnung was, aber es wird sich schon ein Rezept finden.
Also vieles wird so sein wie immer. Und doch werden bestimmte Details fehlen. Schwester Franzi und Lebensgefährte Endri, im Schweizer Hotspot Lausanne lebend, werden nicht da sein, das erste Mal seit 12 Jahren, seit wir wieder in Deutschland sind. Aller Voraussicht nach zumindest, was angesichts der Tatsache, dass das Virus sich nicht beschwichtigen lassen wird, das Vernünftigste ist. Auch Schwiegermutter Ellen wahrscheinlich nicht, aus anderen Gründen. Vielleicht werden wir sie am ersten oder zweiten Feiertag sehen. Und auch Bruder Alex, Schwägerin Anke, Nichten Felicitas und Hermine, genannt Feli und Minchen, werden eher alleine feiern. Also alle Parteien getrennt voneinander, so wie das Virus es schon immer vorhatte.

Weihnachten wird also zu ca. 90% genauso sein wie sonst. Und damit vollständig anders. Es wird alles fehlen, was das Fest ausgemacht hat. Es ist ein eigenartiges Gefühl, ein Verlust, der nicht ganz greifbar ist.
Nun, vielleicht wird es doch alles noch anders. Vielleicht gehen die Zahlen zurück, vielleicht werden die Maßnahmen gelockert.
Aber selbst wenn gilt auch, dass man nicht alles machen sollte, was eigentlich erlaubt ist. Ich jedenfalls möchte jetzt nicht darüber nachdenken. Vielleicht habe ich deshalb auch nicht gedacht, sondern darüber geschrieben.
Besser geht es mir dadurch allerdings nicht.
Wie so oft werden wir abwarten müssen. Denn ähnlich wie die Politik in den USA: Wir haben im Grunde nichts selbst in der Hand. Wir sind Blätter im Wind, die mal hierhin und mal dorthin gepustet werden.
Vielleicht ist das auch die Essenz des Lebens.
In jedem Fall müssen wir abwarten.
Wieder einmal.
Es nervt.